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Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer.
© imago images/Chris Emil Janßen

U-Ausschuss zur Maut-Affäre: Dass Scheuer noch im Amt ist, hat er nur einem zu verdanken

Die SPD hat beim Verkehrsminister weiter Hemmung, aber selbst CSU-Kollege Dobrindt distanziert sich. Nur einer hat den Daumen noch nicht gesenkt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jens Tartler

In der CSU sind sie nicht vornehm, wenn es darum geht, die eigene Haut zu retten. „Jeder Minister ist für seine Entscheidungen selbst verantwortlich“, sagte der frühere Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt kühl auf die Frage, ob sein Nachfolger Andreas Scheuer in Sachen Pkw-Maut Fehler gemacht habe.

Das haben bei der nächtlichen Befragung im Untersuchungsausschuss des Bundestags nicht nur Abgeordnete von FDP und Grünen als Distanzierung aufgefasst.

Dobrindt war 2013 vom damaligen CSU-Chef ähnlich behandelt worden. „Ein Alexander Dobrindt scheitert nicht“, sagte Horst Seehofer, als er ihm das Parteiprestigeprojekt vor die Füße kippte. Zuvor hatte er die Abgabe, die nur „die Ausländer“ belasten sollte, mit der Drohung „Ich unterschreibe keinen Koalitionsvertrag ohne die Maut“ Kanzlerin Merkel und der SPD abgepresst.

Nun ist aber nicht Dobrindt gescheitert, sondern Scheuer. Die offensichtliche EU- Rechtswidrigkeit des Vorhabens wurde 2019 vom Europäischen Gerichtshof attestiert. Das könnte die Steuerzahlerinnen und -zahler inklusive Schadenersatz an die verhinderten Betreiberfirmen und Beraterkosten im Ministerium mehr als 600 Millionen Euro kosten.

Sowohl Dobrindt als auch Scheuer reden sich damit heraus, dass sie von dem Urteil völlig überrascht worden seien – obwohl es selbst im eigenen Haus genug Warner gegeben hatte. Und auch die Manager der Betreiberfirmen hatten Scheuer angeboten, auf das EuGH-Urteil zu warten. Der Minister lehnte das ab, will sich aber heute nicht mehr an das Angebot erinnern.

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Nicht die einzige Ungereimtheit in Scheuers Verhalten. Immer wieder musste er einräumen, dem U-Ausschuss doch nicht alle Akten zur Verfügung gestellt zu haben. Dann wurde klar, dass wichtige Kommunikation in Sachen Maut über die Mailadresse des Bundestagsabgeordneten Scheuer lief. Und jetzt wird berichtet, dass auch eine private Adresse des Ministers genutzt wurde, was Scheuers Haus nicht dementiert.

Es gibt etliche Fälle, in denen der Minister gegenüber den Abgeordneten die Unwahrheit gesagt hat. Liberale und Grüne fordern schon lange seinen Rücktritt. Die Sozialdemokraten haben offensichtlich eine Beißhemmung. Den Vorwurf der Lüge erheben sie nicht, weil sie angeblich eine vorsätzliche Falschaussage nicht nachweisen können.

Der Koalitionspartner lässt Scheuer seine Erinnerungsschwäche durchgehen – genauso wie den Bruch von Haushalts- und Vergaberecht. Dass Scheuer noch im Amt ist, hat aber nur einen wirklichen Grund: CSU-Chef Markus Söder hat den Daumen noch nicht gesenkt.

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