Andreas Bausewein: Der nächste Hoffnungsträger für die SPD in Thüringen
Smarter Schwiegersohntyp - der Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein soll die SPD in Thüringen nach dem Wahldesaster aus der Krise führen.
Er hat zweimal die OB-Wahl in der Landeshauptstadt gewonnen, er ist smart und gilt als Schwiegersohntyp: Andreas Bausewein, Oberbürgermeister in Erfurt, ist der neue Hoffnungsträger der Thüringer SPD. Die liegt nach ihrer Niederlage bei der Landtagswahl am Boden. Sie stürzte auf 12,4 Prozent, das ist ihr schlechtestes Ergebnis im Land. „Im Grunde ist dieses Wahlergebnis – und das ist nicht nur meine Meinung - dazu angetan, in die Opposition zu gehen“, sagt Bausewein im Gespräch mit dem Tagesspiegel.
Dann jedoch würde es aller Voraussicht nach keine neue Regierung in Thüringen geben, sondern Neuwahlen. Ohne die SPD kann weder CDU-Regierungschefin Christine Lieberknecht die bisherige schwarz-rote Koalition fortsetzen noch der Linke Bodo Ramelow das von ihm angestrebte rot-rot-grüne Bündnis bilden. „Wir können nicht in die Opposition gehen. Wir kriegen die Höchststrafe: Regierung“, raufen sich derzeit nicht wenige in der SPD die Haare.
Vor diesem Hintergrund wurde Bausewein nun zum Chef der SPD-Verhandlungsgruppe bestimmt. Zugleich wurde er von der erweiterten Parteispitze als neuer Landesvorsitzender vorgeschlagen. Gewählt wird am 25. Oktober. „In der Partei herrscht wegen des Wahlergebnisses eine Schockstarre“, sagt der designierte Landeschef. „Frust, Niedergeschlagenheit, Enttäuschung, das sind die vorherrschenden Gefühle. Daher geht es jetzt in der Partei auch um Seelenmassage.“
Erste Sondierungsrunde am Donnerstag
Bei aller Enttäuschung will die SPD Handlungsfähigkeit beweisen, schließlich beginnen die Verhandlungen über die künftige Regierung bereits am Donnerstag. Angeblich war es SPD-Chef Sigmar Gabriel, der Bausewein als neuen Landeschef ins Spiel brachte. „Du musst jetzt springen“, soll er am Wahlabend bei einem Telefonat gesagt haben, wie in Parteikreisen kolportiert wird. Das bestätigt der Erfurter Oberbürgermeister jedoch nicht. „Er hat mich zwar angerufen und wir haben die Situation sondiert. Aber er hat mich nicht aufgefordert zu kandidieren“, sagt Bausewein. Doch Gabriel machte auch öffentlich Druck: Er forderte einen Neuanfang in Thüringen und rügte die jahrelangen Querelen im Landesverband. Die Schelte aus Berlin kam gar nicht gut an. Sie habe sogar „große Empörung“ ausgelöst, heißt es in der Landespartei.
Seine Wirkung verfehlte der Druck aber nicht. Der bisherige Landeschef Christoph Matschie – Bildungsminister der amtierenden Landesregierung – schlug Bausewein als seinen Nachfolger vor. Grund für diesen kampflosen Rückzug dürfte nicht zuletzt Matschies mageres Abschneiden in seinem Direktwahlkreis Jena gewesen sein. In der SPD-Hochburg, wo die Partei überdurchschnittlich einbüßte, kam er nur auf Rang vier, noch hinter der Grünen-Spitzenkandidatin Anja Siegesmund. „Das war ein heftiger Schlag für ihn“, sagt ein Genosse.
Mit Matschie geht eine Ära zu Ende
Mit Matschie geht eine Ära zu Ende. Er führt die Partei seit 1999 und ist damit bundesweit der dienstälteste Landesvorsitzende. Der 53-Jährige wäre zu dieser Landtagswahl gern ein drittes Mal als Spitzenkandidat angetreten. Aber da hatte sich der rund 4500 Mitglieder starke Landesverband schon von ihm abgewendet. An seiner Stelle wurde Anfang des Jahres Heike Taubert gekürt, Sozialministerin der schwarz-roten Landesregierung. Nach dem schlechten Wahlergebnis ist auch sie entzaubert.
Bausewein bestreitet, dass die als lahm kritisierte Kampagne und die eher unpolitisch agierende Spitzenkandidatin an dem Desaster Schuld sind. „Die Strategie war nicht grundsätzlich falsch“, sagt er. Taubert habe „einen sehr guten Wahlkampf“ gemacht. Auch die SPD-Regierungsarbeit sei gut gewesen. Den Grund für die Niederlage sieht er in der schwierigen Lage der SPD im Osten zwischen CDU und einer starken Linken. „Als es im Wahlkampf zur Zuspitzung Ramelow oder Lieberknecht kam, sind wir unter die Räder geraten“, sagt er.
Ramelow könnte nun mit Hilfe des neuen starken SPD-Manns zum ersten Linken-Ministerpräsidenten in Deutschland werden. Bausewein war schon 2009 für ein Bündnis mit der Linken. Damit lag er nicht auf SPD-Linie, weshalb er bei Parteiwahlen – er ist Vize im Landesverband – stets nur magere Ergebnisse bekam. Ein Signal in Richtung Rot-Rot-Grün will er mit seiner Person jedoch nicht verbunden sehen. "Ich bin Pragmatiker", sagt er. Parteifreunde sehen das anders – etwa der mit der Lage in Thüringen vertraute Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Der meint, Bausewein sei „weniger belastet von der Vorgeschichte“, früheren Auseinandersetzungen innerhalb der Thüringen-SPD also. Er könne deshalb nun „freiere Entscheidungen ermöglichen“.