Nachfolge von Angela Merkel: Die CDU-Lager sortieren sich
Viele CDU-Delegierte haben sich noch nicht endgültig zwischen Kramp-Karrenbauer, Merz oder Spahn entschieden. Das Werben geht in die finale Phase.
Die Zeit der Prüfung nähert sich in der CDU dem Ende – jetzt fängt die Zeit der Bekenntnisse an. Kurz vor dem CDU-Parteitag, der am Donnerstagabend mit den Landes-Delegiertentreffen in Hamburg beginnt, können sich die drei aussichtsreichen Kandidaten um den CDU-Vorsitz ein bisschen zurücklehnen, das eigene Auftreten in dem kurzen, aber intensiven Wahlkampf selbstkritisch überdenken und an ihren Vorstellungsreden feilen. Die könnten wichtig werden – die Wahl kann knapp ausfallen, und viele Delegierte haben sich noch nicht endgültig zwischen Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz und Jens Spahn entschieden.
Derweil treten immer mehr prominente Christdemokraten als Unterstützer des einen oder der anderen auf den Plan. Manche nehmen offen, andere etwas verdeckt Partei; von dritten weiß man, dass sie bis zum Wahltag am Freitag noch öffentlich aufzeigen wollen.
Volkspartei bleiben
Ein Trend zu einer Person ist daraus nicht abzulesen. Auch Überraschungen bleiben bisher aus: bei den Bekennern hat man sich’s schon genau so gedacht. Ein Trend im Stil aber lässt sich ausmachen, der bereits bei den Regionalkonferenzen offenkundig war: Während die Merz-Anhänger offensiv aufzeigen, kommen die Empfehlungen für Kramp-Karrenbauer eher verdeckt daher.
Nur Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther sprach sich am Montagabend in Kiel unverblümt für die Saarländerin aus. Die CDU dürfe sich nicht auf einen kleinen „Markenkern“ beschränken – ein dezenter Seitenhieb auf den Kandidaten Merz –, sondern müsse breit aufgestellte Volkspartei bleiben. Und dafür biete die Noch-Generalsekretärin die beste Gewähr.
Andere werben indirekt für AKK, wie alle sie nennen. Der Chef des Sozialflügels CDA, Karl-Josef Laumann, lobt in einem Schreiben an die Delegierten aus den eigenen Reihen, „dass zumindest Annegret Kramp-Karrenbauer unsere inhaltlichen Gedanken bereits aufgenommen hat“. Beim Treffen der drei Bewerber mit dem CDA-Bundesvorstand habe sich eben bemerkbar gemacht, dass sie als Mitglied in der Arbeitnehmerschaft seit 30 Jahren „ein Gespür für unsere Herzensthemen hat“.
"Neue Art von Kanzlerschaft"
Nimmt man dazu, dass der NRW-Arbeitsminister Merz und Spahn gar nicht erst erwähnt, ist das deutlich. Sein Ministerpräsident Armin Laschet bleibt dagegen bei seinem Vorsatz, öffentlich keine Wahlempfehlung abzugeben. Er gilt inhaltlich eigentlich als Merkel- und AKK-Mann. Aber Merz und Spahn kommen aus Nordrhein-Westfalen, da tut man als Landeschef klug daran, sich auf abstrakte Wünsche an den/die nächste/n Vorsitzende/n zu beschränken: Er plädiere für eine „neue Art von Kanzlerschaft“, die in Europa auch mal mit eigenen Vorschlägen vorangehe.
Für Merz trommelt schon seit Wochen im baden-württembergischen Südwesten eine „Initiative für Friedrich Merz“, mit angeführt von dem Mittelstandspolitiker Christian von Stetten. Die Gruppe vermeldet inzwischen rund 80 Unterstützer, darunter als bekannteste EU-Kommissar Günther Oettinger und den Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart.
Graue Eminenz
Einer steht nicht auf der Liste. Dafür hat er womöglich mehr Gewicht als alle 80 anderen zusammen. Wolfgang Schäuble gilt seit langem als der wichtigste Mann hinter Merz’ für viele überraschender Kandidatur. Jetzt stellt sich der Bundestagspräsident in seltener Eindeutigkeit hinter seinen Freund: „Es gibt drei sehr gute Kandidaten“, sagt Schäuble der FAZ.
„Aber ich habe eine feste Meinung: Es wäre das Beste für das Land, wenn Friedrich Merz eine Mehrheit auf dem Parteitag erhielte. Das würde es erleichtern, wieder zu einer Integration der politischen Kräfte zur Mitte hin zu kommen und unser System zu stabilisieren. Die politischen Ränder würden wieder schwächer.“
Welchen Rand er vor allem meint, daraus macht der CDU-Senior kein Hehl: „Wir haben im nächsten Jahr neben den Wahlen zum Europäischen Parlament Landtagswahlen in Bremen, Brandenburg, Sachsen und Thüringen, außerdem in neun Ländern Kommunalwahlen. Dieses Jahr muss eine Wende bringen, wir müssen die Wahlen gewinnen, auch gegen die Kräfte rechts von uns.“ Das war Merz’ Hauptversprechen: die AfD „zu halbieren“. Schäuble scheint es dem Sauerländer zuzutrauen. Oder vielleicht genauer gesagt: den anderen beiden jedenfalls nicht.