Vor dem Parteitag in Leipzig: Die CDU-Chefin warnt die CDU
Welche Rolle spielen Personaldebatten auf dem CDU-Parteitag? Mit Spannung wird die Rede von Friedrich Merz erwartet. AKK hat schon mit ihm telefoniert.
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat nach den jüngsten Zweifeln an ihrer Führungsfähigkeit die Partei vor Personaldebatten gewarnt. Die Bürger interessiere nicht, „dass die CDU sich darüber Gedanken macht, wer irgendwann einmal möglicherweise welche Positionen hat“, sagte die Parteichefin RTL und ntv vor dem am Freitag beginnenden 32. Bundesparteitag der CDU in Leipzig. Mit Spannung wird dort die Rede von Friedrich Merz erwartet.
Der Kramp-Karrenbauer bei der Bewerbung um den CDU-Vorsitz vor einem Jahr knapp unterlegene Wirtschaftspolitiker hatte der Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem CDU-Wahldebakel in Thüringen ein „grottenschlechtes“ Erscheinungsbild attestiert und war daraufhin in der Partei teils scharf kritisiert worden. Am Donnerstag sagte der Berliner CDU-Politiker Thomas Heilmann, er halte Friedrich Merz für ungeeignet, er habe das mit seinem Verhalten deutlich bestätigt: „Seine Äußerungen, gerade in jüngster Zeit, sind vorsichtig formuliert nicht hilfreich für die CDU“, sagte Heilmann dem Tagesspiegel.
Bei der Besichtigung der Halle in der Leipziger Messe betonte Kramp-Karrenbauer, dass sie mit Merz telefoniert habe und er sich am Freitag nach ihrer Rede bei der Aussprache zu Wort melden wolle. „Ich freue mich auf diesen Beitrag.“ Sie hatte ihre Kritiker aufgerufen, aus der Deckung zu kommen.
Nach einer neuen Civey-Umfrage des Magazins „Spiegel“ wünschen sich 71 Prozent der Unions-Ahänger, dass Merz „eindeutig“ oder „eher“ mehr Gewicht in der Partei bekommt. Entgegengesetzter Meinung sind lediglich 20 Prozent.
Zuletzt war bereits von einer „Sozialdemokratisierung der CDU“ die Rede, weil sie mehr mit Personalfragen als mit inhaltlichen Akzenten beschäftigt war. Wenn die SPD bei ihrem Parteitag Anfang Dezember die Koalition aufkündigen sollte, würde sich die K-Frage schneller als von „AKK“ gewünscht stellen – das könnte zur Zerreißprobe in der CDU werden. Über den CDU-Vorsitz wird in Leipzig nicht abgestimmt. Nur als Nachfolgerin für die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen soll die niedersächsische Bundestagsabgeordnete Silvia Breher als neue Vize-Vorsitzende gewählt werden.
Eine neue Allensbach-Umfrage gab Merz in der Sache zuletzt recht, demnach halten nur 26 Prozent die Qualität der Regierung für überzeugend, das Vertrauen in die Stabilität des politischen Systems ist auch wegen der vielen Streitigkeiten erodiert.
Ein Grund für die CDU-Unruhe liegt in dem schwierigen Experiment der Trennung von Kanzlerschaft und CDU-Vorsitz. Merkels Regierungszeit läuft regulär bis 2021, Kramp-Karrenbauer will die Frage der Kanzlerkandidatur in rund einem Jahr bei einem Parteitag entscheiden – Anträgen unter anderem der Jungen Union, die Kandidatur per Mitgliedervotum zu entscheiden, werden in Leipzig kaum Chancen eingeräumt. Dennoch gelten die als Affront gegen Kramp-Karrenbauer: In der CDU hat traditionell der oder die Vorsitzende das Recht auf den ersten Zugriff auf die Kanzlerkandidatur, die gemeinsam mit der CSU abgestimmt wird. Viel wird in Leipzig auf die Rede der Vorsitzenden ankommen – ohne einen Befreiungsschlag droht in einigen Wochen ein Wiederaufflammen der Personaldebatten.
CDU-Spitzenpolitiker stärken der Chefin den Rücken
Im Konrad-Adenauer-Haus tauschte Kramp-Karrenbauer zuletzt ihre Sprecherin aus und ersetzte sie durch den TV-Journalisten Hero Warrings.
Mehrere CDU-Spitzenpolitiker stärkten der Chefin den Rücken. „Annegret Kramp-Karrenbauer ist eine erfahrene und starke Politikerin, die eine schwierige Aufgabe übernommen hat“, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Inhaltlich brisant dürfte vor allem die Debatte um eine Beteiligung des chinesischen Huawei-Konzerns am Aufbau des deutschen 5-G-Mobilfunknetzes werden. Merkel will hohe Sicherheitsstandards, um Spionage und Sabotage zu verhindern, aber keinen Ausschluss – das könnte auch zu Gegenreaktionen für deutsche Firmen in China führen. Es liegen mehrere Anträge für einen Ausschluss vor, allerdings gibt es technisch und von den Kosten her kaum Alternativen, da Deutschland und Europa hier technisch hinterherhinken.
Als potenzielle Konkurrenten in der K-Frage werden neben Merz, Laschet, Gesundheitsminister Jens Spahn und CSU-Chef Markus Söder gehandelt, der bislang solche Überlegungen von sich weist. Zur Stabilisierung der CDU will Kramp-Karrenbauer den Parteitag für inhaltliche Weichenstellungen in der Wirtschaftspolitik, Digitalisierung und Entbürokratisierung nutzen. Der Streit um eine verbindliche Frauenquote von einem Drittel konnte vor dem Parteitag entschärft werden.