Gefährliche Mission in Mali: Andere Instrumente, gleiche Probleme
In Afghanistan waren der Einsatz der Bundeswehr und die Stabilisierungsversuche wenig erfolgreich. Kann ein ähnlicher Ansatz im westafrikanischen Mali gelingen?
Die Nato hatte gerade entschieden, nach 20 Jahren ihre Truppen aus Afghanistan abzuziehen, als die Bundesregierung vergangene Woche beschloss, die zwei Bundeswehr-Einsätze im westafrikanischen Mali zu verlängern und einen von ihnen sogar aufzustocken. Der Schwerpunkt des Engagements der Bundeswehr verlagere sich in rasantem Tempo von Afghanistan in Richtung Sahelzone, lobte Johann Wadephul (CDU), Vizechef der Unionsfraktion.
Dabei gibt es durchaus Parallelen zwischen dem weitgehend gescheiterten Einsatz am Hindukusch und dem Engagement in Mali. Das beginnt schon damit, dass das Interesse der Bundesregierung an kollektiver Handlungsfähigkeit und deutscher Verlässlichkeit jeweils ein bestimmender Faktor war. Nach den Anschlägen auf die USA hatte die Nato 2001 erstmals in ihrer Geschichte den Bündnisfall ausgerufen. Washington erwartete vom engen Verbündeten Beistand, die rot-grüne Regierung setzte nach knapper Bundestagsentscheidung Ende des Jahres Soldaten nach Afghanistan in Marsch.
Eine Kampfmission Frankreichs stoppte den Durchmarsch der Islamisten
In Mali konnte Anfang 2013 nur ein massiver französischer Kampfeinsatz, die Operation Serval, den Vormarsch islamistischer Terrorgruppen auf die Hauptstadt Bamako stoppen, was die Bundesregierung begrüßte, weil ein Flächenbrand drohte. Wenig später beschloss der UN-Sicherheitsrat eine Stabilisierungsmission, Minusma. Parallel brachte die Europäische Union (EU) ihre Ausbildungsmission auf den Weg.
Eine wichtige Rolle bei der deutschen Unterstützung spielte der Wunsch, im Schulterschluss mit Paris die Handlungsfähigkeit der EU zu stärken. Das Motiv ist noch immer wichtig. Mit dem Beitrag zur Ausbildungsmission sende Berlin „auch ein wichtiges Signal an unsere europäischen Partner“ und vor allem an Frankreich, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), bei der ersten Lesung der Mandatsverlängerungen am Freitag im Bundestag: „In der Sahel-Region erleben wir also gelebte europäische Teamarbeit.“
Eine weitere Parallele besteht darin, dass das Auswärtigen Amt jeweils kreative neue Instrumente entwickelte, um die Wirksamkeit des Eingreifens zu erhöhen. Nach der von Deutschland 2001 im Auftrag der UN ausgerichteten Afghanistan-Friedenskonferenz auf dem Petersberg bei Bonn schwärmten deutsche Diplomaten, der „Petersberg Type Process“ sei nun internationaler Standard. Nur hielt der vereinbarte Frieden nicht lang.
Während die Deutschen am Hindukusch „Provincial Reconstruction Teams“ zusammenstellten, die auch mit Dorfältesten über Brückenbauten berieten, schwört das Auswärtige Amt nun auf die so genannte „Stabilisation Platform“ für Mali. Befriedung und Aufbau der Region sollen gelingen, indem Entwicklungsexperten der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) die Lage bis in Dörfer hinein beobachten.
Eine Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) kam dagegen kürzlich zu dem Schluss, das Engagement Deutschlands und Frankreichs in Mali sei „erfolglos“. Paris wolle in Afrika öffentlichkeitswirksam gegen den Terror kämpfen, Berlin beweisen, dass es nun mehr internationale Verantwortung übernehme, schrieb Autor Wolfram Lacher. Das Vorgehen der beiden „schwierigen Partner“ sei auch noch miserabel koordiniert.
Joachim Krause vom Institut für Sicherheitspolitik an der Uni Kiel sieht das ähnlich. Kürzlich bezeichnete er Afghanistan als "hoffnungslosen Fall" und sieht nun auch für Mali wenige Lichtblicke. „Wir sind dort, weil wir den Franzosen einen Gefallen tun wollen“, sagt Krause. Wegen der Probleme Korruption, Kleptokratie und Tribalismus seien die Aussichten auf einen Erfolg der Stabilisierungsbemühungen „minimal“.
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In der Bundesregierung werden solche Einwände zurückgewiesen, auch mit dem Hinweis, dass es in den fünf Sahel-Staaten („G5“) Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso und Tschad anders als 2001 in Afghanistan funktionierende staatliche Strukturen gebe, die aber gestärkt werden müssten. „Stabilisierung ist ein Kernbestandteil unserer Außenpolitik geworden“, heißt es aus dem Auswärtigen Amt.
Zumindest mit Zahlen lässt sich der Anspruch unterlegen: Allein zwischen 2016 und 2020 gab Deutschland vor allem für Entwicklungsprojekte und zivile Stabilisierungsmaßnahmen in den G5-Ländern 3,2 Milliarden Euro aus.