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Die Bundesvorsitzenden der Grünen, Simone Peter und Cem Özdemir
© dpa/Bernd Thissen

Debatte um Silvestereinsatz Kölner Polizei: Die Grünen stehen allein im Sturm

Grünen-Chefin Simone Peter ist in der „Nafri“-Debatte untergegangen. Ihrer Partei fällt es schwer, eine Position zur inneren Sicherheit zu finden, die ihre Klientel und die Gesellschaft akzeptabel finden.

Simone Peter ist Parteichefin der Grünen – und steht nicht allzu oft im Mittelpunkt öffentlichen Interesses. Aber in der Debatte um den Polizeieinsatz in Köln hat sie sich als dankbares Opfer für die Profilierung ihrer politischen Gegner präsentiert – in den anderen Parteien aber auch in ihrer eigenen.

Peter hatte am Montag in der „Rheinischen Post“ der Kölner Polizei für ihren Silvestereinsatz gedankt. Es stelle sich aber die Frage „nach der Verhältnis- und Rechtmäßigkeit, wenn insgesamt knapp 1000 Personen allein aufgrund ihres Aussehens überprüft und teilweise festgesetzt werden“. Bei den Grünen brach leichte Panik aus, weil sie nicht einen Polizeieinsatz kritisieren wollten, mit dem womöglich massenhaft sexuelle Übergriffe auf Frauen und Mädchen verhindert worden sind.

Die Parteiführung stellte ohne Absender einen „Dank an die Kölner Polizei“ auf ihre Internetseite. Zugleich war Peter aber nicht die Einzige, die die Abkürzung „Nafri“ für Nordafrikaner oder womöglich „nordafrikanische Intensivtäter“ fragwürdig fand. Als der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies sich für die Verwendung des Begriffs entschuldigt hatte, brach über Peter ein Sturm der Entrüstung zusammen.

Hinter der Ex-Polizistin Mihalic konnten sich die Grünen versammeln

Fast zeitgleich ging ein Interview mit der Grünen Innenpolitikerin und ehemaligen Polizeibeamtin Irene Mihalic in der „Welt“ online. Mihalic gelang es darin, eine Position zu formulieren, hinter der sich alle Grünen versammeln konnten – übrigens auch Peter. Nur dass das im Sturm dann ziemlich unterging. Die Bundestagsabgeordnete Mihalic argumentierte differenziert, warum ihrer Einschätzung nach kein „racial profiling“, also Polizeikontrollen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit“, stattgefunden habe. „Nafri“ fand sie dagegen ebenfalls problematisch, aber nach der Entschuldigung der Polizeiführung in Köln sei das dann auch erledigt.

Das Mihalic-Interview ist von jedem prominenteren Grünen in den sozialen Medien geteilt worden. Einige, wie Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, hatten sich vorher scharf von Simone Peter abgegrenzt. Peters Ko-Parteichef Cem Özdemir sagte: „Entscheidend ist, dass die Menschen in Köln sicher waren.“

Wenn jemand nachgewiesenermaßen ein nordafrikanischer Intensivtäter ist, dürfte es kein großes Problem sein, ihn als "Nafri" abzukürzen, obwohl sich weiterhin die Frage stellt, warum wir nie vom Deufri hören, dem deutschen Intensivtäter, obwohl es ihn gibt.

schreibt NutzerIn fuehrerscheinnichtnutzer

Peter beendete die Debatte am frühen Montagabend mit folgendem Tweet: „Und den Begriff #Nafri finde ich auch heute noch inakzeptabel“. Da hatte sie noch nicht gesehen, wie die „Bild“-Zeitung sie am Dienstag ganz analog niedermachte. Zu Peters Foto textete sie: „Dumm, Dümmer, GRüFRI*, *Grün-Fundamentalistisch-Realitätsfremde Intensivschwätzerin“. Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck wehrte sich am Dienstag gegen die „Bild“-Kampagne gegen Peter. Aber er war einer der wenigen Grünen, die sie nicht im Regen stehen ließen.

Peter selbst hatte am Montagnachmittag auf Facebook bereits eine weitere Relativierung ihrer Position veröffentlicht: „Dass die Menschen in Köln in diesem Jahr friedlicher feiern konnten und sich die Übergriffe des letzten Jahres nicht wiederholten, ist auch der gut vorbereiteten Polizei zu verdanken.“  Weiter schrieb sie: „Genauso ist es richtig vom Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies, dass er die Verwendung der Bezeichnung ,Nafris‘ hinterfragt und damit zeigt, dass er sich der Risiken von Racial Profiling bewusst ist.“

"Die Angst vor dem Fremden"

Die Debatte zeigt erneut, wie schwer sich die Grünen damit tun, eine gesellschaftlich aber auch in ihrer Klientel akzeptierte Position zur inneren Sicherheit zu finden. Die Bonner Stadtverordnete Annette Standop hat am Montag in einer geschlossenen Diskussionsgruppe der Grünen auf Facebook einen nachdenklichen Beitrag darüber geschrieben, dass selbst ihre Mutter, „definitiv keine Rechtspopulistin“, den AfD-Satz, dass der Terror der Kanzlerin zu verdanken sei, richtig finde. Sie schreibt: „Mir hat das überdeutlich gemacht, dass diese diffuse Angst vor ,dem Fremden’ etwas sehr Reales ist, egal ob man sie für berechtigt hält oder nicht. Und ich frage mich, ob ich selbst und ob wir als Grüne dafür gerüstet sind, auf diese Angst und ähnliche Bedenken angemessen zu reagieren.“

Fraktionschefin Göring-Eckardt dachte in einem Interview mit der „Zeit“ am Dienstag in eine ähnliche Richtung. Sie sagte: „Nicht alle potenziellen AfD-Wähler sind rechtsradikal.“ Und weiter: „Wir dürfen Toleranz nicht nur von den anderen einfordern, sondern wollen sie auch selbst bezüglich anderer politischer Meinungen aufbringen.“ Doch was daraus für den Bundestagswahlkampf folgt, weiß sie vermutlich so wenig wie der Rest der Grünen.

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