Bundestag debattiert Waffenlieferungen an Irak: Angela Merkel: "Deutsche Sicherheit ist betroffen"
Der Bundestag hat die Lieferung deutscher Waffen in den Irak unterstützt. Am Rande blieb auch Zeit für andere Diskussionen am Rand. Die Debatte in unserem Live-Blog zum Nachlesen.
Am Nachmittag debattiert der Bundestag über deutsche Waffen für die Kurden im Irak, um sie im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) zu unterstützen. Die Lieferung hatte eine Ministerrunde am Sonntagabend beschlossen. Die Debatte in unserem Live-Blog zum Nachlesen.
17:04 Uhr: Bundestag unterstützt Waffenlieferung +++
Mit der Mehrheit von SPD und Union hat der Bundestag die Entscheidung der Bundesregierung, Waffen in den Irak zu liefern, unterstützt. Keine Unterstützung bekommen sie von Linken und Grünen. Auch aus der SPD gab es Gegenstimmen, so zum Beispiel von der Berliner SPD-Abgeordneten Cansel Kiziltepe, die das im Vorfeld bereits angekündigt hatte.
+++ 16:02 Uhr: Schwierige Debatten auch bei den Grünen ++++
Die Grünen-Fraktion spricht sich mehrheitlich gegen die von der Bundesregierung geplanten Waffenlieferungen in den Irak aus. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte, bei der von der Regierung vorgelegten Liste handele es sich um ein "Sammelsurium von Waffen", es fehle eine Gesamtstrategie. Es bestehe die "große Gefahr, dass die Waffen in falsche Hände geraten", sagte sie. Die Grünen fordern die Bundesregierung in ihrem Entschließungsantrag auf, sich für ein eine Stärkung der Vereinten Nationen (UN) einzusetzen. Angesichts der extremen Bedrohung der Zivilbevölkerung im Irak sei ein gemeinsames Vorgehen der UN im Sinne der Schutzverantwortung überfällig, um einen Völkermord zu vermeiden. Eine Gruppe von zehn Abgeordneten rund um Parteichef Cem Özdemir stimmte diesem Antrag jedoch nicht zu. Özdemir hatte sich in den vergangenen Wochen dafür stark gemacht, auch aus Deutschland Waffen an die Kurden im Nordirak zu liefern. Zu den Unterstützern seines Kurses gehören etwa die Bundestagsabgeordete Franziska Brantner und Marieluise Beck, sowie der frühere Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Tom Koenigs.
+++ 15:54 Uhr: Linke hat kontrovers diskutiert +++
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi hat vehement gegen Waffenlieferungen argumentiert, dabei war er vor wenigen Tagen selbst noch offen dafür. Auch in seiner Fraktion gab es kontroverse Debatten um einen Punkt, den Gysi auch aufgegriffen hat: die Anrufung des UN-Sicherheitsrates. Die Reformer um den Berliner Linken Stefan Liebich hatten das gefordert und sich am Ende gegen den linken Flügel durchgesetzt. Der wollte diese Forderung nicht unterstützen, da es die Befürchtung gibt, dass dadurch indirekt Militäreinsätze legitimiert werden könnten. Mehr zur Debatte bei den Linken finden Sie hier.
+++ 15:40 Uhr: Kauder verteidigt Debatte am heutigen Tag +++
Unions-Fraktionschef Volker Kauder kontert die Kritik von Gregor Gysi, der bemängelt hatte, dass ausgerechnet am Weltfriedenstag über Waffenlieferungen im Bundestag debattiert werde. "Es geht heute darum, dass Frieden entsteht und eben nicht Krieg."
