Dobrindts Wortwahl: Die „Maut für Ausländer“ ist für den Minister tabu
Es ist nicht lange her, da versicherte Alexander Dobrindt, die Maut für Ausländer werde kommen. Als Minister meidet er nun dieses Wahlkampfwort - weil ihm daraus ein Strick gedreht werden könnte.
Es war einmal ein CSU-Generalsekretär, der pflegte das klare Wort. Immer wieder hat Alexander Dobrindt vor Jahresfrist versichert: "Die Maut für Ausländer wird kommen." Am Mittwoch meidet ein Mann, der diesem Dobrindt entfernt ähnlich sieht, sorgsam alles, was nach "Maut für Ausländer" klingen könnte. Der Bundesverkehrsminister Dobrindt besteht darauf, dass das Kabinett einen Gesetzentwurf zur Infrastrukturabgabe beschlossen hat. Und auf noch etwas legt er gesteigerten Wert: "Wir führen eine Infrastrukturabgabe ein, und der Bundesfinanzminister führt ein Gesetz zur Änderung der Kfz-Steuer ein."
Der Minister sieht dem Generalsekretär bei diesem Satz übrigens doch wieder ähnlich, weil beide die gleiche Unschuldsmiene beherrschen. Dobrindt hat zustande gebracht, was seine Kritiker ihm nicht zugetraut haben – ein Gesetzeswerk, das zumindest die Chance hat, die im Koalitionsvertrag fixierten Bedingungen an eine Pkw-Maut zu erfüllen: europarechtlich in Ordnung, keine Mehrkosten für deutsche Autofahrer, mehr Erlöse als Kosten.
Richtig freuen mag er sich aber nicht. Der Eiertanz um das Wort "Ausländer-Maut" zeigt auch, dass die Sache nicht ausgestanden ist. Dobrindt vermeidet das Wahlkampfwort, weil ihm daraus ein Strick gedreht werden könnte, wenn EU-Kommission und später vielleicht Gerichte den Plan bewerten.
Kein Hinweis auf Daten-Speicherfristen
Auch das Gesetzesduo liest sich, als ob seine Verfasser beim Schreiben auf Glatteis balanciert hätten. Jeder Querverweis zwischen der Pkw-Maut und der Absenkung der Kfz-Steuer ist aus den Texten verschwunden. Auch ein Hinweis auf mögliche Maut-Ausweitungen ist getilgt, ebenso wie lange Daten-Speicherfristen.
Die Maut-Staffelung ist obendrein so gestaltet, dass Fahrer der besonders umweltfreundlichen Euro-6-Autos nicht nur keine Verluste erleiden, sondern weniger zahlen sollen als heute. Das könnte die Fiktion stützen, es handele sich um zwei unabhängige Gesetze und nicht doch um Diskriminierung durch die Hintertür. Ob das in Brüssel genauso gesehen wird, wird sich erst zeigen, wenn das Gesetz beschlossen ist. Die neue Verkehrskommissarin Violeta Bulc hat Dobrindt in einem Brief auf Kritikpunkte hingewiesen, allerdings, heißt es in Berlin, ohne die fertigen Gesetzentwürfe zu kennen.
Der Minister hat seinem Antwortbrief ein Mini-Gutachten seines europarechtlichen Chefberaters, des Bonner Professors Christian Hillgruber, beigelegt. Der argumentiert sinngemäß, Ausländer würden nicht diskriminiert, weil das Autofahren für Deutsche infolge der nationalen Kfz-Steuer immer noch teurer bleibe als für Österreicher oder Tschechen – unabhängig von der Absenkung. Wenn das stimmt, ist freilich wirklich rätselhaft, warum der Minister Dobrindt mit dem Kfz-Steuergesetz so überhaupt gar nichts zu tun haben will.