Thema Huawei beim Parteitag: Die CDU will lockere Fesseln für den chinesischen Staatskonzern
Der Umgang mit dem chinesischen Huawei-Konzern beschäftigt am Samstag den CDU-Parteitag. Ein Kompromissvorschlag im Vorfeld nimmt die Brisanz aus dem Thema.
Der Umgang mit dem chinesischen Huawei-Konzern beim Ausbau des 5G-Hochleistungsdigitalnetzes spaltet nicht nur die CDU und Deutschland, sogar ganz Europa. Zumindest bei der CDU wurde im Vorfeld des CDU-Bundesparteitags in Leipzig intensiv nach Lösungen gesucht, um einen pauschalen Huawei-Bann per Parteitagsbeschluss zu verhindern.
Als der Kompromissvorschlag, der ein klares Mitspracherecht des Parlaments vor der Vergabeentscheidung beinhaltet, die Runde macht, wirkt zum Beispiel Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier fast erleichtert. Der Regierung soll mit dem Kompromiss genug Entscheidungsfreiheit gelassen werden. Auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist diese Lösung durchaus annehmbar, die am Samstag beim Bundesparteitag von den 1000 Delegierten beschlossen werden soll.
Merkel hatte betont, sie wolle höchste Sicherheitsstandards, um Spionage und Sabotage zu verhindern, aber keinen vorschnellen Ausschluss – denn das dürfte zu scharfen Gegenreaktionen in China für deutsche Firmen führen. Zudem gibt es technisch und finanziell kaum Alternativen. Nur die Firmen Ericsson und Nokia können bei 5G den Anschluss an Huawei halbwegs halten. Merkel musste in der NSA-Affäre am Beispiel ihres eigenen Handys erfahren, dass auch US-Anbieter nicht nur Gutes im Schilde führen und durchaus Geheimdiensten bei der Spionage sogar befreundeter Staaten helfen können.
Trotz des Drucks von US-Präsident Donald Trump auf zahlreiche Staaten, nicht mit Huawei zu kooperieren, kann der Konzern aus Shenzhen insgesamt 15,3 Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung investieren (das ist in etwa so viel wie die US-Konzerne Amazon oder Google/Alphabet). Trumps Attacken, das Säen von Zweifeln an der Vertrauenswürdigkeit ist auch eigenen ökonomischen Interessen geschuldet.
Huaweis Siegeszug ist auch das Ergebnis langfristiger Planung: 1996 begann die chinesische Regierung, inländische Telekommunikationsfirmen gezielt zu unterstützen und beendete Importrichtlinien für Telekommunikationsgeräte. Ziel war es, eine dominante Position von ausländischen Unternehmen in der Zukunft zu vermeiden. Dieser Plan geht nun zunehmend auf. Und verdeutlicht Europas schwindenden Einfluss, auch ökonomisch. „Souveräne Entscheidungen wurden de facto an die Telekommunikationsunternehmen delegiert“, kritisierte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron jüngst in einem Interview mit dem „Economist“.
Eine Frage der Sicherheit
Er habe auch intensiv mit Merkel und anderen EU-Staats- und Regierungschefs darüber gesprochen und gefragt, ob man garantieren könne, dass die 5G-Entwicklung in den technologisch sensibelsten Bereichen rein europäisch erfolgen kann. Macrons ernüchternde Erkenntnis: „Niemand kann das.“
In der CDU wurde nun ein Initiativantrag um eine Gruppe um Norbert Röttgen modifiziert und von Annegret Kramp-Karrenbauer und Generalsekretär Paul Ziemiak vor Parteitagsbeginn übernommen. Vertrauenswürdig seien nur Ausrüster, die einen klar definierten Sicherheitskatalog nachprüfbar erfüllen, „der auch beinhaltet, dass eine Einflussnahme durch einen fremden Staat auf unsere 5G-Infrastruktur ausgeschlossen ist.“ Es dürften beim 5G-Netzausbau „keine Tatsachen geschaffen werden, bevor das Parlament in dieser Frage eine Entscheidung getroffen hat.“ Was wie eine Niederlage Merkels wirkt, ist nicht wirklich eine: Echte Fesseln werden ihr nicht angelegt. „Das ist vernünftige Politik, und wir sind vernünftige Politiker“, sagt Kramp-Karrenbauer zum Huawei-Kompromissvorschlag.
Er grenzt sich auch von FDP-Chef Christian Lindner ab. Dieser ließ sich seinen Parteitag auch von Huawei sponsern – und ist nun für einen Ausschluss: Deutsche Behörden sollten keine Produkte von chinesischen Unternehmen beziehen, „deren Produkte Kern des Systems der Massenüberwachung dort sind“, sagt Lindner. Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin war gerade am Huawei-Sitz in Shenzhen und ist eher auf Merkels, denn auf Lindners Linie. „Es geht letztlich um eine Frage des Vertrauens, notwendig ist die Offenlegung der Quellcodes“, erklärt Trittin. Ein Ansatz könne sein, dass die 5G-Chips in Europa gefertigt werden. „Zusätzlich könnte man prüfen, dass alle Ausrüster in Europa finanzielle Rückstellungen in Milliardenhöhe bilden und diese auf europäischen Konten hinterlegen, um gegebenenfalls mit diesem Geld Schäden an der Infrastruktur zu beheben.“
Mit Rückstellungen statt Diskriminierung hätte man ein starkes Einflussmittel in der Hand, sagt Trittin. „Eines sollte die Bundesregierung nicht tun: Sich in Trumps Wirtschaftskrieg gegen China zu seinem Alliierten machen“, sagte der Grünen-Politiker, „Trumps Kampf gegen Huawei ist der Versuch, die US-Dominanz in der Informationsindustrie zu monopolisieren.“
Georg Ismar
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