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Finanzminister Olaf Scholz (SPD) in der Debatte zum Bundeshaushalt 2021.
© dpa

Bundeshaushalt 2021: Woher das Geld kommt, wohin es fließt

Es könnte der bisher größte Bundeshaushalt werden. Ein Überblick über Einnahmen, Ausgaben und Schulden im kommenden Jahr.

Es ist nicht der größte Bundeshaushalt aller Zeiten, den der Bundestag am Freitag mit den Stimmen der Koalition beschlossen hat. Aber er kann es noch werden. Ausgaben in Höhe von 498,6 Milliarden Euro umfasst der Etat des Bundes, das „Schicksalsbuch der Nation“, für 2021. Im laufenden Jahr beläuft sich das Soll auf 508,5 Milliarden Euro.
Aber wie es aussieht, wird der Bund in diesem Jahr nicht so viel ausgeben müssen, weil sich die schlimmsten Annahmen zur Coronakrise und ihren wirtschaftlichen Folgen nicht eingestellt haben. So muss Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wohl die Kreditermächtigungen in Höhe von fast 220 Milliarden Euro nicht in vollem Umfang ausschöpfen. Wo man am Jahresende in der Bilanz landet, ist noch unklar. Aber das Ist für 2020 dürfte unter dem Soll von 2021 liegen.

180 Milliarden neue Kredite

Wenn also die nun beschlossene Summe – darin stecken 180 Milliarden Euro an neuen Krediten – komplett gebraucht wird, dann dürfte der Etat 2021 auf Jahre hinaus der Rekordhaushalt bleiben. Zum Vergleich: Der Haushalt für 2019 schloss mit 357 Milliarden Euro. Noch ein Vergleich: In der mittelfristigen Finanzplanung war zuletzt für 2024 ein Etatvolumen von 393 Milliarden Euro eingestellt. Die 500-Milliarden-Marke wäre regulär wohl erst in den 2030er Jahren erreicht worden.
Die ganze Dramatik der Coronakrise zeigt auch der Einnahmenvergleich. Vor der Krise, im letzten Normaljahr 2019, konnte der Bund seine Ausgaben in Höhe von 357 Milliarden Euro allein über Steuern und Abgaben. In diesem Jahr brachen diese auf 273 Milliarden Euro ein. Und für 2021 stehen nun 302 Milliarden Euro in diesem Einzelplan.

Massives Steuerminus

Ein Gutteil der neuen Schulden in Höhe von geplant fast 400 Milliarden Euro in beiden Jahren dient also allein dem Ausgleich von massiven Steuermindereinnahmen. Insgesamt dürfte diese Summe bei etwa 170 Milliarden Euro liegen. Der Rest finanziert vor allem direkte Corona-Ausgaben sowie die Unterstützungsprogramme für die Wirtschaft, wobei hier noch ungewiss ist, in welchem Umfang sie am Ende tatsächlich gebraucht werden.
Die massive Erhöhung der Neuverschuldung für 2021 – sie wurde im parlamentarischen Verfahren von 97 Milliarden Euro im Regierungsentwurf auf die nun beschlossenen 180 Milliarden angehoben – geht vor allem auf zwei Positionen zurück. Zum einen mussten die Überbrückungshilfen für den Teil-Lockdown seit November damit finanziert werden, ein Posten in Höhe von 39,5 Milliarden Euro.

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Zum anderen aber legte die Koalition sich eine Art Puffer an – 35 Milliarden Euro sind als Corona-Vorsorge ohne konkrete Ausgabenplanung in den Etat eingestellt worden. Um Kritik an dieser Maßnahme aufzufangen – „Wahlkampfhilfe“ und „Freifahrschein“ lauteten Vorwürfe aus der Opposition –, beschlossen die Koalitionsfraktionen allerdings, 20 Milliarden Euro davon gleich wieder zu sperren. Die Regierung muss also im Haushaltsausschuss nachfragen, bevor sie diese Summe im kommenden Jahr ausgeben kann.

Hohes Plus für Spahn

Deutlich mehr Geld als ursprünglich geplant kann Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ausgeben. Sein Etat wuchs binnen weniger Wochen um elf Milliarden Euro. Jeweils etwa 2,6 Milliarden davon sind für die Beschaffung von Impfstoffen und den zusätzlichen Kauf von FFP2-Masken vorgesehen (insgesamt gibt der Bund dafür mehr als 22 Milliarden Euro aus). Außerdem kann Spahn den Krankenhäusern zwei Milliarden Euro an Ausgleichszahlungen für deren Einnahmeausfälle zukommen lassen. Sieben Milliarden Euro mehr als im Plan der Regierung bekommt Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Davon gehen sechs Milliarden Euro als Eigenkapitalstärkung an die Bahn AG – auch wegen der Ausfälle des Staatsbetriebs in der Corona-Zeit. Aber auch alle anderen Ministerien haben ein bisschen mehr Geld zur Verfügung – nur Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) mussten kleine Streichungen schlucken.

Hohe Rücklage wird nicht angetastet

Geblieben sind auch die Rücklagen in Höhe von 48 Milliarden Euro. Die wollte die Koalition nicht antasten, weil es sonst mit der Deckung der Etats ab 2022 noch enger würde als ohnehin schon. Die Zeiten der „schwarzen Null“ – der Etats ohne neue Kredite – sind vorbei. In der Finanzplanung wird bis 2024 mit neuen Schulden operiert, wenn auch in deutlich geringerer Höhe als jetzt. Der größte Einzelplan bleibt trotz der Coronakrise der Etat von Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD). Fast 165 Milliarden Euro hat er unter seiner Verwaltung. Der Löwenanteil davon, nämlich 106 Milliarden Euro, geht als Zuschuss an die gesetzliche Rentenversicherung. Und fast 24 Milliarden Euro werden für das Arbeitslosengeld II gebraucht. Immerhin haben die niedrigen Zinsen einen Vorteil: Im Vergleich zur Regierungsplanung vom Frühherbst müssen 2021 gut 3,8 Milliarden Euro weniger für Zinszahlungen vorgesehen werden - es sind nun 10,8 Milliarden statt 14,6 Milliarden Euro.

Kein Defizit beim Humor

Trotz der ernsten Lage ist den Bundestagsabgeordneten der Humor nicht vergangen. Traditionell flechten die Haushaltspolitiker in der Abschlussdebatte zum Etat einen abgesprochenen Begriff in ihre Reden ein. In diesem Jahr hatte man sich auf den „Herdenschutzesel“ verständigt. Mit diesen werden Ziegen- oder Schafherden vor Angriffen von Raubtieren wie Wölfen, Bären oder dem Luchs geschützt. Esel gelten im Vergleich mit Wachhunden als günstiger, weil sie sich auf Weiden selbst ernähren. Anders als im vergangenen Jahr beteiligte sich der Bundesfinanzminister dieses Mal nicht an der Wortspielerei.

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