Einmarsch in Nordsyrien: Deutschland und Frankreich gegen Nato-Beistand für die Türkei
Die Türkei fordert von den Nato-Partnern Unterstützung, sollte der Syrienkrieg eskalieren. Doch vor allem die Regierungen in Paris und Berlin sind dagegen.
Die Nato hat angesichts des türkischen Einmarsches in Syrien einen Krisenstab gebildet. Das berichtet die „Welt am Sonntag“ und beruft sich auf Nato-Kreise.
Demnach soll sich eine Task Force mit den Folgen der türkischen Angriffe auf die nordsyrische Kurdenregion beschäftigen; Ankaras Vertreter hätten sich in der Sitzung der 29 Nato-Botschafter im Nordatlantikrat vor einigen Tagen dazu bereit erklärt, die Mitgliedsstaaten der Militärallianz über Angriffe und Schäden zu informieren.
Zudem haben die türkischen Vertreter demnach erklärt, die Angriffe würden bis in den November fortgesetzt.
Staatschef Recep Tayyip Erdogan hatte angekündigt, die von der kurdischen YPG dominierte Militärallianz SDF aus Nordsyrien vertreiben, eine 35 Kilometer tiefe Pufferzone besetzen und Millionen syrischer Araber in der Kurdenregion ansiedeln zu wollen.
Diese Woche will er Russlands Staatschef Wladimir Putin treffen. Moskau stützt den syrischen Herrscher Baschar al Assad, der türkische Truppen in Syrien ablehnt. Dabei hält Ankara schon lange arabische und kurdische Gebiete in Nordwestsyrien besetzt.
Die US-Armee verließ am Sonntag einen weiteren Stützpunkt. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, verließen US-Panzerfahrzeuge die Region um Kobane. Dort sind inzwischen Soldaten der Zentralregierung Assads und russische Militärs angekommen. Neben Kobane hatten die US-Truppen zuletzt drei andere Stützpunkte verlassen.
Die von Kurden dominierte Militärallianz SDF hatte Assad um Hilfe gebeten, nachdem die US-Regierung erklärte, die Kurdenregion aufgeben zu wollen.
Am 9. Oktober hatten türkische Truppen und syrische Islamisten die Autonomieregion angegriffen, die von der säkularen Kurdenpartei PYD regiert wird. Vergangenen Donnerstag wurde eine von Washington ausgehandelte Waffenruhe ausgerufen, die sich allerdings als brüchig erwies.
Kurden ziehen sich aus belagerter Stadt zurück
Am Sonntag zog ein kurdischer Konvoi aus der von protürkischen Truppen belagerten Stadt Ras al-Ain ab, nach Tagesspiegel-Informationen gab es dabei Gefechte. Wie die „Welt am Sonntag“ weiter berichtet, machten in der Sitzung des Nordatlantikrates vor allem Deutschland, Frankreich, Albanien, Island, Belgien und Luxemburg deutlich, dass Ankara von ihnen „keine Unterstützung“ in Nordsyrien erwarten könne: Die Türkei könne auch im Fall eines Gegenangriffs aus Syrien auf türkisches Gebiet nicht mit Beistand nach Artikel 5 rechnen – dies aber hatte Ankara gefordert.
SPD fordert: Erdogan vor Internationalem Strafgericht anklagen
Wegen der türkischen Offensive gegen kurdische Milizen in Nordsyrien hat SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich gefordert, Präsident Erdogan vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anzuklagen.
„Erdogan handelt derzeit klar völkerrechtswidrig. Er führt einen Angriffskrieg“, sagte Mützenich der „Welt am Sonntag“.
Man wisse allerdings auch, dass nach dem Putschversuch 2016 in der Türkei auch solche Militärs in hohe Ränge gelangt seien, „die sich andere Bündnisse als das westliche vorstellen können“. Erdogan hatte kürzlich Flugabwehr-Raketensysteme aus Russland kaufen lassen. Auch in Deutschland wird gegen wieder stärker gegen die türkische Regierungspolitik protestiert.