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Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), hier gemeinsam mit dem Jenaer Stadtjugendpfarrer Lothar König
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Wolfgang Thierse zu Bodo Ramelow: "Linke hat sich in der Demokratie bewährt"

Der SPD-Politiker Wolfgang Thierse empfiehlt seiner Partei, ergebnisoffen sowohl mit der Linkspartei als auch mit der CDU über eine Regierung in Thüringen zu verhandeln. Eine Präferenz lässt er dabei aber erkennen.

Die Wahl des Linke-Politikers Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten in Thüringen ist aus der Sicht des SPD-Politikers Wolfgang Thierse grundsätzlich möglich. "25 Jahre nach dem Mauerfall sind Tabuisierungen längst passé", sagte der frühere Bundestagspräsident am Dienstag dem Tagesspiegel. Er empfiehlt seiner Partei, nach dem für die SPD "furchtbaren Wahlergebnis" Sondierungsgespräche mit beiden Seiten zu führen, so wie sie es vor der Wahl angekündigt habe. Die SPD könne dabei "aus der Not eine Tugend machen" und "so viel wie möglich herausholen". Anschließend sollte die Landesführung für die angekündigte Mitgliederbefragung über eine künftige Koalition eine Variante empfehlen, meinte Thierse.

Der SPD-Politiker, der im vergangenen Herbst aus dem Bundestag ausgeschieden war, mahnte in den Debatten über eine mögliche Regierungskoalition zur Nüchternheit. Das Wahlergebnis in Thüringen enthalte eine "verwirrende Botschaft", sagte er. Denn einerseits habe Rot-Rot-Grün insgesamt sechs Prozentpunkte gegenüber der Wahl vor fünf Jahren verloren, dies sei "keine richtige Ermunterung". Zugleich sei es ein "ernsthaftes Problem", dass es der SPD "offenbar auf Dauer nicht gut tut, Juniorpartner der CDU zu sein". Thierse sagte weiter: "Natürlich gibt es auch in der Linkspartei Erblasten aus der SED-Zeit." 25 Jahre nach dem Mauerfall habe es für diese Partei allerdings auch eine "Bewährung in der Demokratie" gegeben. "Das muss jetzt mehr zählen als die 40 Jahre zuvor", erklärte Thierse.

Neuer SPD-Thüringen-Chef Andreas Bausewein (links), Vorgänger Christoph Matschie
Neuer SPD-Thüringen-Chef Andreas Bausewein (links), Vorgänger Christoph Matschie
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Nach dem Debakel bei der Landtagswahl bot der langjährige SPD-Landesvorsitzende Christoph Matschie seinen Rückzug an. Ihm soll der Oberbürgermeister von Erfurt, Andreas Bausewein folgen, wie der Landesvorstand am Montagabend in Erfurt entschied. Bausewein arbeitet auf kommunaler Ebene erfolgreich mit Linken und Grünen zusammen, gilt als Anhänger einer solchen Konstellation auch im Land. Thierse sagte, "vermutlich" sei die Berufung Bauseweins ein Signal, dass sich die SPD im Freistaat eher in Richtung einer von der Linkspartei geführten Regierung orientiert. In Anspielung auf die innerparteilichen Kontroversen um eine mögliche rot-rot-grüne Koalition 2009 und die Auseinandersetzungen innerhalb des schwarz-roten Regierungsbündnisses meinte Thierse, Bausewein sei "weniger belastet von der Vorgeschichte". Er könne deshalb nun "freiere Entscheidungen ermöglichen".

Linke, SPD und Grünen sondieren am Donnerstag

Die Sondierungsgespräche zwischen Linken, SPD und Grünen in Thüringen beginnen am kommenden Donnerstag. Das teilten die Grünen am Dienstag in Erfurt mit. "Wir gehen zuversichtlich in die Gespräche und setzen auf einen Politikwechsel in Thüringen", erklärten die Grünen-Landesvorsitzenden Stephanie Erben und Dieter Lauinger. Für die Grünen sollen neben Lauinger die Fraktionschefin der Grünen im Landtag, Anja Siegesmund, ihr Abgeordnetenkollege Dirk Adams sowie die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, an den Beratungen teilnehmen.

Siegesmund, die bei der Wahl die grüne Spitzenkandidatin war, hat bereits deutlich gemacht, dass sich die Grünen an einem Regierungswechsel in Thüringen beteiligen und die Wahl des Linken-Politikers Bodo Ramelow zum Regierungschef mittragen würden. Dagegen stehen sie einer von der CDU ins Gespräch gebrachten Afghanistan-Koalition - also einem Bündnis aus CDU, SPD und Grünen - äußerst skeptisch gegenüber. Ramelow erklärte, seine Partei gehe gut vorbereitet in die Sondierungsgespräche, die aus seiner Sicht binnen zwei Wochen abgeschlossen sein könnten.

Linker Flügel der Linkspartei: Ramelow steht für Systemfrömmigkeit

In der Linkspartei gibt es Ärger, weil mehrere Vertreter des linken Parteiflügels die mögliche Wahl von Ramelow zum Ministerpräsidenten in Thüringen torpedieren. Der Bundessprecherrat der Antikapitalistischen Linken, zu dem unter anderem die nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete Inge Höger gehört, erklärte, Ramelow wolle niemandem der wirklich Herrschenden wehtun. Er stehe für eine "Systemfrömmigkeit", die "genauso furchtbar ist wie die Krisenverwaltung aus der Staatskanzlei in Thüringen". Weiter heißt es in der AKL-Erklärung: "Einen solchen Ministerpräsidenten brauchen wir nicht und wollen wir nicht."

Linke-Politiker Bodo Ramelow - bald der erste Linke-Ministerpräsident in Deutschland?
Linke-Politiker Bodo Ramelow - bald der erste Linke-Ministerpräsident in Deutschland?
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Das Papier wurde auch von Alexander Neu, ebenfalls Bundestagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen, "uneingeschränkt" unterstützt. Dagegen rügte der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Matthias Höhn, auf seiner Facebook-Seite die Protestnote der AKL. Solidarität sei im Erfolg genauso wichtig wie in der Niederlage, schrieb er. "Und da jetzt schon die ersten ,Stellungnahmen' erscheinen, wie z.B. von der AKL, die genau dies vermissen lassen, sage ich: Eine solche ,Debatte', die eher einer Anklage gleicht, braucht niemand. Bestenfalls die politische Konkurrenz." Linken-Parteisprecher Alexander Fischer erklärte, der Landesvorstand der thüringischen Linken habe einstimmig Sondierungen beschlossen. "Dort wird entschieden."

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