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In Deutschland gibt es immer noch viele Kohlekraftwerke - die CO2-Bilanz der Republik ist schlecht.
© Boris Roessler/dpa

Weltklimakonferenz in Kattowitz: Deutschland stockt Klimahilfen für Entwicklungsländer auf

Der Anstieg der Erderwärmung liegt deutlich über dem Zwei-Grad-Ziel - weil Staaten wie Deutschland ihren selbst gesteckten Zielen hinterherhinken.

Mit einer emotionalen Rede hat der Präsident der Weltklimakonferenz von Paris 2015, Laurent Fabius, am Dienstag den Delegierten der Klimakonferenz in Kattowitz ins Gewissen geredet, das Abkommen von Paris zu vollenden.

„Paris war nie als das Ende einer Geschichte gedacht, sondern als Wendepunkt“, sagte er. „Im Namen von Millionen Menschen, die auf das Abkommen hoffen, flehe ich Sie an, dem Buchstaben und dem Geiste des Abkommens treu zu bleiben. Das bedeutet, schneller, besser und gemeinsam zu handeln“, sagte Fabius mit Blick auf die zuletzt wieder gestiegenen CO2-Emissionen.

Am Dienstag begann in Kattowitz der zweitägige Talanoa-Dialog der Konferenz. Das Gesprächsformat knüpft an Traditionen auf den Pazifikinseln an: Jeder Teilnehmer berichtet von seinen persönlichen Erfahrungen, ohne andere unter Druck zu setzen. Der Talanoa-Dialog ist eines von vielen Formaten der Klimaverhandlungen.

"Es geht immer um Menschen"

In diesem Fall geht es um Erfahrungsaustausch und Beispiele für Lösungen der dringendsten Fragen. Im Mai trafen sich die Verhandler persönlich zu Gesprächsrunden und im Internet konnte jeder seinen Beitrag leisten.

„Wir fokussieren uns so sehr auf Daten und Statistiken, doch am Ende geht es immer um die Menschen“, sagte die Generalsekretärin der Klimarahmenkonvention, Patricia Espinosa. „Hinter jeder Prozentzahl steht ein Mensch, der sich um seine Familie sorgt.“

Besorgniserregend sind tatsächlich die aktuellen Daten eines Berichts von Climate Action Tracker, einer vom Bundesumweltministerium finanzierten Forschergruppe. Demnach befindet sich die Welt auf dem Weg zu einer Erwärmung von rund drei Grad, wenn man sich die freiwilligen Selbstverpflichtungen der Staaten im Rahmen des Klimaabkommens anschaut.

Richtung 4,4 Grad Erderwärmung

Da aber viele Staaten – auch Deutschland – ihren Zielen hinterherhinken, steuert die Weltgemeinschaft derzeit auf bis zu 4,4 Grad zu, heiß es in der am Dienstag vorgestellten Analyse. Eine Anpassung an so eine starke Erwärmung würde die Menschheit nach einhelliger Meinung der Wissenschaft komplett überfordern.

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) unterstützt es, über höhere Ambitionen zu diskutieren, sagte sie zu Beginn der Gesprächsrunden der Minister. Jedoch: „Diese Diskussion ist auch für Deutschland nicht einfach. Wir sehen, wie herausfordernd die Transformation zu einer klimafreundlichen Gesellschaft für ein hoch industrialisiertes Land ist“, sagte sie.

Entscheidend sei, wie Deutschland mit dem Einsatz von Braun- und Steinkohle bei der Stromerzeugung umgehe. Klimaschutz könne nur erfolgreich sein, wenn die Sorgen von Beschäftigten im Bergbau und und die Probleme der betroffenen Regionen ernst genommen würden.

Eine kurzfristige Erhöhung der CO2-Minderungszusagen, wie sie am Dienstag in einer Petition des deutschen Spitzenkandidaten der Grünen für die Europawahl, Sven Giegold, gefordert wurde, ist aber sehr unwahrscheinlich.

Der Talanoa-Dialog ist zwar ein erster Abgleich, wie weit zu gehen die einzelnen Länder bereit wären. Neue Zusagen müssen sie aber laut Zeitplan des Paris-Abkommens erst 2020 geben. Bis dahin halten sich die meisten Nationen mit verbindlichen Aussagen zurück.

70 Millionen für Projekte in Entwicklungsländern

Deutschland übernimmt Verantwortung: Schulze sagte weitere 70 Millionen Euro für den Anpassungsfonds zu, der die Klimaprojekte von Entwicklungsländern unterstützt. Der Fonds hat bisher über 80 Projekte und Programme mit einem Fördervolumen von insgesamt 532 Millionen Dollar genehmigt.

Zusammen mit der ägyptischen Umweltministerin Yasmine Fouad wird der deutsche Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth außerdem die schwierigen Verhandlungen über weitere Finanzzusagen leiten. Dabei geht es um die 100 Milliarden Dollar jährlich, die den Entwicklungsländern schon bei der Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen zugesagt wurden und die ab 2020 fünf Jahre lang fließen sollen.

Bisher tun sich die Industrieländer schwer, diese Mittel zuzusagen. Gleichzeitig geht es inzwischen außerdem darum, was nach 2025 passiert und welche Länder dann in den Topf einzahlen müssen.

Susanne Ehlerding, Nora Marie Zaremba

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