+++ 15:30 Uhr: Grünen-Fraktionschef Toni Hofreiter gegen Waffenlieferung +++
Toni Hofreiter zeigt Verständnis auch für die in seiner Fraktion, die für Waffenlieferungen sind, aber in der Abwägung der Argumente komme er und die Mehrheit seiner Fraktion zu einem anderen Ergebnis, weil niemand kontrollieren könne, wo die Waffen am Ende landeten und "Treibstoff für weitere Konflikte auch innerhalb des Irak. Die Risiken überwiegen den kurzfristigen Nutzen." Hofreiter sagt aber auch: "Von der IS geht eine tödliche Gefahr aus. Und die internationale Gemeinschaft darf die Kurden nicht allein lassen."
+++ 15:19 Uhr: Verteidigungsministerin von der Leyen zurückhaltend +++
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) verfolgt die Debatte auf der Regierungsbank nahezu regungslos. Für die ehrgeizige Verteidigungsministerin ist Zurückhaltung das Gebot der Stunde. Sie weiß: Seit sie sich im Morgengrauen bei der Verladung von Hilfsgütern in Feldherrinnenpose hat fotografieren lassen, steht sie in der großen Koalition unter besonderer Beobachtung
+++ 15:01 Uhr: Merkel tuschelt mit Schäuble und Dobrindt +++
Merkel findet nebenbei Zeit, ein paar Worte mit Finanzminister Wolfgang Schäuble und Verkehrsminister Alexander Dobrindt zu wechseln. Wahrscheinlich geht es um ein Thema, das angesichts der Weltlage nebensächlich bis unbedeutend wirkt: die Einführung der PKW-Maut. Doch Dobrindt und seine CSU haben ihre Glaubwürdigkeit mit der Maut verknüpft. Und der Streit zwischen den Unionsparteien kann Angela Merkel nur so lange egal sein, wie er die Stabilität ihrer Regierung nicht beeinträchtigt.
+++ 14:50 Uhr: Oppermann: "Russland stellt die internationale Friedensordnung in Frage" +++
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann weist darauf hin, dass Russland durch die Verletzung der territorialen Integrität die internationale Friedensordnung in Frage. Eine Waffenlieferung in die Ukraine lehnt Oppermann ab. In der Krisenregion im Irak sei das anders, auch wenn dort die humanitäre Hilfe wichtig sei. "Wir werden darauf achten, dass die humanitäre Hilfe immer höher ist als der Wert der Waffenlieferungen." Er forderte ein Ende der Diskussion um einen Tabubruch. "Es ist eine Ausnahme und kein Tabubruch", sagt Oppermann. Gegner der Waffenlieferungen weisen darauf hin, dass es bisher zum außenpolitischen Grundsatz gehört habe, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern.
+++ 14:46 Uhr: Gysi: "Einschätzung der PKK als Terrororganisation aufgehoben werden" +++
Gregor Gysi fordert, dass die PKK nicht mehr als Terrororganisation eingestuft werden solle. Die IS dagegen schon. Außerdem verlangt Gysi, die Finanzströme der IS trocken zu legen. "Sie können die Konten von Russen sperren, warum sperren sie nicht endlich die Konten der Saudis?" Gregor Gysi selbst war zu Beginn der Debatte vor wenigen Wochen noch für Waffenlieferungen, doch davon war bei seinem Auftritt nichts mehr zu hören.
+++ 14:45 Uhr: Gysi: "Stillos heute über Waffen zu debattieren." +++
Oppositionsführer Gregor Gysi (Linke) kritisiert zunächst, dass ausgerechnet heute, am Weltfriedenstag, über Waffenlieferungen zu debattieren. Er warnte davor, dass ausgerechnet Deutschland von Kriegen wirtschaftlich profitiere. "Das steht uns nicht zu." Gysi kritisierte, dass der Bundestag nicht entscheiden könne, da die Entscheidung schon gefallen sei. Völkerrechtlich brauche man den Sicherheitsrat der UN und es gehe nicht an, dass jede Regierung für sich entscheide, was sie in dem Konfliktgebiet mache. Gysi mutmaßt, dass der Sicherheitsrat nicht angerufen werde, wegen des schlechten Verhältnisses zu Russland, da man sich mit Sanktionen hochschaukele. "Sanktionen bringen uns auch in der Ukraine nichts, im Gegenteil."
