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Wenn die Waffen schweigen. Syrische Frauen nutzen die Feuerpause für Einkäufe.
© Rodi Said/Reuters

Waffenruhe in Syrien: Die neue Macht des verhassten Herrschers

Die Waffenruhe in Syrien wird bisher weitgehend eingehalten. Doch mit Baschar al Assad wird es keinen langfristigen Frieden geben können. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Dr. Christian Böhme

Man mag es kaum glauben. Aber in Syrien schweigen – zumindest in Teilen des Landes – tatsächlich die Waffen. Keine Bombardements, kein Mörserbeschuss, keine Explosionen, keine Schreie von Verzweifelten. Nach fünf Jahren erbitterter Kämpfe mit Hunderttausenden Toten und Millionen Flüchtlingen ist das vor allem ein Segen für das geschundene Volk.

Die Menschen können endlich einmal durch-, vielleicht sogar aufatmen. Das war bisher aufgrund des blindwütigen Hasses und der hemmungslosen Gewalt unvorstellbar. Insofern ist die von den USA und Russland ausgehandelte vorläufige Feuerpause ein überraschender Erfolg für die Diplomatie und ein Hoffnungsschimmer für alle Syrer, die unter dem längst zum Stellvertreterkrieg mutierten Konflikt der Mächtigen leiden.

Auf dem Schlachtfeld Fakten schaffen

Doch so frustrierend es klingen mag: Noch ist überhaupt nicht ausgemacht, ob die Waffenruhe mehr als ein paar Tage Bestand hat. Zu konträr sind die Interessen der zahlreichen Kriegsparteien. Zu sehr setzten die Konfliktbeteiligten – vom Iran, über Saudi-Arabien, die Türkei bis zum Assad-Regime und Russland – weiter darauf, auf dem Schlachtfeld Fakten zu schaffen. Denn diese Methode hat bisher stets den größten Erfolg gebracht, nicht das mühsame Verhandeln.

Präsident Baschar al Assad sieht sich auf der Siegerstraße.
Präsident Baschar al Assad sieht sich auf der Siegerstraße.
© Reuters

Moskau und Damaskus haben das in den vergangenen Monaten auf zynische Art und Weise vorgemacht. Und das zahlt sich jetzt auch noch aus. Vor allem für Gewaltherrscher Baschar al Assad hat sich Russlands militärisches Eingreifen mehr als gelohnt. Noch vor Kurzem sah es nach einem baldigen Ende seines Regimes aus. Nun werden er und seine mörderischen Kumpane wohl zumindest vorerst an der Macht bleiben. Einer, der gegen sein eigenes Volk einen gnadenlosen Krieg führt.

Mehr Flüchtlinge

Dieser Mann soll nun als vermeintlich kleineres Übel einem allenfalls auf dem Papier existierenden Land Stabilität verleihen. Damit um Himmels willen keine Syrer mehr an Europas Grenzen Einlass begehren. Aber das ist nichts anderes als eine Illusion. Assad an der Spitze – das wird gerade die sunnitische Mehrheitsbevölkerung kaum hinnehmen, die besonders unter dem Regime leidet. Also werden sie den Despoten entweder bekämpfen (etwa auf Seiten der Terrormiliz IS) oder das Weite suchen. Waffenruhe hin oder her.

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