George H. W. Bush: Ein letzter Staatsmann
Der Tod von George H. W. Bush verdeutlicht das Ende einer Ära. Eigentlich alles an ihm war wie ein Gegenentwurf zum heutigen US-Präsidenten. Ein Nachruf.
Und wieder geht ein Mann, dessen Verlust aufzeigt, wie sehr sich die Zeiten geändert haben. George Herbert Walker Bush, Nummer 41 im Weißen Haus, steht wie der im Sommer verstorbene Senator John McCain für all das, was der jetzige US-Präsident vermissen lässt. Anstand, Demut, parteiübergreifende Verständigung, ein enges transatlantisches Verhältnis.
Er war ein Staatsdiener und ein Staatsmann, der den Ausgleich der Interessen suchte und internationale Koalitionen zu schmieden vermochte, ein Patriot, der sein Land nicht über alle anderen stellte, ein ruhiger Konservativer, der bis zuletzt innige Freundschaften gerade auch mit seinen demokratischen Nachfolgern pflegte. Welch ein Kontrast zu dem erratischen Donald Trump, der „America first“ predigt, Partner vor den Kopf stößt und sich stolz einen „Nationalisten“ nennt.
Dass aus dem ehrgeizigen und gut aussehenden Sohn eines erfolgreichen Bankiers und US-Senators aus Massachusetts einmal ein großer Politiker werden sollte, war im Grunde vorgezeichnet. Nach dem Besuch der Eliteuniversität Yale verdiente er zunächst als Unternehmer viel Geld in der texanischen Ölindustrie – und verwischte damit das Bild von sich als elitärem Ostküstensprössling. Das nutzte ihm später bei seiner politischen Karriere. 1966 wurde er Kongressabgeordneter in Washington.
Später vertrat er sein Land bei den Vereinten Nationen, führte die Republikanische Partei, bevor er erst Botschafter in China, dann CIA-Direktor und schließlich Vizepräsident unter Ronald Reagan wurde, gegen den er zuvor das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur seiner Partei verloren hatte. Wenige seiner Vorgänger verfügten über ähnliche außenpolitische Erfahrung wie Bush, als er 1989 zum Präsidenten vereidigt wurde.
Er war der letzte Weltkriegs-Veteran im Weißen Haus
Der letzte Zweite-Weltkriegs-Veteran im Weißen Haus wusste um die Zerstörungskraft von Kriegen. 1944 wurde er als Navy-Pilot über dem Pazifik abgeschossen. Als er es im ersten Golfkrieg 1991 als Anführer einer 30-Staaten-Koalition in der Hand hatte, Bagdad einzunehmen, zögerte er und verzichtete letztlich darauf, den irakischen Diktator Saddam Hussein zu stürzen. Er fürchtete, dass sich aus dem anschließenden Vakuum ein Bürgerkrieg entwickeln könnte – eine Entscheidung, die sein Sohn George W. Bush zwölf Jahre später fatalerweise meinte revidieren zu müssen.
Die Folgen sind bekannt. Für seine Rolle beim Ende des Kalten Kriegs und der deutschen Wiedervereinigung wurde George H. W. Bush vielfach ausgezeichnet, unter anderem machte ihn Berlin zum Ehrenbürger. Den Friedensnobelpreis hat er anders als sein Nachfolger Barack Obama allerdings nie verliehen bekommen – und das, obwohl er eine neue, zunächst friedlichere Weltordnung ausrufen durfte.
So erfolgreich er in der Außenpolitik war: Innenpolitisch tat Bush sich schwer. Er musste sein Wahlversprechen brechen, keine Steuern zu erhöhen („Lest meine Lippen: keine neuen Steuern“), was ihm die Konservativen in seiner Partei nie verziehen. Wenig visionär und ausgesprochen unemotional im Auftritt, scheiterte er daran, seinen Landsleuten zu erklären, mit welchem Kurs er das Land nach vorne bringen wollte. Die Wirtschaftskrise zum Ende seiner Amtszeit kostete ihn schließlich die Wiederwahl – eine schmerzliche Niederlage, die erst mit dem Wahlsieg seines ältesten Sohns acht Jahre später etwas geheilt wurde.
Nach John Adams war er der zweite US-Präsident, dessen Sohn ebenfalls an die Spitze der USA gewählt wurde. Und damit nicht genug: Sein zweiter Sohn, Jeb Bush, war von 1999 bis 2007 Gouverneur in Florida und galt als möglicher Präsidentschaftskandidat 2016, bevor er im innerparteilichen Nominierungswettkampf gegen Donald Trump verlor. Die Familie Bush gehört inzwischen zu den politischen Dynastien Amerikas.
Er starb sieben Monate nach seiner Frau Barbara
Nach seiner Niederlage wurde es ruhiger um George H. W. Bush. Mit dem Abstand zu seiner Zeit im Weißen Haus wuchs indes sein Ansehen. Er vermied es, laute Kritik an den Entscheidungen seines Sohns zu äußern, und auch mit seinem direkten Nachfolger entwickelte er eine enge Freundschaft. Legendär ist der – handgeschriebene – Brief an Bill Clinton nach dessen Wahlsieg, mit dem er ihm trotz der bitteren Niederlage von ganzem Herzen Erfolg wünschte. Ein Akt voller Würde und Größe, heißt es bis heute.
Loyalität war Bush Senior immer wichtig, auch im Privaten. Mit seiner Ehefrau Barbara war er 73 Jahre verheiratet, länger als jedes andere US-Präsidentenpaar. 2012 gab George H. W. Bush bekannt, dass er an Parkinson erkrankt war. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er im Rollstuhl. Am Freitag verstarb George H. W. Bush – sieben Monate nach dem Tod seiner Frau.