Zwei Missionen der Bundeswehr in Mali: Der Einsatz war richtig - aber es ist Zeit für eine ehrliche Zwischenbilanz
Der Kampf gegen den Islamismus in der Sahelzone ist das übergeordnete Interesse – aber nicht um jeden Preis. Ein Kommentar.
Viele Menschen wussten bisher wohl nicht, dass Deutschland seine größte Friedenssicherungsmission in Mali hat – sowie eine Ausbildungsmission: Erst der Selbstmordanschlag auf die internationale Friedensmission Minusma, bei der 12 deutsche Soldaten zum Teil schwer verletzt wurden, hat das Schlaglicht auf das Engagement der Bundeswehr in dem nordafrikanischen Staat geworfen – und die Frage nach Sinn und Zukunft der zwei Missionen aufgeworfen.
Die drei Kanzlerkandidaten gaben in einer Diskussion am Samstagabend an, das Engagement in Mali fortsetzen zu wollen. Laschet hatte kürzlich sogar in Aussicht gestellt, dieses Engagement weiter zu stärken.
Nur die grüne Kandidatin Annalena Baerbock hält den Einsatz zur Ausbildung malischer Soldaten, bei dem seit acht Jahren etwa 30.000 Männer ausgebildet sei sollen, für falsch. Weil man damit auch autoritäre oder diktatorische Kräfte stärken könne. Hintergrund ist der kürzliche Militärputsch, der zweite innerhalb von neun Monaten, bei dem der zivile Übergangspräsident abgesetzt wurde.
Hier zeigt sich das ganze Dilemma der Einsätze in Mali und darüber hinaus: Ausbildung regulärer Truppen ist eine sinnvolle Angelegenheit – wenn die Regierungen transparent, nicht zu korrupt und nicht zu autoritär sind. Sonst bringt es überhaupt nichts – oder spielt sogar den Falschen in die Hände.
Die Deutschen flankieren den Kampfeinsatz der Franzosen
Man sollte allerdings auch dazu sagen: Die Deutschen flankieren damit den Kampfeinsatz der Franzosen, die in Mali aktiv den „Terrorismus“ bekämpfen – gemeint sind jene islamistischen Gruppen und Banden, die auf der Suche nach einem neuen territorialen Rückzugsraum den Norden Malis erobert hatten. Das ist im ureigensten Interesse Deutschlands – wie auch das Wohlwollen der afrikanischen Regierungen beim Aufhalten von Flüchtlingsströmen nach Europa. Auch deswegen ist die Bundeswehr in Mali.
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Der Partner Frankreich schluckt noch ganz andere Kröten, um den Kampf gegen den Vormarsch der Islamisten in der Sahelzone fortzusetzen – auch in der Hoffnung, damit Terroroperationen im Ausland, darunter Frankreich, einzudämmen: Im Tschad hat Präsident Emmanuel Macron gerade erst eine Putschregierung anerkannt, um die französische Präsenz in der Region zu sichern.
Als einziger westlicher Staatschef war er im April zum Begräbnis des ermordeten Präsidenten Idris Debys gereist und hatte ostentativ neben dessen Sohn Platz genommen, der die Verfassung außer Kraft setzte, um sich selbst zum Nachfolger seines Vaters zu küren.
Eine Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes könnte hilfreich sein
Der zweite deutsche Mali-Einsatz, bei der UN-Friedensmission Minusma, ist personell der Schwerpunkt der Bundeswehr bei ihren multilateralen Einsätzen, unser Leuchtturmprojekt sozusagen. Insgesamt beteiligt sich Deutschland derzeit an fünf UN-Peacekeeping-Missionen.
Da die Bundesregierung immer auf multilaterales Engagement pocht, käme es schlecht an, wenn die Bundeswehr nun aus der Mali-Friedenstruppe abzöge. Das ist ein Signal, das die Bundesregierung nicht an ihre Partner senden will. Obwohl nach Ansicht von Experten der Bundeswehreinsatz in Mali ausgesprochen gefährlich ist und nichts bewegt.
Nicht der Anschlag, aber der Putsch und die veränderten Bedingungen sind der richtige Zeitpunkt, die Art des Engagements zu hinterfragen: Wie kann man den schwachen Staat besser stärken? Vielleicht sind Reformen im Sicherheitsapparat wichtiger als mehr militärische Ausbildung? Was erwarten die EU und die UN von neuer Malis Regierung?
Gleichzeitig sollte die Bundesregierung schleunigst eine schonungslose Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes in Auftrag geben – als Grundlage für die Beurteilung anderer Auslandsmissionen der Bundeswehr in Staaten mit schwachen Regierungen. Denn guter Wille allein reicht nun mal nicht.