zum Hauptinhalt
Eine Kollision mit einem Schulbus stoppte die Fahrt die Attentäters.
© Mark Lennihan/AP/dpa

Anschlag an Halloween: Der Terror ist zurück in Manhattan

New York freut sich auf das Hexenfest, als ein Usbeke mit einem Kleinlaster mehrere Menschen tötet. Donald Trump ordnet umgehend verschärfte Einreisekontrollen an.

Zuerst dachten alle an einen Halloween-Scherz. „Da schießt einer“, riefen die Leute. „Weg hier! Er hat eine Waffe!“ Auch Sirus Minovi, ein 14-jähriger Schüler der privaten Oberschule Stuyvesant im südlichen Teil von Manhattan, glaubte zuerst an einen Streich am Hexenfest. Doch es war tödlicher Ernst.

Saifullo Saipow, ein 29-jähriger Mann aus Usbekistan, war mit einem gemieteten Lieferwagen auf einer Strecke von mehr als 1,5 Kilometern auf einem Radweg durch Radfahrer und Fußgänger gepflügt und hatte acht Menschen getötet und elf verletzt. Dann rammte der Lieferwagen einen Schulbus und blieb stehen. Saipow, der zwei Waffen bei sich trug, stieg aus und wurde von Polizisten angeschossen und festgenommen. „Allahu akbar“ – Gott ist groß, hatte Saipow noch gerufen.

Die Behörden gehen davon aus, dass Saipow allein handelte, aber möglicherweise vom Islamischen Staat (IS) inspiriert war. Der Weihnachtsmarkt-Anschlag von Berlin oder der Lastwagen-Anschlag von Nizza, die beide von islamistischen Extremisten ausgeführt wurden, könnten als Vorbilder für die Tat gedient haben. Unter den Todesopfern von New York waren laut Medienberichten fünf Argentinier und eine Belgierin.

Auf einem Video im amerikanischen Fernsehen war der bärtige Täter mit zwei Handfeuerwaffen zu sehen; eine Waffe war laut Medienberichten eine Luftpistole, die andere eine Farbpistole. Auch der Schüler Sirus verstand bald, dass es sich nicht um einen Scherz handelte. Ein Passant sei auf Saipow zugegangen, um den Täter zu beruhigen, berichtete der Junge der „New York Times“. Dann habe der Mann die Waffen in Saipows Händen gesehen und sei zurückgewichen.

Ein Streifenpolizist stoppt den Täter mittels Bauchschuss

Dass der schlimmste Terroranschlag in New York seit dem 11. September 2001 kurz darauf überstanden war, ist einem Streifenpolizisten zu verdanken, der zufällig in der Nähe der Kollision zwischen Lieferwagen und Bus stand. Der Beamte schoss Saipow in den Bauch, bevor sich Kollegen auf den Täter stürzten und ihn am Boden festhielten. Er kam in eine Klinik. Die Polizei hofft, Saipow bald vernehmen zu können.

Das Tatfahrzeug: ein gemieteter Pickup-Truck.
Das Tatfahrzeug: ein gemieteter Pickup-Truck.
© Don Emmert/AFP

Der Usbeke war im Jahr 2010 in die USA gekommen und hatte sich in Florida niedergelassen, wo er eine Aufenthaltsgenehmigung erhielt. Später zog er nach New Jersey bei New York. Warum er sich am Dienstag bei einem Baumarkt den weißen Lieferwagen mietete, nach Manhattan fuhr und Radfahrer tötete, ist noch nicht bekannt. Laut Presseberichten war Saipow den Behörden bekannt – warum, blieb unklar.

IS-Niederlage in Syrien erhöht Gefahr von Anschlägen

Islamisten aus Zentralasien haben schon mehrere schlimme Anschläge des IS begangen. So tötete ein Landsmann von Saipow in der Silvesternacht in Istanbul 39 Menschen in einem Nachtclub am Bosporus. Laut der „New York Times“ hatten französische IS-Mitglieder am Montag zu Anschlägen zu Halloween aufgerufen. Der Nachrichtensender Fox News meldete, in Saipows Lieferwagen seien handbeschriebene Zettel gefunden worden, auf denen sich der Täter zum IS bekannt habe. Zudem sei entweder eine schwarze IS-Fahne oder ein Bild der Fahne im Wagen gewesen.

Fest stand, dass sich Saipow einen Tatort ausgesucht hatte, der in den USA sofort die Erinnerung an die Katastrophe des 11. September wachrief: Das Finanzviertel von Manhattan, wo islamistische Täter vor 16 Jahren zwei Verkehrsflugzeuge in die Türme des World Trade Centers flogen, liegt ganz in der Nähe.

Nach der kürzlichen Niederlage des IS in seiner „Hauptstadt“ Rakka in Syrien sei damit zu rechnen, dass die Dschihadisten verstärkt auf Anschläge außerhalb Syriens setzten, sagte Adam Schiff, der Obmann der oppositionellen Demokraten im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses. Schiff sprach von einem „virtuellen Kalifat“, das der IS gründen wolle.

Rechte attackieren Zuwanderungspolitik der Demokraten

Der Anschlag dürfte die Debatte in den USA über Einwanderungsbeschränkungen für Menschen aus muslimischen Staaten neu anfachen. Präsident Donald Trump hatte im Wahlkampf einen generellen Einreisestopp für Muslime aus der ganzen Welt verlangt und nach der Amtsübernahme im Januar mehrere Versuche unternommen, einen Bann für Bürger bestimmter muslimischer Staaten einzuführen. Die Pläne für einen Muslim-Bann wurden aber von den Gerichten teilweise gestoppt. Für einen Zuwanderer wie Saipow hätte der Muslim-Bann ohnehin nicht gegolten, weil Usbekistan nicht auf der Schwarzen Liste betroffener Staaten steht.

Dennoch wurde in rechtsgerichteten Kreisen scharfe Kritik an der Entscheidung der Regierung von Trumps Vorgänger Barack Obama laut, Saipow vor sieben Jahren ins Land zu lassen. Obama habe „Tieren“ die Einreise in die USA ermöglicht, schrieb ein Twitter-Nutzer. Andere attackierten den New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio, der in der traditionell liberalen Metropole illegalen Zuwanderer eine Zuflucht gewährt.

Trump selbst kommentierte auf Twitter, der Täter sei eine „sehr kranke und gestörte Person“. Gleichzeitig wies er das Heimatschutz-Ministerium an, die Überprüfung von Zuwanderern zu verschärfen.

Der Tagesspiegel kooperiert mit dem Umfrageinstitut Civey. Wenn Sie sich registrieren, tragen Sie zu besseren Ergebnissen bei.  Mehr Informationen hier.

Zur Startseite