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George W. Bush hielt eine Rede auf seinen Vater und ließ dabei auch seinen Tränen ihren Lauf.
© Alexx Brandon/Pool

Trauerfeier für George H. W. Bush: Der Abschied von einer Ära

Washington nimmt Abschied von George H. W. Bush. Und würdigt mit ihm einen US-Präsidenten, der die Welt verbessern wollte.

Ganz bis zum Ende schafft George W. Bush es nicht. Er hat schon eine Weile über seinen Vater gesprochen, hat ihn mal ernsthaft als „großartigen Präsidenten“ gewürdigt und mal humorvoll als mittelprächtigen Tänzer geneckt. Aber dann spricht er von George H. W. Bush als dem „besten Vater, den eine Tochter oder ein Sohn haben konnte“. Und fügt hinzu „Wir werden dich vermissen!“ Da steigen die Tränen hoch. Und er lässt sie zu. Die Trauergäste in der National Cathedral in Washington würdigen seine so offen gezeigten Gefühle mit Applaus, eine eher ungewöhnliche Geste in solch einem Moment. Aber es ist eine respektvolle Geste gegenüber einem Sohn, der seinen Vater verabschiedet. In der Trauer sind alle Menschen gleich, selbst wenn es sich dabei um den 41. und den 43. Präsidenten der Vereinigten Staaten handelt.

Republikaner sitzen einträchtig neben Demokraten

Überhaupt ist diese Trauerfeier in Washington eine warme, emotionale Zusammenkunft von Menschen, die sich respektieren. Republikaner sitzen einträchtig neben Demokraten, die Musik erklingt getragen, es herrscht eine würdige, friedliche Atmosphäre. Die Reden schauen nicht nach vorne, sondern zurück, in eine Zeit, die dieser Tage unendlich lange her zu sein scheint. Sie ist gefühlt auch deswegen so lange her, weil in der ersten Kirchenstuhlreihe auf der linken Seite des Mittelgangs ein Mann Platz genommen hat, der diese harmonische Trauerfeier potenziell stören kann. Donald Trump, Nr. 45, und seine Frau Melania sitzen neben der Nr. 44, Barack Obama, und dessen Frau Michelle, noch weiter links dessen Vorgänger Bill Clinton mit Hillary sowie Jimmy Carter, der 39. Präsident der USA.

Abschied: Donald und Melania Trump, Barack und Michelle Obama, Bill und Hillary Clinton, Jimmy und Rosalynn Carter.
Abschied: Donald und Melania Trump, Barack und Michelle Obama, Bill und Hillary Clinton, Jimmy und Rosalynn Carter.
© Alex Brandon/dpa

Trump hat bis kurz vor dem Gottesdienst getwittert, über die Opec und China, selbst an dem nationalen Trauertag, den er selber ausgerufen hat, kann er nicht davon lassen. Aber bei der Zeremonie wird er unwichtig, anders als Bill Clinton bei Richard Nixon oder der am Freitag verstorbene Bush Senior bei Ronald Reagan hält er keine Traueransprache. An seiner statt redet George W. Bush, der amtierende Präsident nimmt es ungerührt hin.

Dass er nicht weiter stört, hat aber auch mit dem Verstorbenen selbst zu tun, der aus Respekt vor dem Amt darauf bestand, dass Trump an der Feier teilnimmt. Und mit seiner Familie, die es vermieden hat, den Abschied eines inzwischen hoch verehrten Politikers und Kriegshelden zu einem Fanal gegen den bei vielen unbeliebten Staatschef zu machen, wie es bei der Trauerfeier des im Sommer verstorbenen Senators John McCain der Fall war. Aber bei jeder Huldigung von Bush, sei es als „wahrer Anführer“, Staats-Diener, ewiger Gentleman oder Mann, der Hoffnung statt Angst säte, schimmert durch, wie sehr sich sein Nachfolger von ihm unterscheidet.

Er hat den Weltenlauf zum Besseren beeinflusst

Und so ist ein bisschen so, als ob Amerika und die Welt von weit mehr Abschied nehmen als von einem ehemaligen Präsidenten. Die mehreren hundert Trauergäste, unter ihnen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Prinz Charles sowie der amtierende wie der ehemalige polnische Präsident, Andrzej Duda und Lech Walesa, erinnern sich an eine Welt, deren Lauf Präsident Bush zum Besseren beeinflussen konnte. Das Ende des Kalten Krieges, der Fall der Mauer und die Deutsche Einheit – historische Eckdaten, die mit seinem Namen verbunden sind. Oder wie es der Historiker und Bush-Biograf Jon Meacham in der ersten Trauerrede sagt: „George Herbert Walker Bush war der letzte große Soldaten-Staatsmann Amerikas, ein Gründervater des 20. Jahrhunderts.“

Aber bleiben wird von diesem Tag vor allem das Bild des weinenden Sohnes vor dem mit dem Sternenbanner bedeckten Sarg. Ein Sohn, der acht Jahre nach der Abwahl seines Vaters selbst Präsident wurde, aber wohl nie an dessen Beliebtheit heranreichen wird. Die letzten Worte von George H. W. Bush sollen ihm gegolten haben. Sie waren ganz einfach und doch so wichtig: „Ich liebe dich auch.“

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