+++ 14:38 Uhr: Nur höflicher Applaus aus der SPD +++
Aus den Reihen der SPD-Fraktion gibt es nur höflichen Applaus für die Bundeskanzlerin.
+++ 14:36 Uhr: Applaus für Merkel auch von zwei Grünen +++
Für die Grünen ist es kein leichter Tag. Die Mehrheit ihrer Fraktion will dem Entschließungsantrag der Koalition nicht folgen. Als Merkel sagt, es gelte die Not der Menschen im Irak nicht nur zu lindern, sondern auch durch Waffenlieferungen zu verhindern, zollen nur Parteichef Cem Özdemir und die Menschenrechtsexpertin Marieluise Beck Beifall.
+++ 14:31 Uhr: "Chance Massenmorde zu verhindern und diese Chance müssen wir nutzen" +++
Angela Merkel rechtfertigt die deutsche Waffenlieferung. Man habe alle Risiken abgewogen. "Aber wir haben die Chance, Massenmorde zu verhindern und diese Chance müssen wir nutzen." Merkel betonte, dass es das Einverständnis der irakischen Zentralregierung gebe.
+++ 14:23 Uhr: "Merkel: "Unfassbare Gräueltaten der Terrortruppe IS" +++
"Manchmal braucht man militärische Mittel, um wieder eine politische Option zu haben", sagt Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung. Sie erinnert an frühere Entscheidungen zu militärischen Einsätzen. Jetzt gehe es nicht, um den Einsatz von Soldaten. Trotzdem müsse auch die Entscheidung, Waffen zu liefern, sorgsam abwägen. Die IS verübe "unfassbare Gräueltaten". "Alles, was nicht in ihrem Weltbild entspricht, räumt sie grausam aus dem Weg", sagt Merkel. Es drohe eine weitere Destabilisierung der gesamten Region, die ohnehin fragil sei. Das betreffe auch deutsche Sicherheitsinteressen." Mehr als 400 Deutsche seien bereits in die Region gereist, um an der Seite der IS zu kämpfen. "Der IS-Terror kann uns nicht kalt lassen."
+++ 14:20 Uhr Merkel: "Kein Konflikt innerhalb der Ukraine, sondern zwischen Ukraine und Russland" +++
Bundeskanzlerin Angela Merkel blickt auf den Konflikt in der Ukraine und greift Russland an. "Das ist kein Konflikt innerhalb der Ukraine, sondern zwischen Ukraine und Russland."
+++ 14:15 Uhr Merkel: "Deutschland und Polen heute so nah wie nie zuvor"+++
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beginnt ihre Regierungserklärung ebenfalls mit einem Blick zurück auf den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Sie erinnert daran, "welch ein Glück" die europäische Integration sei. Vor allem Polen spiele da eine wichtige Rolle. "Und Deutschland und Polen sind sich heute so nah wie nie zuvor."
+++ 14:05 Uhr 22 SPD-Abgeordnete wollen gegen Waffenlieferung votieren +++
Auf der Besuchertribüne nimmt SPD-Vize Ralf Stegner Platz. Er ist Wortführer der Gegner von Waffenlieferungen in der SPD. In der Fraktion teilt aber nur eine Minderheit seine Position. Bei der Probeabstimmung votieren 22 gegen das Regierungsvorhaben, vier enthielten sich.
+++ 14:03 Uhr: Lammert eröffnet Sitzung +++
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) eröffnet die Sitzung und erinnert an den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges heute vor 75 Jahren. "Wir wünschen uns, dass aggressive militärische Gewalt zur Durchsetzung politischer Interessen verschwunden wäre und das territoriale Integrität akzeptiert und respektiert würde, doch wir machen die bittere Erfahrung, dass immer noch Kriege geführt und Waffenstillstände gebrochen werden." Lammert spricht den Konflikt in der Ukraine, in Israel und auch im Irak an. Die Abgeordneten gedenken der Opfer des Nationalsozialismus in einer Schweigeminute.
