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Us-Präsident Donald Trump besuchte während seiner Asienreise auch seinen vietnamesischen Amtskollegen Tran Dai Quang.
© Jim Watson/AFP

Trumps Asienreise: China wird die USA nicht ersetzen

Elf Pazifik-Staaten halten am Freihandelsabkommen gegen China fest, nun ohne Trump. Der Koreakonflikt schwelt weiter, weil Peking zu wenig tut. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch, machte Hölderlin den Verzagten Mut. Wo zeigt sich das Rettende am Ende der zwölftägigen Reise Donald Trumps durch Asien? Der Kontinent hat das Potenzial, zum Zentrum der Weltwirtschaft zu werden, steht aber zugleich am Rande eines Atomkriegs in Korea; Chinas Gebietsansprüche in den angrenzenden Meeren können ebenso zu Kriegen eskalieren. Wer gibt der Region Halt und Stabilität?

Die liberale Ordnung kann auch ohne die USA überleben

Für viele in Deutschland lautet die Antwort: China. Zwei Entwicklungen stellen dies jedoch infrage. Die Pazifikanrainer wollen gar nicht, dass China die USA ersetzt. Nachdem Trump sich aus dem transpazifischen Handelsabkommen TPP zurückgezogen hat, halten sie unter der Führung Japans, der drittgrößten Wirtschaftsmacht nach den USA und China, an TPP fest. Beim Apec-Gipfel einigten sich elf Staaten auf Mindeststandards für Handel, Soziales, Sicherheit am Arbeitsplatz und Umwelt. Das Abkommen soll am Ende auch China zwingen, diese Standards zu akzeptieren. Hier lautet die Antwort: Die liberale Ordnung kann auch ohne die USA überleben und Druck auf illiberale Akteure ausüben, die Regeln anzuerkennen.

An der zweiten Entwicklung hätte Hölderlin weniger Freude. Die Kriegsgefahr in Korea ist nicht geringer als vor den Spitzengesprächen. China hat den Druck auf seinen Verbündeten Nordkorea zwar erhöht, lässt aber weiter nicht erkennen, dass es alle verfügbaren Mittel einzusetzen bereit ist, um Kim Jong Uns illegale Atom- und Raketentests zu stoppen.

China kann die Lücke, die Trump aufreißt, nicht füllen

Trumps Verhalten im Koreakonflikt, das jäh zwischen Provokation und Beschwichtigung wechselt, ist gewiss nicht hilfreich. Zu einem Gespräch mit Wladimir Putin über Korea kam es erst gar nicht wegen Trumps innenpolitischer Querelen mit der Russland-Affäre. Zudem war sein Auftreten in Asien zu widersprüchlich. Beim Handel redete er gegen multilaterale Abkommen und für Egoismus der Nationalstaaten. Beim Koreakonflikt forderte er multilaterale Absprachen.

Das Kernproblem in Korea aber ist Kim, nicht Trump. Die entscheidende Verantwortung hat China.

Die Lehre aus alldem ist: Wenn die USA sich als Ordnungsmacht zurückziehen, heißt das nicht, dass China (oder Russland) die Lücke füllen. Auf diese neue Dynamik müssen Staaten wie Japan oder auch Deutschland reagieren. Sie sind regionale Führungsmächte, nicht Weltmächte. Bisher konnten sie sich darauf verlassen, dass die USA die liberale Ordnung garantieren, die sie nach 1945 geschaffen haben. Sie hat Japan und Deutschland den Aufstieg zur dritt- und viertstärksten Wirtschaftsmacht ermöglicht.

Deutschland sollte Japans Beispiel folgen

Was also tun? Japan gibt ein gutes Beispiel. Die Welt wird unruhiger, komplizierter, gefährlicher, weil Trump aus multilateralen Abkommen aussteigt. Man muss sich aber nicht damit abfinden, dass ein illiberales China als Ersatzführungsmacht die angeblich beste Alternative sei. Der Ehrgeiz sollte sein, so viel wie möglich von der liberalen Ordnung zu erhalten – mit China, wo immer es sich einbinden lässt. Gegen China, wo es anderen seine Interessen aufzwingen will, ohne auf Regeln und internationale Verantwortung zu achten.

Christoph von Marschall ist erster Helmut-Schmidt-Fellow der ZEIT-Stiftung und des German Marshall Fund of the United States (GMFUS) und arbeitet derzeit in Washington an einer Studie über die Zukunft der Transatlantischen Beziehungen.

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