USA und Terror der IS: Der gefühlte Krieg
Der Terror des Islamischen Staats erinnert viele Amerikaner an die Angriffe vom 11. September. Sie fühlen sich so bedroht, wie seit 13 Jahren nicht mehr.
Bis vor drei Wochen galt für Amerika ein nationales Mantra: Die Vereinigten Staaten sind kriegsmüde. Dann kamen die Gräuelvideos der Enthauptung von James Foley und Steven Sotloff. Plötzlich ist die Unterstützung in der Bevölkerung für die Luftschläge gegen den Islamischen Staat (IS) im Irak auf 71 Prozent hochgeschnellt. Vor einem Jahr, als die syrische Armee ihre Gegner mit Giftgas bombardiert hatte, sprach sich nur jeder fünfte Amerikaner für einen Einsatz der US-Airforce in Syrien aus. Jetzt sind es 65 Prozent, die solche Pläne von US-Präsident Barack Obama gutheißen.
Die Menschen zwischen Washington und San Francisco haben die Hinrichtungen als direkten Angriff auf ihr Land empfunden. 13 Jahre nach den Anschlägen auf die Twin Towers lebt in Amerika deshalb ein Gefühl der akuten Bedrohung durch islamistische Terroristen wieder auf. Dieser Jahrestag ist anders als alle vorherigen. Er steht wieder im Zeichen von Krieg.
Der US-Präsident meidet das Wort. Er spricht von einem langen Kampf. Seine Rede an die Nation allerdings hält Obama ausgerechnet in der Nacht zum 11. September. Die Tage zuvor hatte er genutzt, um die politische Elite des Landes auf genau das einzustimmen, was andere – trotz des Schattens von Afghanistan und des Einmarschs im Irak – beim Namen nennen. Wie Experten im Umfeld des Weißen Hauses berichten, artikulierte Obama dabei schon seine Bereitschaft, den IS beiderseits der irakisch-syrischen Grenze aus der Luft zu bekämpfen und die Freie Syrische Armee mit Waffen auszustatten und zu trainieren. Ob ein Bombardement in Syrien unmittelbar bevorsteht, blieb offen.
"Mitten im Krieg"
Viele Amerikaner fühlen sich jetzt 13 Jahre zurückversetzt. „Es ist wie die anfängliche Phase des Afghanistankriegs“, beschreibt ein Autor der „Washington Post“ seinen Eindruck, „in der US-Bomben vom Himmel fielen und paramilitärische Offiziere der CIA Gefechte der Nordallianz auf Pferderücken gelenkt haben.“ Obamas wiederholte Betonung, dass es ein langer Kampf werden wird, erinnere ihn an die gleiche Zeit: „Das ist exakt so, wie die Armeeführung und andere die strategische Herausforderung, die dem 11. September folgte, beschrieben haben: Der lange Krieg.“ Im „Wall Street Journal“ kann man den gleichen Ton finden. „Zum ersten mal seit dem 11. September hat ein entschlossener und fähiger Feind den Raum und die Sicherheit komplexe, längerfristige Operationen zu planen“, schreibt ein Kommentator des Blattes. „Ich nenne es Al Qaida 6.0.“
Im Kongress haben sich Senatoren und Abgeordneten von Obamas Formeln abgewandt. Im Capitol mahnte der demokratische Senator Tim Kaine : „Es ist der Kongress, dem es obliegt zu entscheiden, ob wir im Krieg sind.“ Der republikanische Senator James Inhofe wurde noch deutlicher. „Mit unserer Autorisierung sagen wir: Gewinn diesen Krieg.“ Und er fügte hinzu: „Wir sind mitten in einem Krieg.“
Obamas Pläne sehen drei Stadien des Kampfes gegen den IS vor. Die Bombardierung im Irak ist im Gang. Danach sollen die irakische Armee, kurdische Kämpfer, die gemäßigten syrischen Rebellen und wenn möglich auch sunnitische Kräfte ausgebildet werden. Diese sollen den Kampf auf irakischem wie auf syrischem Territorium aufnehmen. Dazu kommen Waffenlieferungen. Und an dritter Stelle steht dann die Luftwaffe der US-Armee. In der internationalen Koalition gegen den IS sollen darüberhinaus Staaten wie Saudi-Arabien, Jordanien oder Ägypten ihren Einfluss auf die Sunniten in der Region ausüben. Ebenso wie Katar sind sie auch in der Lage, den Geldfluss des IS zu stoppen.