Anschlag auf Bundeswehr in Mali: Alle verletzten Soldaten wieder zurück in Deutschland
Zwölf deutsche Soldaten der UN-Truppe Minusma wurden in Mali verwundet. Inzwischen sind alle betroffenen Blauhelmsoldaten zurückgeflogen worden.
Es ist eine der gefährlichsten Missionen in der Geschichte der Bundeswehr, jetzt hat der Einsatz in Mali schwere Folgen: Am Freitag ist in dem westafrikanischen Land ein Selbstmordanschlag auf eine Patrouille deutscher Soldaten der UN-Truppe Minusma verübt worden.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte in Berlin: „Der Anschlag fand um 8.28 Uhr mitteleuropäischer Zeit statt, 180 Kilometer von Gao entfernt. Betroffen sind zwölf deutsche und ein UN-Soldat. Sie sind verwundet, drei davon schwer. Alle wurden mit Hubschraubern evakuiert.“
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Inzwischen sind alle verletzten Bundeswehrsoldaten zurück in Deutschland. Das zweite Flugzeug mit den restlichen verwundeten Soldaten an Bord landete in der Nacht zu Sonntag in Stuttgart. Sie sollten anschließend ins Bundeswehrkrankenhaus nach Ulm gebracht werden.
In Köln war am Samstagnachmittag bereits eine Maschine der Bundeswehr gelandet. In ihr befanden sich die drei am schwersten verletzten deutschen Blauhelmsoldaten und jene, die liegend transportiert werden mussten. Sie wurden nach Koblenz ins Bundeswehr-Zentralkrankenhaus gebracht. Ihr Zustand war Kramp-Karrenbauer zufolge stabil.
Neben den zwölf verletzten Deutschen seien noch drei weitere UN-Soldaten verletzt worden, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus UN-Kreisen. Nach Angaben des belgischen Verteidigungsministeriums ist ein belgischer Soldat unter den Verletzten.
Erst in den kommenden Tagen soll es detailliertere Informationen zu den Hintergründen des Anschlags geben. „Der Anschlag macht auf dramatische und schreckliche Weise deutlich, dass der Eid, den die Soldaten schwören, dass sie Gesundheit und Leben einsetzen. nicht nur leere Worte sind. Sie sind Realität. Wir sind in Gedanken, Herzen und Gebeten bei den Soldatinnen und Soldaten“, sagte die Verteidigungsministerin.
Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich die Soldaten noch in einer „Nachtaufstellung“, einer Art schützenden Wagenburg, wie aus einer Information des Einsatzführungskommandos an die Obleute des Verteidigungsausschusses hervorgeht. „Unter Einsatz ziviler Rettungshubschrauber und eines UN-Hubschraubers wurden die Verwundeten nach Gao in französische, chinesische und deutsche Sanitätseinrichtungen verbracht“, hieß es weiter.
Gysi fordert Abzug der Bundeswehr
Der Linken-Politiker Gregor Gysi forderte dagegen den Abzug der Soldaten. Der Einsatz sei von Anfang an falsch gewesen, sagte Gysi, der außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion im Bundestag ist, der Deutschen Presse-Agentur. „Man musste mit einem solchen terroristischen Angriff rechnen. Die Folgen sind schmerzhaft und extrem bedauerlich.“ Es sei „höchste Zeit, die Soldaten abzuziehen und sich um eine ernsthafte politische und diplomatische Vermittlung zu bemühen“.
Auf Twitter bekundete Linke-Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch seine Anteilnahme. Und forderte, dass der nächste Bundestag über Auslandseinsätze der Bundeswehr sehr gründlich nachdenken und neu entscheiden sollte.
Maas verteidigt Mali-Mission
Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte: „Der heutige hinterhältige Anschlag unterstreicht einmal mehr, wie wichtig es ist, dass wir uns den Terroristen entgegenstellen. Mali und der Sahel müssen vom Fluch des Terrorismus befreit werden.“
Auch der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte, sprach sich gegen einen Abzug der Bundeswehr aus dem Land aus. Es gehe darum, Mali stabil zu halten und staatliche Strukturen aufzubauen, damit der internationale Terror dort kein Fuß fassen könne, sagte Otte dem Sender NDR Info. Dies sei auch in deutschem Interesse.
