Afrikapolitische Leitlinien: Deutschland will sich in Afrika mehr einsetzen - ein bisschen
Die Bundesregierung gibt sich an diesem Mittwoch neue „Afrikapolitische Leitlinien“. Berlin will vor allem zivil und mit wirtschaftlichen Mitteln helfen.
Die Bundesregierung reagiert mit neuen „afrikapolitischen Leitlinien“ auf die gestiegenen „ afrikanischen Erwartungen an Deutschland“. An diesem Mittwoch soll das Kabinett die Leitlinien, die dem Tagesspiegel vorliegen, beschließen. Sie sind das Ergebnis einer Debatte, die Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Bundespräsident Joachim Gauck Anfang des Jahres begonnen hatten. Alle drei hatten gefordert, dass Deutschland sich außenpolitisch, insbesondere in Afrika, stärker engagieren soll.
Der Leitfaden hat 15 Seiten
Nach der Abstimmung der Positionen mit drei weiteren Ministerien – Entwicklung, Landwirtschaft, Wirtschaft – und dem Kanzleramt ist ein Leitfaden auf 15 Seiten für ein etwas größeres Engagement auf dem Nachbarkontinent dabei herausgekommen. Steinmeier sagte dem Tagesspiegel dazu: „Mit den Leitlinien wollen wir einerseits positive Entwicklungen auf dem Kontinent gezielter unterstützen und andererseits auch Krisen und Gefahren schneller und entschiedener als bisher entgegenwirken.“ Über das bereits beschlossene militärische Engagement im Norden Malis, bei der Ausbildung von Soldaten in Somalia und logistische Unterstützung für Frankreichs Truppen in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) hinaus enthalten die Leitlinien keinen Hinweis auf ein größeres sicherheitspolitisches Engagement, sei es zivil oder auch militärisch.
Differenzierter Blick
Die Bundesregierung bemüht sich in den neuen Afrika-Leitlinien um einen differenzierteren Blick auf den Kontinent. So heißt es in dem Papier: „Stabilität nimmt in Afrika entgegen verbreiteter Wahrnehmung generell zu.“ Aber: „Zum Gesamtbild gehört auch, dass Krisen und Auswirkungen von Konflikten in Afrika Europa und Deutschland immer unmittelbarer treffen.“ Genannt werden in diesem Zusammenhang Piraterie, Terrorismus und Flucht. Das wichtigste Ziel der Strategie ist, so steht es gleich am Anfang, die afrikanischen Regionalorganisationen und die gemeinsame Sicherheitsarchitektur der Afrikanischen Union (AU) zu stärken. Darüber hinaus sollen deutsche Beiträge in Absprache mit der AU, der Europäischen Union und den Vereinten Nationen erbracht werden, heißt es in den Leitlinien. Von einer verstärkten Entsendung von Blauhelmsoldaten ist nicht die Rede. Das deutsche Engagement ist in erster Linie ziviler Natur. Die Landwirtschaft soll gefördert werden, die Berufsausbildung, die Forschung, und Afrika soll als möglicher Markt für deutsche Firmen interessanter werden.
Vermutlich kannte Steinmeier während der Verhandlungen über das Konzept die am Dienstag veröffentlichte Umfrage seines Hauses und der Körber-Stiftung schon, nach der 60 Prozent der Deutschen es ablehnen, dass Berlin international mehr Verantwortung übernimmt. Lediglich 37 Prozent halten das für richtig.
Mali, Sahelzone, Kongo
Regional will sich Deutschland auf Mali und die Sahelzone konzentrieren. Zudem soll in Zentralafrika in der Region der großen Seen beim wirtschaftlichen Wiederaufbau und beim Umgang mit den „Konfliktmineralien“ geholfen werden, die vor allem im Osten der Demokratischen Republik Kongo zu chronischer Instabilität geführt haben. Die UN-Friedenstruppe Monusco, die sich derzeit um mehr Sicherheit in der Region bemüht, kann aber wohl nicht mit mehr deutscher Unterstützung rechnen. Auch der Südsudan fehlt als möglicher Einsatzort für sicherheitspolitisches deutsches Engagement. Generell soll aber die Schaffung ziviler Sicherheitsstrukturen wie Polizei und Justiz stärker unterstützt werden. Zudem kündigt die Regierung an, „Angehörige von Streitkräften afrikanischer Staaten bei der Bundeswehr auszubilden“. Dabei hatte Berlin in der Vergangenheit nicht immer eine glückliche Hand. Mehrere hier ausgebildete Offiziere beteiligten sich später an Militärputschen in ihren Heimatländern.
Am Dienstag hat Steinmeier dem Südsudan am Dienstag weitere sechs Millionen Euro für humanitäre Hilfe zugesagt, die damit auf 12,5 Millionen Euro in diesem Jahr steigt. Dazu kommen noch 1,7 Millionen Euro, die für die Betreuung von südsudanesischen Flüchtlingen in Uganda und Äthiopien verwendet werden sollen.
Dagmar Dehmer