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Die Waffen schweigen, zumindest momentan. Doch in dem nordafrikanischen Land mischen sich immer wieder ausländische Mächte ein.
© Hussein Malla/AP/dpa

Waffenstillstand in Libyen: Der mühsame Weg zum Frieden

In Libyen herrschen seit Jahren Chaos und Krieg. Nun haben sich die Kontrahenten auf Wahlen verständigt – gibt es Anlass zur Hoffnung?

Nach Jahren des Krieges in Libyen meldeten die UN einen Erfolg. „Wir sind einem Konsens sehr nahe“, sagte der Libyenbeauftragte der Vereinten Nationen – vor drei Jahren. Im November 2017 informierte der damalige UN-Gesandte für Libyen, Ghassan Salame, den Sicherheitsrat über Fortschritte bei den Friedensbemühungen für das nordafrikanische Land. Der Krieg ging trotzdem weiter, Salame gab frustriert auf.

Nun berichtet seine Nachfolgerin Stephanie Williams von einem neuen „Durchbruch“. Bei Verhandlungen in Tunesien haben sich 75 Delegierte nach ihren Worten auf freie gesamtlibysche Wahlen innerhalb der nächsten 18 Monate geeinigt.

Angesichts des Scheiterns früherer Friedensverhandlungen und der Entschlossenheit ausländischer Akteure, in Libyen weiter kräftig mitzumischen, trifft die Nachricht bei Beobachtern auf Skepsis.

Libyen hat seit dem Sturz von Diktator Muammar Gaddafi im Jahr 2011 keine funktionierende Zentralgewalt mehr und ist Schauplatz von Kämpfen zwischen rivalisierenden Milizen. Seit 2014 ist das Land zwischen den Herrschaftsgebieten der Regierung im Westen Libyens und des Parlaments im Osten des Landes geteilt.

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Der ostlibysche Militärchef Chalifa Haftar versuchte im vergangenen Jahr, die Hauptstadt Tripolis im Westen einzunehmen, scheiterte aber wegen der Unterstützung der Türkei für die Regierung. Haftar musste sich zurückziehen.

Heute verläuft die Front bei der Küstenstadt Sirte, die für die Ölindustrie wichtig ist. Ein Ende Oktober ausgerufener Waffenstillstand wird bisher eingehalten, aber beide Seiten haben sich gegenseitig im Verdacht, neue Angriffe vorzubereiten.

Millionen Libyer leiden Armut

Die sieben Millionen Libyer leiden seit fast zehn Jahren unter Krieg und Anarchie. Obwohl ihr Land die größten Ölvorräte in ganz Afrika besitzt, lebt jeder Dritte in Armut. Wie dringend eine Einigung ist, zeigte auch der Tod von mehr als 90 Bootsflüchtlingen, die am Donnerstag auf dem Weg nach Europa vor der Küste ertranken.

Mehr als 650.000 vorwiegend Migranten warten nach UN-Schätzungen auf eine Fahrt nach Europa. Sie leben zumeist in extrem prekären Verhältnissen. Besonders dramatisch ist die Situation für jene 5000 bis 6000 Afrikaner, die in Lagern interniert sind. Sie werden nicht nur gefangen gehalten, sondern geschlagen, ausgebeutet und missbraucht.

Gerettet. Einige Migranten das Bootsunglück vor der libyschen Küste überlebt, 90 Menschen kamen ums leben
Gerettet. Einige Migranten das Bootsunglück vor der libyschen Küste überlebt, 90 Menschen kamen ums leben
© AFP

Die Einmischungen des Auslands erschweren die Friedensbemühungen der UN. Ein Waffenembargo wird von Unterstützern beider Landesteile unterlaufen. Die Türkei liefert Waffen an die Regierung in Tripolis, während Haftar Militärhilfe von Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Russland erhält.