FDP hat Fragen an Kramp-Karrenbauer
Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte von Kramp-Karrenbauer umgehend Auskunft über den Angriff. „Was weiß man über die Täter, über deren Herkunft, über deren möglicherweise Beziehungen zur Regierung bzw. zur Armee? Was bedeutet dieser Terroranschlag für den Auftrag und die Mandatsausübung“, formulierte Strack-Zimmermann als Fragen an die Ministerin.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach von einem „hinterhältigen Selbstmordanschlag“, der ihn „erschüttert“ habe. „Mein und unser aller Dank gilt den Soldatinnen und Soldaten für ihren gefährlichen Einsatz, bei dem sie jeden Tag in Erfüllung ihrer Pflichten Leib und Leben riskieren.“
Die UN-Mission Minusma in Mali hat einen Auftrag zur Stabilisierung des Landes, in dem islamistische Terrorgruppen aktiv sind. An der Mission nehmen mehr als 60 Länder teil. Der Großteil der derzeit rund 900 Bundeswehrsoldaten in Mali ist im Camp Castor bei Gao stationiert. Von dort aus werden Patrouillen zur Aufklärung ins Land geschickt, teils auch in Begleitung malischer Kräfte. Die Obergrenze des Mandats für den Einsatz liegt bei 1100 Frauen und Männern der Bundeswehr.
2013 schlug ein massiver französischer Militäreinsatz den Vormarsch von Islamisten auf die Hauptstadt Bamako zurück. Zuletzt gab es zwei Militärputsche in dem Land.
Erst vergangenen Sonntag hatte Karrenbauer angekündigt, zur Unterstützung deutscher Soldaten in Mali wieder Bundeswehr-Hubschrauber in das westafrikanische Land zu schicken. „Die Entscheidung ist grundsätzlich gefallen: Zunächst soll das Heer, später die Luftwaffe Transporthubschrauber für Mali bereitstellen“, sagte Kramp-Karrenbauer der „Welt am Sonntag“.
Die Hubschrauber sind insbesondere für die Rettungskette für außerhalb des Feldlagers in Gao verwundete Soldaten entscheidend. Seit November 2020 wird diese Fähigkeit nicht mehr durch militärische Transporthubschrauber gewährleistet, sondern durch eine private Firma.
Probleme mit Hubschraubern für Rettungsflüge
Den Vereinten Nationen sei es zuletzt nicht mehr gelungen, „eine Partnernation zu finden, die Hubschrauber bereitstellt“, sagte Kramp-Karrenbauer. Nun sollen die zivilen Hubschrauber wieder durch militärische ersetzt werden: „Mit dem Ende des Afghanistan-Einsatzes haben wir die Möglichkeit, wieder eigene Maschinen zu schicken.“
Kramp-Karrenbauer räumte ein, dass der Anführer der beiden Militärputsche im August 2020 und Mai 2021, Assimi Goïta, auch in Deutschland ausgebildet wurde. „Das stimmt, er war zu unterschiedlichen Ausbildungen in Frankreich, den USA und auch Deutschland“, sagte die CDU-Politikerin. Für die Fortführung des deutschen Engagements in Mali stellte sie klare Bedingungen: „Weitere Staatsstreiche müssen ausgeschlossen sein.“
Außerdem müsse der Übergangsprozess zu einer durch Wahlen legitimierten Regierung fortgesetzt werden. „Das ist aus meiner Sicht das entscheidende Kriterium. Danach wird die EU entscheiden, ob wir mit unserer Ausbildungsmission weitermachen“, sagte Kramp-Karrenbauer. „Und solange das Putschregime keine klaren Weichen hin zu einer Transition stellt, laufen die weiteren Planungen zum Ausbau der Ausbildungsmission im Zentrum des Landes unter Vorbehalten.“ Die EU bildet das malische Militär seit 2013 unter Beteiligung der Bundeswehr aus.
Goïta war Anführer der Putschisten, die im August 2020 den gewählten Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta nach anhaltenden Protesten gestürzt hatten. Seither war der Oberst als Vizepräsident an der Übergangsregierung beteiligt. Im Mai setzte er dann die zivile Spitze der Übergangsregierung ab. Das Vorgehen wurde international verurteilt.
Vor knapp drei Wochen wurde Goïta als Übergangspräsident vereidigt. Schlüsselressorts in der neuen Regierung besetzte er mit Persönlichkeiten aus dem Militär. Bis Februar sollen in dem westafrikanischen Land Wahlen abgehalten werden.