Matthies meint: Das tote Herz des Diktators erwecken
Mit einem gewissen Unbehagen hören wir die Mitteilung, Donald Trump würde sich geehrt fühlen, den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un zu treffen. Will er etwa mit Güte das tote Herz des Diktators erwecken? Eine Glosse.
Langsam erschließt sich die Methode Trump auch dem politologisch ungeschulten Beobachter. Sie beruht darauf, erst einmal alles komplett in die Grütze zu reiten. Später folgen, schlau dosiert, ein paar vergleichsweise vernünftige Entscheidungen und Ankündigungen, die sonst kaum jemanden interessiert hätten, nun aber hell glänzen – als Geniestreiche eines Riesenstaatsmanns, der offenbar doch nicht aufs zeitnahe Armageddon hinarbeitet.
Bitte, das muss auch klar sein: Der Mann lernt, er hat wie alle Arbeitnehmer das Recht auf ein Probehalbjahr, und das diplomatisch korrekt formulierte Umtänzeln der Realität will gelernt sein. Dennoch hören wir mit einem gewissen Unbehagen die Mitteilung, Donald Trump würde sich geehrt fühlen, den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un zu treffen.
Geehrt? Wir erinnern uns noch vage daran, dass Angela Merkel von Trump mit bedeutend kühleren Worten erwartet wurde. Für zwei Machthaber, die sich mit durchgeladenen Atomwaffen belauern, klingt es irgendwie bizarr demütig. So, als habe Nordkorea seine Raketen längst direkt in Richtung Capitol ausgerichtet und den Countdown schon gestartet.
Ein Treffen ist natürlich nicht angebracht
Bei näherem Hinsehen wird der Satz Trumps allerdings etwas länger: „Wenn es angebracht wäre, mich mit ihm zu treffen, würde ich das absolut tun, ich würde mich geehrt fühlen, es zu tun.“ Wenn meine Oma Räder hätte, sagt der Volksmund, dann wäre sie ein Autobus – der Konjunktiv macht so vieles Unmögliche plastisch sichtbar. Denn ein Treffen ist natürlich nicht angebracht.
Trump denkt aber vermutlich etwas ganz anderes: „Ich würde mich geehrt fühlen, aus diesem Bastard die Scheiße rauszuprügeln, und zwar thermonuklear.“ Dass er das nicht sagt wie der frühe Trump, sondern ihn ein wenig am Bauch krault, ist also im Sinne der atmenden Diplomatie eine Art überschießende Lernreaktion, der US-Präsident übertreibt in die Gegenrichtung.
Oder ist da etwas anderes, viel Größeres? Will Trump mit Güte das tote Herz des Diktators erwecken? Wird sich dieser, überwältigt vom Glück der unerwarteten Zuwendung, vor sein Parlament stellen und unter Tränen stammeln: „Ich liebe euch doch alle“? Zaun weg, Soldaten in die Kasernen, Atomcodes vernichtet, Wiedervereinigung – es wäre welthistorisch ja nicht das erste Mal.
Nur so eine Idee. Wahrscheinlicher ist weiterhin das Armageddon.