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Eine Delegierte stimmt bei dem Landesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen an der Saar ab.
© Oliver Dietze/dpa

„Hier wird ein Mensch kaputt gemacht“: Chaos bei den Saar-Grünen – und eine Belastung für die Bundestagswahl

Erst gibt es Wirbel um eine Kandidatenliste, dann blamiert sich eine Bundestagskandidatin - und verlässt die Partei. Die Saar-Grünen sorgen für Schlagzeilen.

Die chaotischen Verhältnisse im saarländischen Landesverband der Grünen belasten den Bundestagswahlkampf der Partei. Am Sonntag hatte ein Landesparteitag mit Ex-Landesparteichef Hubert Ulrich einen Mann auf Platz eins der Liste für die Bundestagswahl gewählt, was von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock kritisiert wurde. „Wir haben uns das anders gewünscht“, sagte sie.

Das Frauenstatut der Grünen verlangt die Besetzung des Spitzenplatzes mit einer Kandidatin. Bundesgeschäftsführer Michael Kellner legte in einem Schreiben an den Landesvorstand nahe, die Liste für den Bundestag neu zu wählen.

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Am Freitag traten der erst am Sonntag neu gewählte Landesvorsitzende Ralph Rouget sowie Landesvorstandsmitglied Ute Kirchhoff zurück, offenbar wegen des Streits um die Liste. Dies berichtete der Saarländische Rundfunk. Laut dem Bericht ist zudem die stellvertretende Landesvorsitzende Irina Gaydukova, die überraschend auf Listenplatz 2 zur Bundestagswahl gewählt worden war, ganz aus der Partei ausgetreten.

Sein Sieg im Kampf um Platz 1 der Landesliste schafft Probleme: Hubert Ulrich (Bündnis 90/Die Grünen) ist keine Frau. Und eine solche verlangt das Frauenstatut für Platz 1.
Sein Sieg im Kampf um Platz 1 der Landesliste schafft Probleme: Hubert Ulrich (Bündnis 90/Die Grünen) ist keine Frau. Und eine solche verlangt das Frauenstatut für Platz 1.
© Oliver Dietze/dpa

Ralph Rouget seinen Rücktritt der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Gründe dafür nannte er nicht. Zuvor hatten mehrere Medien über den Schritt berichtet. Die Co-Landesvorsitzende der Grünen, Barbara Meyer-Gluche, teilte mit, sie bedauere die Entscheidung Rougets. Der Rücktritt stehe „nicht im Zusammenhang mit unserer beider Zusammenarbeit oder unserem persönlichen Verhältnis.“

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Irina Gaydukova war in den sozialen Netzwerken massiv als inkompetent kritisiert worden, nachdem ein Video die Runde gemacht hatte, in dem sie keine Antwort auf Fragen zu bundespolitischen Themen findet.

Intervenierte im Streit der Saar-Grünen um die Wahl eines Mannes auf Platz 1 der Liste, hatte aber keinen Erfolg: Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock.
Intervenierte im Streit der Saar-Grünen um die Wahl eines Mannes auf Platz 1 der Liste, hatte aber keinen Erfolg: Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock.
© Ottmar Winter PNN

In dem zweiminütigen Videomitschnitt reagiert die Bundestagsbewerberin meist lächelnd auf drei Fragen. „Wie stehst du zur Fahrradpolitik?", heißt die erste. Die in der Ukraine geborene Gaydukova antwortet mit einer Rückfrage: „Was erwartet man von mir zu dieser Frage?“ Inhaltlich nimmt sie nicht Stellung.

Auf die Frage, wie sie soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz „sinnvoll verbinden“ wolle, erbittet sie sich Bedenkzeit: „Habe ich Zeit zum Überlegen?“. Der Moderator insistiert nicht, sondern sagt: „Vielleicht machen wir die nächste Frage.“ Die lautet, was sie vom CO2-Zertifikate-Handel halte, immerhin einem Kernthema der Grünen. Auch darauf findet die Kandidatin bis zum Ende des Videomitschnitts keine Antwort.

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Ulrich will der Kritik trotzen und an seiner Kandidatur festhalten. Er sei in einer geheimen, demokratischen Abstimmung mit Zweidrittel-Mehrheit gewählt worden und sehe keinen Grund für einen Rückzug, sagte er dem „Saarländischen Rundfunk“. Vor seiner Wahl war die Kandidatin für Platz eins der Liste, die bisherige Landeschefin Tina Schöpfer, in drei Wahlgängen durchgefallen.

Zur Qualifikation von Kandidaten sagte Parteienforscher Benjamin Höhne vom Berliner Institut für Parlamentarismusforschung dem Tagesspiegel: „Das politische Professionalitätsniveau nimmt mit einem steigenden Neuenanteil ab.“ Aufgaben von Parteien sei es, Professionalitätsanforderungen in Einklang mit Erneuerungsbestrebungen zu bringen. Auch bei den Grünen habe bei der Listenaufstellung der Regionalproporz gegenüber dem Strömungsausgleich an Bedeutung gewonnen.

Die ebenfalls aus dem Saarland stammende Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CD) nahm Gaydukova in Schutz. „Hier wird gerade ein Mensch kaputt gemacht“, twitterte sie. Deren Auftritt sei „sicher alles andere als professionell“. Aber die Reaktionen dazu im Netz finde sie „noch unprofessioneller und beschämend".

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