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CDU-Politikerinnen Steinbach, Merkel 2012 bei einem Vertriebenen-Kongress
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Vor Wahl in Sachsen: CDU debattiert über Bündnis mit AfD

Die CDU kann die Debatte über mögliche Regierungsbündnisse mit der AfD in den ostdeutschen Ländern nicht eindämmen. "Man sollte bei Koalitionsfragen niemals nie sagen", riet die Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach.

Trotz eines Machtwortes der Bundesführung diskutiert die CDU weiter über eine Zusammenarbeit mit der AfD. Die hessische CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach riet ihrer Partei, die AfD als Koalitionspartner nicht grundsätzlich auszuschließen. Der "Welt" sagte Steinbach: "Parteien ändern sich. Man sollte bei Koalitionsfragen niemals nie sagen." Die Politikerin stellte sich damit ausdrücklich gegen ihre Bundespartei, die versichert hatte, es werde keine Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen Partei geben.

Die AfD könnte in Sachsen, wo an diesem Sonntag gewählt wird, erstmals in ein Landesparlament gewählt werden - in Umfragen lag sie zuletzt stabil bei sieben Prozent. In Thüringen wird spekuliert, die CDU könnte bei der Landtagswahl am 14. September Interesse an einem Einzug der AfD ins Landesparlament haben, um so eine rot-rote Mehrheit rechnerisch zu verhindern.

Am Dienstag hatte sich der CDU-Bundesvorstand mit dem Thema befasst und versichert, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben werde. "Das gilt für den Bund und die Länder", erklärte Generalsekretär Peter Tauber. Am Mittwochabend hatte Parteichefin Angela Merkel diese Linie bekräftigt. Bei einer Diskussionsveranstaltung des Magazins "Cicero" verwies sie auf die entsprechenden Beschlüsse ihrer Partei, wonach Koalitionen mit der AfD "nicht in Frage" kämen.

Steinbach bezog sich bei ihrer Einschätzung dagegen auf die Erfahrungen mit den Grünen. Ob die AfD jetzt koalitionsreif sei, lasse sich noch nicht berurteilen. Bei den Grünen sei dies ähnlich, da sie auch nicht überall in Deutschland koalitionsreif seien. Sie fügte hinzu, die AfD habe "einige vernünftige Vertreter wie Alexander Gauland, der bei der CDU früher eher zum linken Flügel der Partei gehörte". Die langjährige Präsidentin des Bundes der Vertriebenen warnte davor, die AfD "einfach pauschal als rechts außen zu bezeichnen". Dies sei "sicher nicht richtig".

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck reagierte empört. "Steinbach spricht aus, was CDU in Sachsen überlegt", schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. Und: "Vom Standpunkt von Steinbach aus gesehen, ist AfD nicht rechtsaußen, sondern gleich rechts neben ihr."

AfD Wahlkampf in Sachsen - populistische Chaostruppe?
AfD Wahlkampf in Sachsen - populistische Chaostruppe?
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In Sachsen hatte die CDU - Ministerpräsident Stanislaw Tillich als Spitzenkandidat und der CDU-Fraktionschef im Landtag, Steffen Flath, eingeschlossen - auf eine Absage an ein Bündnis mit der AfD verzichtet und nur Koalitionen mit der rechtsextremistischen NPD und der Linkspartei explizit ausgeschlossen. Im Juni etwa sagte Tillich in einem Doppel-Interview, das die "Zeit" mit ihm und seinem brandenburgischen Amtskollegen Dietmar Woidke (SPD) führte: "Ich kenne die AfD-Leute nicht." Und: "Linke und NPD schließen wir aus, alles andere wartet bis nach der Wahl."

Die Strategie der Sachsen-CDU sei "töricht" und "gefährlich", kommentierte die "Zeit" dieser Tage: "Tillich wertet die AfD damit in einer Weise auf, wie das bislang in keinem Bundesland passiert ist."

Im Landesverband in der Minderheit blieben CDU-Politiker wie der Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz, die stets für eine klare Absage an die AfD plädiert hatten. Wanderwitz nannte die AfD eine "populistische Chaostruppe".

CDU-Generalsekretär Peter Tauber erklärte auf Tagesspiegel-Anfrage, ob der Beschluss der Bundespartei bindend für die Landesebene sei und wie sich Tillich und Flath dazu verhalten: "Tillich ist Mitglied im Präsidium. Damit ist Ihre Frage wohl beantwortet."

Vor der Wortmeldung von Steinbach hatte es allerdings auch aus Sachsen Widerworte zum Beschluss des CDU-Bundesvorstandes gegeben. "Sollen Sie fordern; wir entscheiden selbst", schrieb der Landtagsabgeordnete Sebastian Fischer auf Twitter nach dem CDU-Bundesvorstandsbeschluss. Und: "Auch wir haben Selbstbestimmungsrecht - schließlich unser Sachsen."

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