Elektronische Fußfessel für Gefährder: Die Fußfessel verletzt sinnlos Grundrechte
Die elektronische Fußfessel für Gefährder kommt. Dabei ist sie ein enormer Eingriff in die Grundrechte, ohne dass sie einen klaren Erfolg verspricht. Ein Kommentar.
Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz am 19. Dezember waren zunächst kaum Details bekannt. Nach und nach aber tauchte ein Wort immer häufiger auf: Gefährder. Wie viele leben in Deutschland? Kann man sie abschieben? Das Wort war nicht mehr nur Behördensprech. Noch nie wurde „Gefährder“ so oft gegoogelt wie in der Woche nach dem Anschlag.
Nun wollen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) „Gefährder“ mit elektronischen Fußfesseln stärker kontrollieren. Das Bundeskabinett hat in dieser Woche eine Änderung des BKA-Gesetzes beschlossen und dabei den Passus eingeführt, der es dem Bundeskriminalamt erlaubt, Menschen, von denen die „Gefahr der Begehung einer terroristischen Straftat“ ausgeht, elektronisch zu überwachen. Mehrere Bundesländer haben bereits angekündigt, ebennfalls ihre Polizeigesetze zu ändern.
Ein Gefährder ist nicht nachweislich gefährlich - er könnte es werden
Die neue Regelung ist problematisch. Zwar muss die Überwachung durch die Fußfessel durch einen Richter angeordnet werden. Doch wer ein Gefährder ist, das legt die Polizei fest. Sie stützt sich dabei auf Tatsachen, „die die Annahme rechtfertigen, dass die Person politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird“ – so hieß es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage des Bundestags. Gesetzlich definiert wurde der Begriff allerdings nie. Fest steht: Ein Gefährder ist nicht nachweislich gefährlich – wäre er es, müsste es schon eine bessere Abwehr der Gefahr geben als eine Fußfessel. Ein Gefährder könnte gefährlich werden. Die Einordnung als Gefährder ist lediglich eine Prognose der Sicherheitsbehörden. Es gibt nicht einmal den Verdacht einer Straftat. Und doch sollen diese Menschen überwacht werden. Ein erheblicher Eingriff in die Grundrechte.
Maas und de Maizière sitzen in einer Zwickmühle, denn im deutschen Rechtsstaat ist ein Eingriff in Grundrechte ohne Gesetz unrecht. Doch ein Gesetz, das es erlaubt, Menschen zu überwachen, von denen keine – nachweisbare – Gefahr ausgeht, wird vor dem Bundesverfassungsgericht wohl kaum bestehen.
Natürlich ist es richtig, dass der deutsche Staat etwa Rückkehrer aus IS-Kampfgebieten überwacht. Die Anforderungen an das Gesetz könnten aber gar nicht höher sein. Zu all den rechtlichen Fragen kommt noch die entscheidende praktische hinzu: Schützt die Fußfessel davor, dass ein Terrorist in eine Menschenmenge fährt? Auch wenn sich der Gefährder nicht unbeobachtet Flughäfen oder Bahnhöfen nähern kann, bleibt die Frage offen, was zu tun ist, wenn er es tut. Wenn schon ein Gesetz erlassen wird, das sich an der Grenze der Rechtsstaatlichkeit bewegt, dann sollte es wenigstens einen klaren Erfolg versprechen. Erkennbar ist der aber nicht.