Streit um die Pkw-Maut: CSU und Dobrindt in der Zwickmühle
Nach dem Gesetzentwurf des Finanzministers zur Anpassung der Kfz-Steuer könnten auch deutsche Autofahrer künftig draufzahlen. Die CSU und ihr Verkehrsminister Alexander Dobrindt kommen in Erklärungsnot.
Gerda Hasselfeldt beugt sich nach vorn, ihr Gesicht ist rot und ihre Stimme laut. „Wir werden sie einführen, und mit Einführung der Maut wird es keine Erhöhung geben für deutsche Autofahrer“, presst die CSU-Landesgruppenchefin beschwörend hervor. Hasselfeldt ist normalerweise die Ruhe in Person, sachlich, leise, gern ein klein bisschen ironisch. Aber jetzt erinnert sie an eine Dampfmaschine unter Überdruck. Es ist der neue Streit über das Lieblingsprojekt Pkw-Maut, der die CSU-Frau so echauffiert. Und sie hat wahrscheinlich allen Grund dazu. Für die CSU stellt sich nämlich neuerdings die Frage, was eigentlich schlimmer wäre: Wenn die Maut doch noch scheitert – oder wenn sie kommt.
Schuld daran ist der kleine Satz, der sich im Gesetzentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Anpassung der Kfz-Steuer an die Maut-Pläne findet: „Künftige Änderungen der Infrastrukturabgabe erfolgen losgelöst von der Kraftfahrzeugsteuer.“ Auf gut Deutsch heißt das: Die Kfz-Steuer wird für deutsche Autofahrer einmalig so abgesenkt, dass damit die Kosten der Pkw- Maut genau ausgeglichen werden. Aber danach ist Schluss mit dem automatischen Ausgleich – die Maut kann sinken oder steigen, ohne dass die Kfz- Steuer sich parallel verändern muss.
SPD-Vize droht mit Stop des Projekts
Seit dieser Satz bekannt wurde, baut die SPD Widerstand auf. Fraktionschef Thomas Oppermann hatte schon am Montag angekündigt, die SPD werde keiner Belastung der deutschen Autofahrer „durch die Hintertür“ zustimmen. Am Dienstagmorgen drohte SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel im Deutschlandfunk erneut mit Stopp des Projekts. Im Koalitionsvertrag stehe das anders – Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) müsse nacharbeiten.
Tatsächlich ist in dem Vertragswerk nicht die Rede von einem Einmal-Rabatt. Andererseits gibt der Koalitionsvertrag auch keine Ewigkeitsgarantie. Dort steht nur, die Maut komme „mit der Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als heute“.
Das war ungefähr das, was die CSU im Wahlkampf versprochen hatte: eine „Ausländer-Maut“ auf Autobahnen. Schäubles Satz öffnet theoretisch die Tür für eine weit umfassendere „Nutzerfinanzierung“ des Straßenbaus. Es ist kein Geheimnis, dass der Finanzminister auf genau solch eine Maut für alle hinarbeitet. Die amtliche Begründung für den Passus – man dürfe aus Gründen des Haushaltsrechts einen künftigen Bundestag nicht festlegen – klingt da etwas zu technisch.
Verlockende Spekulation für alle Maut-Gegner
Tatsächlich gibt es für den Satz noch einen zweiten, viel ernsteren Grund, auf den Hasselfeldt hinweist: Das Europarecht. Die Maut darf EU-Ausländer nicht gegenüber den Deutschen diskriminieren. Das ist schwierig genug – aus Brüssel sind schon wieder Bedenken zu hören. Aber wenn von dort überhaupt ein Okay kommt, dann bestimmt nicht für Dauerrabatt.
Dieser Drahtseilakt erklärt, warum Hasselfeldt nicht mal eine politische Garantie dafür abgeben mag, dass die Maut nie zur Mehrbelastung für die Deutschen wird: Jeder Satz in diese Richtung könnte die EU-Zustimmung gefährden. „Die Maut kommt, und kein deutscher Autofahrer muss mehr bezahlen“, sagt die CSU-Frau denn auch bloß. „Diese Zusage gilt. Wer anderes sieht, sieht eine Fata Morgana.“ Über die Zukunft einer Abgabe zu spekulieren, die noch gar nicht eingeführt sei – das sei doch absurd!
Aber für alle, die die Maut nicht mögen, ist genau diese Spekulation verlockend. Dass die CSU eine „Ausländer- Maut“ versprochen hat, jetzt aber eine schafft, in der die Möglichkeit zur Maut für alle eingebaut ist – das könnte selbst CSU-Anhängern übel aufstoßen. Was Wunder, dass Gerda Hasselfeldt bei der Debatte kurz die Fasson verliert.