Kenia: Terror im Urlaubsparadies
Die somalische Islamistenmiliz Al Schabaab greift immer öfter in Kenia an. Viele westliche Staaten warnen inzwischen vor Reisen und holen sogar Touristen zurück.
Kenias Präsident Uhuru Kenyatta hat einiges gemeinsam mit seinem Kollegen Goodluck Jonathan in Nigeria. Beide Präsidenten sind fortlaufend damit beschäftigt, zu erklären, dass „Terrorismus kein Phänomen ist, das in ihrem Land geboren wurde“. Kenyatta sagte dies für Kenia kurz nachdem am Freitag erneut zwei Granaten in der kenianischen Hauptstadt Nairobi explodiert waren. Mindestens sieben Menschen starben bei dem Anschlag. So ähnlich argumentiert auch Jonathan, wenn er über die islamistische Sekte Boko Haram spricht, die im Nordosten Nigerias eine Blutspur gezogen hat. „Terrorismus ist ein weltweites Problem“, sagte Kenyatta.
Westliche Länder raten von Reisen nach Kenia ab
Doch vor allem die Furcht vor terroristischen Angriffen hat Ende vergangener Woche dazu geführt, dass Großbritannien, Frankreich, Australien und die USA Reisewarnungen für die Grenzregionen zu Somalia, die Küstenregion rund um die Stadt Mombasa und Teile der Hauptstadt Nairobi ausgesprochen haben. Deutschland hat sich dieser Teilreisewarnung bis zum Sonntag nicht angeschlossen. Kenyatta kritisierte die Reisewarnungen als „unfreundlichen Akt“. Britische Reiseveranstalter haben in den vergangenen drei Tagen mehr als 600 Briten vorzeitig aus den Hotels entlang der Küste des Indischen Ozeans ausgebucht und mit Charterflügen zurückgeschickt. Schon 2013 ist die Zahl der Kenia-Besucher deutlich gesunken. Nun gerät die Branche, ein wichtiger Devisenbringer für Kenia, noch weiter in die Krise. Kenyatta forderte seine Landsleute auf, ihren Urlaub in der Heimat zu verbringen: „Wir müssen nicht ins Ausland reisen, um Ferien zu machen.“
Al Schabaab greift immer öfter an
Seit dem Terroranschlag auf das bei Ausländern beliebte Westgate-Einkaufszentrum in Nairobi im September 2013 hat es in Mombasa, Nairobi und im Nordosten Kenias eine ganze Serie von Granatenangriffen, Bombenanschlägen und in Garissa im März auch einen Angriff auf eine Kirche gegeben. In dem nahe der somalischen Grenze gelegenen Ort waren bewaffnete Kämpfer in das Gotteshaus eingedrungen und hatten um sich geschossen.
Kenia geht gegen somalische Flüchtlinge vor
Die Sicherheitslage hat sich weiter verschärft, seit die kenianische Regierung mit drakonischen Mitteln gegen somalische Flüchtlinge und die somalische Minderheit mit kenianischer Staatsangehörigkeit vorgeht. Seit dem 1. April findet unter dem Namen „Operation Usalama Watch“ (Operation Sicherheit und Wachsamkeit) eine Überprüfung der somalischen Bevölkerung statt. Zunächst hatten 6000 Polizisten den überwiegend von Somalis bevölkerten Stadtteil Eastleigh umstellt. Mehr als 4000 Menschen sind dabei verhaftet und im benachbarten Kasarani-Fußballstadion festgehalten worden. Darunter war nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch auch eine junge Mutter, die drei Tage lang dort interniert war und deren Baby zurückgelassen worden war. Das Baby starb. Die Regierung versucht mit der Razzia somalische Flüchtlinge zur Rückkehr in die großen Camps im Nordosten Kenias zu zwingen. Tausende Flüchtlinge sind in den vergangenen zwei Monaten in die Flüchtlingsstadt Dadaab zurückgekehrt. Dabei hat die kenianische Regierung mehrfach kritisiert, dass Dadaab zum „Ausbildungslager“ für die islamistische Miliz Al Schabaab aus Somalia geworden sei.
Die Regierung in Nairobi steht auch innenpolitisch unter Druck
Seit rund drei Jahren kämpfen kenianische Soldaten in Somalia gegen die islamistische Al Schabaab, um die Zentralregierung in Mogadischu zu stützen. Al Schabaab fordert Kenia zum Abzug der Truppen auf und hat sich zum Westgate-Attentat bekannt. Innenpolitisch gerät die Regierung Kenyatta zunehmend unter Druck. Es geht um Korruptionsvorwürfe und die Tatsache, dass Kenyatta und sein Vize William Ruto ihr erstes Amtsjahr vor allem damit verbracht haben, die Prozesse gegen sie vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen ihrer vermuteten Verantwortung für die Nachwahl-Massaker 2008 abzuwehren.
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