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Annalena Baerbock will Kanzlerin werden.
© Bernd von Jutrczenka/dpa

„Haben uns das anders gewünscht“: Baerbock sauer – Mann als Grünen-Spitzenkandidat im Saarland gewählt

Der Parteitag der Grünen hat Hubert Ulrich auf Platz 1 der Landesliste im Saarland gesetzt. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock kündigt Konsequenzen an.

Die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat deutliche Kritik an der Aufstellung der Bundestagskandidaten ihrer Partei im Saarland geübt. Nach der Wahl des früheren Landesparteichefs Hubert Ulrich auf Platz eins der Landesliste sagte Baerbock am Montag in Berlin: "Wir haben uns das anders gewünscht."

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Ulrich hatte sich auf einem Landesparteitag am Sonntag als Spitzenkandidat durchgesetzt, nachdem die inzwischen abgelöste Landesvorsitzende Tina Schöpfer mehrfach durchgefallen war. Ulrich setzte sich schließlich gegen die Vorsitzende der Grünen Jugend im Saarland, Jeanne Dillschneider, durch. Dass ein Mann nun die Landesliste anführt, verstößt nach Ansicht vieler Kritiker gegen das Frauenstatut der Grünen. Dieses schreibt eigentlich eine Frau an der Spitze vor.

Die Angelegenheit wurde nach Baerbocks Angaben am Montag auch im Bundesvorstand besprochen. Darüber werde Bundesgeschäftsführer Michael Kellner mit dem saarländischen Landesverband noch "im intensiven Austausch sein", kündigte die Bundesvorsitzende der Grünen an.

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Befürchtet wird zudem, dass die Wahl Ulrichs juristisch angefochten werden könnte. "Wir sind schockiert über die Art und Weise, wie sich über das Frauenstatut der Grünen hinweggesetzt worden ist und sehen hier eklatante Satzungsverstöße", erklärte Dillschneider auf Facebook. Nach ihrer Überzeugung wurde "willentlich in Kauf genommen, möglicherweise keine gültige Liste einreichen zu können".

Teile der Saarland-Grünen appellieren an Baerbock und den Bundesvorstand

Auch ein Bündnis innerhalb der saarländischen Grünen hat die Aufstellung der Bundestagskandidaten der Partei im Land kritisiert. Diese sei ein "eklatanter Verstoß gegen die Satzung", erklärte das "Grüne Bündnis Saar" am Dienstag.

Der Sitzungsleiter habe verhindert, dass keine weiteren Frauen ohne männliche Konkurrenten auf dem ersten Listenplatz kandidieren konnten, kritisierte das Bündnis. Das "offensichtliche und rücksichtslose Hinwegsetzen über das Frauenstatut" sei weder für die Grünen im Saarland noch für den Bundesverband hinnehmbar.

Bundesgeschäftsführer Michael Kellner habe zu Beginn des Parteitages ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die ungeraden Listenplätze Frauen vorbehalten seien und dass der Bundesverband die Einhaltung des Frauenstatuts erwarte. Dass unter Verletzung von Satzungs- und Wahlrecht mit Ulrich ein Mann auf dem ersten Listenplatz stehe, sei ein Affront gegenüber dem gesamten Bundesvorstand.

Die saarländische Initiative forderte vom Bundesvorstand, den Vorfall nicht auf sich beruhen zu lassen. Ulrich habe "jedes politische Gespür verloren und sich über sämtliche grünen Schamgrenzen hinweggesetzt". Das Bündnis kündigte an, gegen die Listenaufstellung "alle innerparteilichen Möglichkeiten" auszuschöpfen.

Es sei zu befürchten, dass einige Mitglieder die Partei aufgrund des Vorfalls verlassen könnten. Das Bündnis rief dazu auf, in der Partei zu bleiben und Gegendruck aufzubauen. Die innerparteiliche Opposition müsse sich vernetzen. Das "Grüne Bündnis Saar" setzt sich aus knapp 50 Einzelpersonen aus verschiedenen Ortsgruppen sowie mehreren grünen Gruppen zusammen.

Ulrich ist bei den Grünen seit jeher umstritten, weil sich der Landesverband unter seiner Führung im Jahr 2009 für eine Jamaika-Koalition an der Saar ausgesprochen hatte, obwohl rechnerisch damals auch Ro-Rot-Grün möglich gewesen wäre. (AFP)

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