+++ 13:51 Uhr Sondersitzungen der Fraktionen +++
Die Fraktionen treffen sich vor der Sondersitzung zu Sitzungen, um über das Thema zu debattieren. In der SPD berichtet Außenminister Frank-Walter Steinmeier über die Gräueltaten der IS, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel erläutert die rechtliche Grundlage der Waffenlieferungen. Teilnehmer berichten, dass die Debatte von "großem Ernst" getragen sei. "Man merkt jedem an, wie schwer die Entscheidung fällt", sagt ein Teilnehmer. Rund 30 Abgeordnete melden sich zu Wort, darunter Gegner wie Hilde Mattheis oder Sascha Raabe vom linken Flügel. Familienministerin Manuela Schwesig spricht via Twitter von einer: "Schwierige Entscheidung&gute sachliche Beratung i.d. SPDBundestagsfraktion zu #Waffenlieferungen Irak. @spdbt "
Die Unionsfraktion im Bundestag hat sich einmütig für Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak zum Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ausgesprochen. In einer Sondersitzung am Montag in Berlin habe es von den CDU- und CSU-Abgeordneten keinerlei Widerspruch gegen den Entschließungsantrag von Union und SPD zur Unterstützung der Regierung gegeben, berichteten Teilnehmer.
+++ 13:48 Uhr: Auch Bundeswehr bereitet sich vor +++
Es werden wohl nicht nur Waffen in den Irak geliefert, sondern auch die Bundeswehr bereitet sich auf die Ausbildung kurdischer Peschmerga-Kämpfer vor. Diesen solle eine einwöchige Schulung in Deutschland auf dem Übungsplatz im bayerischen Hammelburg angeboten werden, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums am Montag in Berlin. Unterdessen nahm ein Verbindungsteam der Bundeswehr im kurdischen Erbil seine Arbeit auf.
+++ 13:20 Uhr: Breite Mehrheit für Waffenlieferung erwartet +++
Im Bundestag zeichnet sich eine große Mehrheit für die geplanten Waffenlieferungen an die Kurden im Norden des Irak ab. Vor einer Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kamen die Fraktionen am Montag in Berlin zu Sondersitzungen zusammen. Union und SPD tragen den neuen Kurs nahezu geschlossen mit. Die Linke als größte Oppositionspartei lehnt die Lieferungen strikt ab. Die Grünen wollen mehrheitlich ebenfalls dagegen stimmen.
+++ 13:00 Uhr Oppositionskritik an der Waffenlieferung +++
Kritik an der deutschen Waffenlieferung gibt es vor allem von der Linken. Die Entscheidung der Bundesregierung sei „grundfalsch“, sagte Linken-Fraktionschef, Gregor Gysi, den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“. Die Folgen seien nicht absehbar und niemand wisse, was aus den Waffen werde. Dagegen sehen Regierung und Experten die militärische Unterstützung im Kampf gegen die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) als notwendig an.
+++ 12:55 Uhr: Waffen für 4000 Soldaten +++
Die Peschmerga sollten ausreichend Waffen erhalten, um einen Großverband von 4000 Soldaten auszustatten, erklärten Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Sonntagabend in Berlin. Die erste Teillieferung dürfte Deutschland nach Angaben des Verteidigungsministeriums voraussichtlich in zwei Wochen verlassen und über Bagdad nach Erbil geflogen werden. Insgesamt haben die Rüstungsgüter aus Bundeswehr-Beständen danach einen Wert von 70 Millionen Euro. “Wir gehen davon aus, dass der Bundeswehr alles mittelfristig ersetzt wird“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.