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Lässt sich kaum aus der Ruhe bringen: Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble.
© dpa/Bernd von Jutrczenka

Wolfgang Schäubles Rolle in der K-Frage: Der alte Mann und die Macht

Dass es zwischen CDU und CSU in der K-Frage doch noch ziemlich versöhnlich endete, hat auch mit Wolfgang Schäuble zu tun. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Nun hat sich Wolfgang Schäuble doch vorgenommen, in der ihm zugewachsenen Rolle als Bundestagspräsident in erster Linie dem Parlament zu dienen und vornehmlich Rat zu geben, wenn er gefragt ist. Und: Zusammenführen, zusammenhalten. Auch über Parteigrenzen hinweg. Das sieht er als seine Pflicht an.

Da hat es sich der längstgediente Abgeordnete Deutschlands – 48 Jahre im Parlament – nicht träumen lassen, dass das alles noch einmal besonders von seiner Union gefragt sein könnte. Dabei liegt das nahe. Der alte Mann und die Macht – keiner kennt sich damit besser aus. Ewig war Schäuble Bundesminister und hat außerdem neben der CDU auch die CDU/CSU-Fraktion lange geführt. Mit wenig Stimmen Vorsprung auf die Opposition.

Und so kam es, dass er seinen Rat zwar im Parlament gab, aber nicht im Plenum, sondern des Nachts in seinem Präsidialbüro. Das war, als Armin Laschet und Markus Söder, der CDU-Vorsitzende und der CSU-Chef, dazu die beiden Generalsekretäre Paul Ziemiak (CDU) und Markus Blume (CSU), Alexander Dobrindt, der Chef der CSU-Landesgruppe, und Volker Bouffier, der Hesse, Nestor der CDU-Ministerpräsidenten, sich auf der Präsidialetage eingefunden hatten.

Denn der Bruderkampf sollte ein Ende finden. Schäuble als Hausherr und damit Gastgeber moderierte. Überraschend war übrigens Ralph Brinkhaus, der Vorsitzende der gemeinsamen Unionsfraktion im Bundestag, nicht mitgebracht worden. Keine Seite hatte darauf bestanden. Schäuble wäre das nicht passiert. Weder hätte er ihn vergessen, noch wäre er vergessen worden.

Der Wunsch, im Hintergrund zu bleiben, war von vornherein fromm

Dass dieses Treffen an die Öffentlichkeit gekommen ist, ist in diesen Zeiten nicht verwunderlich. Aufregend genug sind sie ja. Deshalb war der Wunsch von Schäuble, im Hintergrund zu bleiben, von vornherein fromm.

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Was übrigens zu einem richtigen Christdemokraten passt, nur zur Lage nicht. Die Lage war da, wie der „Alte“ gesagt hätte, Konrad Adenauer. Auch den hat Schäuble noch erlebt.
Der CSU war in der CDU unterstellt worden, die Meinungsbildung der Schwesterparten in ihren Gremien „umstürzen“ zu wollen. Die CDU, Laschet, andere, darunter Schäuble, beharrten aber darauf.

Weil, so das Argument, die parlamentarische Demokratie über repräsentative Gremien funktioniert, nicht über diffuse Bewegungen, und man andernfalls schnell bei Ereignissen wie auf den Stufen des Kapitols in Amerika landet. Hart, nicht präsidial, wurde auf der Präsidialetage diskutiert, es ging hin und her. Laschet blieb bei seiner Haltung und zugleich gegen Söders Ambition als Kanzlerkandidat.

[Mehr zum Thema: Wolfgang Schäuble:„Vertrauen ist der wichtigste Rohstoff in dieser Pandemie“ (T+)]

Dem muss in den Stunden klargeworden sein, wie ernst es sein Widerpart trotz des Trommelfeuers an Schlägen gegen ihn meint; und dass umgekehrt von Laschet in dieser Sache für ihn keine Unterstützung zu erwarten ist.Die Leitlinie des CDU-Chefs: Lieber verlieren als verzichten. Im Zweifel hätte das auch für eine Abstimmung in der gemeinsamen Bundestagsfraktion von CDU und CSU am Dienstag gegolten, wenn es noch dazu gekommen wäre.

Das klingt nach einem Rat von Schäuble: Finde deine Position, werbe für sie – und halte sie. Weil das Teil von notwendiger Führung in der Politik ist. Aber auch das: Entscheidungsprozesse nicht zu verbürokratisieren, sondern nicht nur zu Diskussionen, sondern auch zu Entscheidungen zu kommen.

Die Institutionen sind besser als ihr Ruf

Was durchaus auch Laschets Ansatz war: Der Bundesvorstand, das Präsidium, alle sind sie legitimiert zu entscheiden; und alle in dieser Führung sind ausreichend mit der Basis vernetzt, die sie immerhin entsendet.

Jedenfalls wissen alle dort gut Bescheid, nicht weniger als die Kreisvorsitzenden. Schäuble zum Beispiel ist immer bestens übers Geschehen in und um Offenburg informiert. Deshalb war ein wichtiger Punkt der Auseinandersetzung auch dieser: Die Institutionen sind weit besser als ihr Ruf, sie sorgen für Stabilität und dürfen darum nicht kaputt gemacht werden.

Aber zusätzliche Transparenz ist immer möglich, schon durch die technische Entwicklung. Wie sich bei der Wahl des CDU-Bundesvorsitzenden gezeigt hat.

Und wenn Ältere ihre Links zur Abstimmung nicht öffnen können, dann wird ihnen geholfen. Dass es in der Nacht zwischen CDU und CSU doch noch ziemlich versöhnlich endete, hat sicher auch mit dem Ort und der Person zu tun. Zumal Schäuble sich unterstützt wusste vom Nestor der Unions-Ministerpräsidenten, Volker Bouffier. Zusammenführen, zusammenhalten – das ist Präsidentenpflicht. Und sei es für die eigene Partei.

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