Donald Trump - ein Nachruf zu Lebzeiten: Der Zerstörer wird gehen müssen, sein Schutt bleibt
Vier Jahre Trump, das schien wie eine Ewigkeit. Nun wurde er abgewählt. Aber die Geister, die er rief, sind zum Leben erwacht. Ein Kommentar.
Donald Trump ist Geschichte. Seine Zeit im Weißen Haus ist abgelaufen. Er mag noch eine Zeitlang zetern und klagen, sich winden oder selbst begnadigen, aber die unrühmliche, ja verheerende Ära, die sich mit seinem Namen verbindet, ist vorbei.
Trump wurde abgewählt, Joe Biden hat die Mehrzahl der Wahlfrauen und -männer hinter sich: Diese Reihenfolge der Nachricht sagt das Wichtigste über das Wahlergebnis aus. Nicht die Freude über den Sieg des Siegers dominiert die Gefühle, sondern die Erleichterung über die Niederlage des Verlierers.
Durch Trumps Triumph vor vier Jahren waren die Grundfeste der politischen Kultur ins Wanken geraten. Wenn ein solcher Mann – Narzisst, Rassist, Sexist, Lügner, Aufschneider – Präsident des mächtigsten Landes der Welt werden kann, schien alles möglich, nichts mehr sicher zu sein.
Wer noch eine Resthoffnung gehegt hatte, das Amt werde ihn zügeln und zivilisieren, wurde spätestens bei seiner halb kämpferisch, halb aggressiv vorgetragenen Antrittsrede eines Besseren belehrt. „America first“ hieß die Devise, doch es klang wie eine Drohung nach Innen wie nach Außen: Zieht euch alle warm an!
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Nicht alles, was dann folgte, war falsch. Bilaterale Handelsverträge wurden geschlossen, Verfehlungen des chinesischen Regimes offen benannt, Partnerschaftsverträge zwischen Israel und mehreren muslimischen Ländern ausgehandelt.
Vor der Corona-Pandemie florierte die Wirtschaft, die Löhne stiegen, die Arbeitslosigkeit war niedrig. Außerdem befriedigte Trump - in einigen Fällen zumindest rhetorisch - viele Bedürfnisse seiner Wähler: stärkere Kontrolle der Einwanderung, stärkere Beteiligung der Verbündeten am Nato-Budget, Abzug der US-Truppen aus Afghanistan und Nahost, Nationalismus statt Globalismus.
Wer sich ihm in den Weg stellte, wurde beseitigt
Mit einfacher, direkter Sprache verschaffte er sich Gehör, über die Regeln der „political correctness“ setzte er sich hinweg. Denkmäler schleifen? Nicht mit ihm. Alte, weiße Männer sollten von historischer Schuld am Rassismus ebenso bewahrt bleiben wie vor dem Feminismus.
Für eine Inszenierung mit hochgehobener Bibel ließ er sich den Weg bahnen, die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem sollte eine Forderung christlicher Zionisten erfüllen. Das am längsten währende Erbe besteht allerdings in der Besetzung des Obersten Gerichts mit drei konservativen Richtern. Sie könnten Amerikas Gesellschaft auf Jahrzehnte hinaus prägen.
Als Regel von Trumps Präsidentschaft galt schnell: Wer sich ihm in den Weg stellte, wurde beseitigt. Das Personalkarussell im Weißen Haus drehte sich immer schneller, die Republikanische Partei wurde auf Linie gebracht - seine Linie. Sich aus dieser ideologischen Umklammerung wieder zu befreien, wird für Amerikas Konservative schwer.
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Der Präsident aller Amerikaner wollte Trump ohnehin nie sein. Er hofierte die einen auf Kosten der anderen, vertiefte die Spaltung des Landes. Spott und Hohn ersetzten Kompromissbereitschaft und Mitgefühl. Die Verrohung der politischen Auseinandersetzung reichte von der Delegitimierung demokratischer Prozesse bis zum Aufruf zu Straßenprotesten an die Adresse weißer Milizen.
Entsetzen, Scham und Schauder wechselten sich ab
Außenpolitisch wiederum zertrümmerte Trump zwei Wesensmerkmale amerikanischer Politik: erstens das Bekenntnis zu Bündnissen, zweitens die Verbreitung von Menschenrechten. Dass Bündnisse kein Klotz am Bein sind, sondern das Gewicht des Westens in der Welt vergrößern, ist eine Lehre der Nachkriegsordnung.
Dass Amerika weltweit für Menschenrechte eintritt, obwohl nicht immer ohne handfeste Interessen, resultiert unmittelbar aus dem Freiheitsverständnis. Doch die Ereignisse in Belarus und Hongkong interessierten Trump nicht, gegenüber Xi Jinping soll er sogar Verständnis geäußert haben für die Internierung Zigtausender Uiguren.
Und nun – alles vorbei, alles vergessen? Trump geht und alles wird gut? Nein, leider nicht. Viele Geister, die er rief, sind zum Leben erwacht und wollen sich weiter austoben. Viele Wunden, die er schlug, werden lange Zeit nicht vernarben. Die vergangenen vier Jahre waren wie eine Ewigkeit. Entsetzen, Scham und Schauder wechselten sich ab. Nun wurde der Zerstörer zwar gestoppt, doch die Schuttentsorgung wird dauern. In die Erleichterung mischt sich der Trost: Schlimmer wird’s nimmer.