Krieg in der Ukraine: Die Ukraine hofft auf Hilfe aus Deutschland
„Wir brauchen militärtechnische Unterstützung“, sagt der Geschäftsträger der ukrainischen Botschaft in Berlin. Deutschland hat derweil noch nicht über die Lieferung von Schutzwesten entschieden.
Der Geschäftsträger der ukrainischen Botschaft in Berlin, Vasyl Khymynets, hat an Deutschland appelliert, sein Land auch mit Militärtechnik zu unterstützen. „In der Ukraine verläuft die Grenzlinie, an der europäische Werte verteidigt werden“, sagte er dem Tagesspiegel. „Europa muss das auch anerkennen.“ Zugleich machte der Diplomat deutlich, dass die bisherigen Solidaritätsbekundungen aus ukrainischer Sicht nicht ausreichten. „Zu sagen: ‚Ich bin ein Ukrainer‘ ist für uns sehr hilfreich, aber heute zu wenig“, betonte Khymynets. „Die Ukraine braucht auch militärtechnische Unterstützung, und wir hoffen, dass die Bundesregierung diese Frage wohlwollend prüft.“
Merkel lehnt Waffenlieferungen an Kiew ab
Im Hinblick auf die von der Bundesregierung beschlossenen Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak sagte der Geschäftsträger: „Was in der Ostukraine passiert, ist ebenso eine Gefahr für die internationale Sicherheit wie das, was im Irak geschieht.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte der Ukraine bei ihrem Besuch in Kiew finanzielle Unterstützung zugesagt. Die Solidarität und die finanzielle Hilfe wisse man in der Ukraine sehr zu schätzen, betonte Khymynets. Die Kanzlerin lehnte am Wochenende allerdings Waffenlieferungen an die Ukraine ab.
Selbst die Lieferung von Schutzwesten für die ukrainische Armee hat die Bundesregierung bisher nicht abgesegnet. Bereits vor mehreren Wochen hatte die Ukraine den deutschen Behörden eine Liste mit dringend benötigter Schutzausrüstung übergeben. Doch die Deutschen machten der Regierung in Kiew nach Informationen des Tagesspiegels wenig Hoffnung, dass diese auch geliefert werden würde.
Deutsche Firma will Schutzwesten in die Ukraine liefern
Dabei wäre diese Art der Hilfe schnell umsetzbar: Beim Bundesamt für Ausfuhrkontrolle liegt seit Juli der Antrag eines deutschen Unternehmens, das 20 000 Schutzwesten nach Kiew liefern will, die für die ukrainische Armee bestimmt sein sollen. Eine Genehmigung für den Export gibt es bisher nicht. Über den Antrag muss der Bundessicherheitsrat entscheiden. Die Dauer des Genehmigungsverfahrens sei „noch im normalen Bereich“, sagte Siegfried Will, Geschäftsführer des Unternehmens Mehler Vario System, das die Schutzwesten in die Ukraine exportieren möchte. „Wenn man helfen möchte, könnte man das aber auch relativ rasch entscheiden.“
Im Jahr 2013 wurden aus Deutschland Rüstungsgüter im Wert von 4,8 Millionen Euro in die Ukraine exportiert, darunter neben Waffen, Munition und Fahrzeugen auch „ballistische Schutzausrüstung“, wie aus dem Rüstungsexportbericht der Bundesregierung hervorgeht.
Poroschenko: Ukraine als "Vorposten Europas"
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko nannte sein Land unterdessen bei einer Rede zum Schulanfang in der Ukraine am Montag „den Vorposten Europas“. Ebenfalls auf einer Einschulungsfeier sagte Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk: „Die Ukraine wird niemals vor der russischen Aggression kapitulieren.“ Außenminister Pawlo Klimkin wählte dezentere Worte: „Die Ukraine kennt ihre jetzige Lage, aber wie alle wissen um unsere starken internationalen Partner.“
In seiner Rede vor dem Militärgymnasium in der Hauptstadt Kiew am Montag warf Poroschenko Russland „eine direkte und offene Aggression“ vor. Er sprach davon, dass sich „das Schlachtfeld in den vergangenen Tagen radikal verändert“ habe und die Separatisten mit Hilfe aus Moskau „die ukrainischen Kräfte dazu zwingen, den Rückwärtsgang einzulegen“.
Am späten Montagnachmittag wollte sich Poroschenko mit den Fraktionsvorsitzenden treffen, um über die Einführung des Kriegsrechts in den Regionen Donezk und Luhansk zu sprechen. An diesem Dienstag wird Verteidigungsminister Valerie Geletey im Parlament einen Bericht zur Sicherheitslage in der Ostukraine abgeben.
USA diskutieren über Militärhilfe
Am Wochenende hatte sich eine Gruppe amerikanischer Politiker und Sicherheitsexperten für aktive Militärhilfe der USA an die Ukraine ausgesprochen. Senator Robert Menendez von der Demokratischen Partei, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im US-Senat, forderte härtere Sanktionen gegen Präsident Wladimir Putin. Sollte dieser Weg nicht zum Ziel führen, müsste auch über weitere Militärhilfe gesprochen werden, forderte er. Die USA haben bereits Schutzausrüstung und Kommunikationstechnik in die Ukraine geliefert.
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