Beide Seiten setzen zudem ausländische Söldner ein. Die Waffenstillstandsvereinbarung vom Oktober sieht den Abzug aller ausländischer Kämpfer bis zum 23. Januar vor, aber bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass dies geschehen wird.

UN-Vertreterin Williams, eine amerikanische Diplomatin, treibt die Friedensgespräche mit Rückendeckung der Regierung in Washington voran. Die USA sorgen sich, dass Russland nach seinem Engagement in Syrien nun auch in Libyen Fuß fassen und sich damit an der Südflanke der Nato festsetzen könnte.

Außerdem könnte eine Entscheidungsschlacht um die strategisch wichtige Hafenstadt Sirte einen regionalen Krieg auslösen.

Die USA scheuen vor einem Engagement zurück

Ein direktes Engagement in Libyen scheuen die USA bisher – und das dürfte auch unter der neuen US-Regierung des designierten US-Präsidenten Joe Biden so bleiben. Als Barack Obamas Vizepräsident warnte er nach eigenen Angaben 2011 vergeblich vor einer amerikanischen Beteiligung an Nato-Luftangriffen gegen Gaddafis Truppen in Libyen.

Nach dem Tod von US-Botschafter Chris Stevens 2012 bei einem Angriff islamistischer Extremisten im ostlibyschen Benghasi geriet Biden wegen fehlender Sicherheitsvorkehrungen für Amerikas Diplomaten in die Kritik.

Angesichts dieser Vorgeschichte ist es unwahrscheinlich, dass Biden die Rolle der USA in Libyen ausbauen wird. Die Unterstützung für politische Initiativen wie die von Williams dürfte aber weitergehen, auch wenn die Erfolgsaussichten unklar sind. Williams’ Konferenz in Tunesien ist nicht unumstritten.

So gibt es Kritik an der Auswahl der 75 Delegierten. Auch sei unsicher, ob die Konferenzteilnehmer den nötigen politischen Einfluss besitzen, um ihre Vereinbarung auch durchzusetzen, schreibt die Nordafrika-Expertin Alison Pargeter von der britischen Denkfabrik RUSI. Parallel zu den politischen Verhandlungen in Tunis organisieren die UN Kontakte zwischen den Streitkräften beider Seiten in Sirte.

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Dabei vereinbarten die Kriegsparteien, eine Küstenstraße wieder zu öffnen, die die beiden verfeindeten Landesteile miteinander verbindet. Allerdings läuft bei den Gesprächen nicht alles glatt. Vertreter der westlibyschen Regierung beschwerten sich, ihre Unterhändler hätten nicht auf einem Militärstützpunkt bei Sirte landen können, weil dieser von russischen Söldnern auf Haftars Seite blockiert werde. Russland hat auch nach wie vor Kampfflugzeuge in Libyen stationiert.

Andere Verbündete von Haftar zeigen ebenfalls keine Neigung, sich aus dem Libyenkonflikt zurückzuziehen. Die VAE, die Haftar in den vergangenen Jahren mit dem Einsatz chinesischer Kampfdrohnen geholfen hatten, wollen nun hochmoderne US-Drohnen und das neue amerikanische Kampfflugzeug F-35 kaufen.

Die Türkei steht auf Seiten der Regierung in Tripolis

Im US-Kongress gibt es Bedenken wegen eines möglichen Einsatzes dieser neuen Waffen in Libyen. Auch die Türkei bleibt in dem nordafrikanischen Land präsent. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete unter Berufung auf Sicherheitskreise in Ankara, die Unterstützung für die westlibysche Regierung werde weitergehen.

Gebraucht werde mehr internationaler Druck auf die ausländischen Akteure in dem Konflikt, betonte der Libyen-Experte Tarek Megerisi von der Denkfabrik ECFR im Gespräch mit der „Financial Times“. „Wer sagt den Türken und den Russen, dass sie gehen sollen?“, fragte Megerisi. Die Antwort steht aus.

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