zum Hauptinhalt
Es ist kein Geheimnis, dass es mancherorts an der CDU-Basis brodelt.
© AFP

Sondierungen: CDU-Rebellen wollen Basis über Groko abstimmen lassen

Konservative Rebellen in der CDU finden, die Partei sei zu weit nach links gerückt. Über einen Koalitionsvertrag mit der SPD, so fordern sie, müssten auch bei der CDU die Mitglieder entscheiden.

Inhaltsleer. Links der Mitte. Praktisch nur noch ein Anhängsel des Kanzleramts. Wenn der Baden-Württemberger Alexander Mitsch darüber spricht, was mit der CDU derzeit falsch läuft, dann fällt seine Antwort lang aus. Sehr lang. Dabei ist Mitsch seit 32 Jahren in der CDU, hat früher einen Bezirksverband der Jungen Union geführt, sitzt immer noch in zwei Kreisvorständen. Trotzdem hat er kein Problem damit, mitten in die Sondierungen hinein Sätze zu sagen wie: „Die Partei braucht eine personelle Erneuerung, einen anderen Parteivorsitzenden.“ Oder: „Merkel sollte im Fall von Neuwahlen nicht noch einmal als Kanzlerkandidatin antreten.“

Würde ein hochrangiger CDU-Funktionär solche Sätze sagen, es wäre ein politisches Beben. Von Mitsch sind die Parteikollegen solche Äußerungen mittlerweile gewohnt: Mitsch ist der Anführer einer kleinen, konservativen Rebellion in der CDU. Einem Zusammenschluss von Merkel-Kritikern und solchen, denen die Partei zu weit nach links gerückt ist.

Im März 2017 gegründet ist die Werteunion ein Dachverband verschiedener Mitgliederinitiativen innerhalb von CDU und CSU. Während sich im bekannten Berliner Kreis konservative Funktionäre aus Bund- und Ländern zusammengeschlossen haben, ist die Werteunion vor allem eine Basisbewegung. Momentan kommen die verschiedenen Initiativen in den Ländern insgesamt auf mehrere tausend Mitglieder – verglichen mit den knapp 430 000 CDU-Mitgliedern ist das nicht viel. Doch Mitsch berichtet von einem schnellen Wachstum. Die Werteunion gebe denen ein politisches Zuhause, die mit dem derzeitigen Kurs ihrer Partei unzufrieden seien.

Austrittswelle im Falle einer erneuten GroKo?

Dass es an der CDU-Basis mancherorts brodelt, ist kein Geheimnis. Einer im vergangenen Dezember veröffentlichten Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zufolge sieht sich mehr als die Hälfte der CDU-Mitglieder rechts von ihrer eigenen Partei. In Sachsen, wo die AfD bei der Bundestagswahl knapp vor der CDU gelandet war, war die Kritik an Angela Merkel im Herbst besonders laut. In Baden-Württemberg rechnete der dortige Generalsekretär Manuel Hagel in einem Papier mit der Asylpolitik der Kanzlerin ab. Von Frust unter den Mitgliedern war dazu die Rede. Und auch Parteirebell Mitsch beschreibt die Stimmung an der Basis in Baden-Württemberg als schlecht. Viele Konservative fühlten sich entwurzelt. „Ich kenne einige, die sagen: Wenn nochmal eine Groko kommt, dann ist für mich bei der CDU Schluss.“ Die CDU leide besonders seit der „missglückten Einwanderungspolitik“ unter Austritten. „Eine erneute Groko würde diesen Trend noch verstärken.“

Alexander Mitsch (CDU), Vorsitzender der Werteunion.
Alexander Mitsch (CDU), Vorsitzender der Werteunion.
© picture alliance / Uli Deck/dpa

Einige CDU-Konservative fordern nun, die Basis solle in eine Entscheidung über eine große Koalition miteinbezogen werden. Die Mitglieder müssten über einen möglichen Koalitionsvertrag mit der SPD abstimmen dürfen, sagt Werteunions-Vorsitzender Mitsch. Es müsse – wie in der SPD – einen Mitgliederentscheid geben.

„CDU hat Personalpolitik fast schon sträflich vernachlässigt“

Für mehr Mitbestimmung spricht sich auch Sascha Ott aus. Er ist stellvertretender CDU-Landeschef in Mecklenburg-Vorpommern und dortiger Vorsitzender des Konservativen Kreises der CDU. Ott befürwortet nach den Koalitionsverhandlungen mit der SPD einen CDU-Sonderparteitag. Ähnlich hatte sich zu Zeiten der Jamaika-Sondierungen die Junge Union geäußert. Auch sie forderte einen Sonderparteitag, der über einen schwarz-gelb-grünen Koalitionsvertrag hätte abstimmen sollen.

Ott hält nun, anders als Merkel, auch eine Minderheitsregierung für eine „ernst zu nehmende Option“. Die CDU hätte dann die Chance, zu zeigen, wofür sie stehe. „Das ist ja gar nicht mehr so einfach zu erkennen.“ Auch er erlebe, dass vielen Wählern ihre politische Heimat genommen worden sei, weil der konservative Flügel in der CDU außen vor gelassen worden sei. Ott zählt zwar nicht zu denen, die nun fordern, Merkel müsse abdanken. „Wir tun in der derzeitigen Situation gut daran, Frau Merkel weiter zu unterstützen. Sie ist zur Zeit die einzig wählbare Kanzlerin.“ Dennoch glaubt auch Ott, die CDU müsse eruieren, wie sie sich im Hinblick auf den künftigen Parteivorsitz aufstelle. „Die CDU hat Personalpolitik fast schon sträflich vernachlässigt.“

Der Tagesspiegel kooperiert mit dem Umfrageinstitut Civey. Wenn Sie sich registrieren, tragen Sie zu besseren Ergebnissen bei. Mehr Informationen hier. 

Zur Startseite