Automanager auf US-Reise: Der Besuch der deutschen Bosse bei Trump
In Washington treffen die Chefs von Daimler und VW und ein BMW-Vorstand mit dem US-Präsidenten zusammen – danach zeigen sie sich vorsichtig optimistisch.
Die ganz große Überraschung ist ausgeblieben. Die Autozölle sind auch nach der Washington-Reise von Daimler-Chef Dieter Zetsche, Volkswagen-Chef Herbert Diess und BMW-Finanzvorstand Nicolas Peter nicht vom Tisch, aber das war im Grunde auch nicht zu erwarten gewesen. Dass sich Donald Trump allerdings selbst Zeit für die Handlungsreisenden genommen hat, ist schon eine Aussage. Spätestens als das Weiße Haus am Dienstagmittag (Ortszeit) kurzfristig bestätigt, dass auch der US-Präsident die drei deutschen Autobosse empfangen wird, ist klar, wie viel Trump trotz aller seiner Twitter-Tiraden daran liegt, dass Daimler, VW und BMW an ihren Investitionen in Amerika festhalten beziehungsweise diese noch ausbauen.
Das Engagement der deutschen Autohersteller in den USA ist schon jetzt enorm. In mehr als 300 Werken produzieren hier insgesamt 118.000 Mitarbeiter jedes Jahr rund 800.000 Fahrzeuge, jedes zweite davon wird exportiert, sehr häufig nach China. Die Konzerne haben angekündigt, weiter investieren zu wollen und zusätzliche Produktionsstätten aufzubauen.
30 Minuten nimmt sich Donald Trump nach Angaben von Zetsche Zeit, eine halbe Stunde mit dem mächtigsten Mann der Welt, der die USA von ihrem Handelspartnern unfair behandelt sieht und noch kurz vor dem Treffen via Twitter verkündet: „Ich bin ein Mann der Zölle.“ Dass er genau diese nicht erhöht, ist der Grund für den Besuch. Trump droht seit Monaten mit Zöllen von bis zu 25 Prozent auf Autoimporte, falls die EU ihre Handelsbarrieren für US-Produkte nicht beseitigt. Sah es lange so aus, als ob der Präsident durch fast nichts von diesem Schritt abzuhalten wäre, ist in den vergangenen Tagen die Hoffnung gewachsen, dass der Handelsstreit doch nicht eskaliert. Dazu tragen auch die Entspannungssignale vom G-20-Gipfel bei, wo sich die USA und China auf einen Waffenstillstand geeinigt haben, um Verhandlungen zu ermöglichen. Auch hatte Trump im Anschluss verkündet, dass China die Zölle auf US-Importfahrzeuge von derzeit 40 Prozent abbauen werde.
Gut, dass wir gesprochen haben
Nach dem Spitzentreffen im Weißen Haus am Dienstag, dem einstündige Einzelgespräche unter anderem mit Handelsminister Wilbur Ross und dem Handelsbeauftragten Robert Lighthizer vorausgegangen waren, zeigen sich Zetsche und Diess bei ihren Statements vor Journalisten denn auch vorsichtig optimistisch – wenn auch mehr getreu dem Motto: Gut, dass wir gesprochen haben. Diess betont, es gebe Fortschritte beim Bemühen, die Zölle zu vermeiden. Und er erwähnt mehrere konkrete Investitionsvorhaben von VW auch im Zusammenhang mit den US-Firmen Ford und Microsoft: Möglicherweise werde VW Ford-Produktionsstätten zur Fertigung von Autos nutzen, auch werde der Bau eines zweiten Werks neben dem bestehenden in Chattanooga/Tennessee erwogen. Das ist genau das, was Trump hören will. BMW hat bereits vor dem Treffen betont, die Option für eine Motorenfabrik in den USA erneut zu prüfen. Ebenfalls sehr zur Freude des Präsidenten, der am vergangenen Donnerstag twitterte: „Autokonzerne streben in die USA, inklusive BMW, das jüngst ein neues Werk angekündigt hat.“
Dass die drei Automanager gar kein offizielles Mandat für Verhandlungen haben – Handels- und Zollfragen der Europäischen Union liegen in der Verantwortung der EU-Kommission –, ist zwar in Berlin und Brüssel auf Kritik gestoßen, hat sie aber nicht von ihrer Reise abgehalten. Zu groß ist die Sorge, dass Trump zu ihrem Schaden handelt. Denn noch gibt es diese eine große Ungewissheit: Zu welchem Ergebnis kommt das Gutachten in der Frage, ob Autoimporte die nationale Sicherheit der USA gefährden? Der Präsident selbst hat das Gutachten in Auftrag gegeben. Die Experten im Handelsministerium haben ihren Entwurf dazu bereits abgegeben, der Inhalt ist jedoch noch nicht bekannt. Bekannt ist nur, was droht, wenn die Frage bejaht wird: Dann könnte Trump am Kongress vorbei die Autozölle erhöhen.
Angesichts dieser Drohung zählen auch die kleinen Fortschritte, so das Kalkül der deutschen Automanager. Es wird nicht ihr letzter Besuch im Weißen Haus gewesen sein.