Asyl-Affäre: Bundespolizei soll in Bamf-Skandal ermitteln
Die Affäre um die Bremer Außenstelle des Bamf bekommt eine neue Wendung: Nun soll auch die Bundespolizei in die Ermittlungen einsteigen.
Die Ermittlungen im Skandal um das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) werden ausgeweitet. Angesichts der strafrechtlichen Ermittlungen bezüglich der Bremer Außenstelle sei eine gemeinsame Ermittlungsgruppe der Zentralen Antikorruptionsstelle und des Landeskriminalamtes Bremen mit Unterstützung der Bundespolizei geplant, teilte der Bremer Senat am Freitag mit.
Im April war bekannt geworden, dass in Bremen mehr als 1.100 positive Asylbescheide ohne Rechtsgrundlage ergangen sein sollen. Eine interne Untersuchung des Bundesamts kam zu dem Ergebnis, dass in Bremen überdurchschnittlich häufig unplausible Entscheidungen getroffen wurden. Das Bundesamt hatte in der vergangenen Woche umfangreiche Überprüfungen angekündigt. Unter anderem sollen alle seit 2000 dort erteilten positiven Asylbescheide erneut geprüft werden. Insgesamt sind das rund 18.000 Verfahren. Auch weitere Außenstellen, deren Schutzquoten weit vom Durchschnitt abweichen, werden untersucht.
Außerdem laufen derzeit Ermittlungen gegen die frühere Leiterin der Behörde in Bremen und fünf weitere Beschuldigte. Sie werden von der Staatsanwaltschaft Bremen geleitet. In der Affäre ist auch Bamf-Chefin Jutta Cordt unter Druck geraten. Am Freitag teilte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth mit, sie habe eine Anzeige gegen Cordt an die Ermittlungsbehörde in Bremen weitergegeben. Forderungen nach einer Abberufung der Präsidentin der Flüchtlingsbehörde hat das Ministerium zurückgewiesen. Am Dienstag sollen Seehofer und Cordt im Innenausschuss des Bundestages befragt werden.
In der Hansestadt hatten sich am Freitag der Staatsrat der Bremer Innenbehörde, Thomas Ehmke, unter anderem mit Staatssekretär Helmut Teichmann aus dem Bundesinnenministerium und Bamf-Präsidentin Cordt getroffen. Die Gesprächspartner hätten ein großes gemeinsames Interesse an einer schnellen und umfassenden Aufklärung der Vorfälle, hieß es. Der Bamf-Standort in Bremen darf bis zum Abschluss der Ermittlungen gegen die frühere Leiterin der Außenstelle keine weiteren Asylentscheide mehr erstellen. Dieses Verbot hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ausgesprochen, zudem sollen Tausende Asylbescheide der Bremer Behörde überprüft werden.
FDP-Chef Lindner will Untersuchungsausschuss
Christian Lindner, Chef der FDP, fordert von den Grünen die Zustimmung zu einem Bundestags-Untersuchungsausschuss zur Bamf-Affäre. Er schlage den Grünen Gespräche über den Untersuchungsauftrag vor, sagte Lindner am Freitag dem "Spiegel". "Es kann nicht sein, dass die Grünen zu den Chefverteidigern von Angela Merkel und den Herren Altmaier, Seehofer und de Maiziere werden", fügte er hinzu. Die Vorgänge im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) würfen ein Schlaglicht auf die gesamte Flüchtlingspolitik der vergangenen vier Jahre, sagte Lindner. "Die eine Hand weiß bis heute nicht, was die andere tut."
Beim Bamf gebe nicht nur in der Außenstelle Bremen gravierende Mängel, sagte Lindner am Freitag. Die FDP wolle mit einem Untersuchungsausschuss die politische Lage beruhigen und Vertrauen in den Rechtsstaat wiederherstellen. Der FDP-Vorsitzende widersprach der Einschätzung, die AfD könne den Ausschuss für eine Abrechnung mit der Flüchtlingspolitik missbrauchen. Das Gegenteil sei der Fall. Durch Aufklärung anhand von Fakten, durch Konsequenzen für die Zukunft und die Zuordnung politischer Verantwortung entziehe man einer autoritären Partei wie der AfD die politische Grundlage. "Auch die Grünen müssten ein Interesse daran haben, die Scharfmacher zu stellen", sagte Lindner.
Die Grünen würden sich gegen einen zuerst von der FDP geforderten Untersuchungsausschuss zu den Unregelmäßigkeiten beim Bamf nicht sperren. In der Linkspartei besteht noch keine Einigkeit. Die AfD hätte gerne einen Ausschuss, der die aus ihrer Sicht unrechtmäßige Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) insgesamt durchleuchtet. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich offen für einen Ausschuss gezeigt, der wohl in erster Linie Vorkommnisse aus der Amtszeit seines Amtsvorgängers Thomas de Maizière (CDU) in den Blick nehmen würde.
CSU weist Kritik zurück
Zuletzt wurde auch Kritik an Seehofer laut: SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte, die Öffentlichkeit habe ein Interesse daran zu erfahren, wie es zu solchen Zuständen kommen konnte. „Seehofer hat diese Antworten bisher nicht gegeben.CSU-Generalsekretär Markus Blume wies Kritik seines SPD-Kollegen an Seehofer zurück. „Ist der SPD-Generalsekretär noch ganz bei Trost?“ Seehofer habe drei Jahre lang vor den Auswirkungen der Flüchtlingskrise gewarnt. „Es ist geradezu absurd, ihm nun mangelnden Aufklärungswillen vorzuwerfen“, sagte Blume der „Passauer Neuen Presse“. “
Der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor wies Forderungen aus der Opposition nach der Einrichtung eines solchen Gremiums zurück. Die Union wolle „eine sachliche und schnelle Lösung, während die Opposition eine langfristige Verknüpfung mit der Bayern-Wahl zu ihren Gunsten will“, sagte Amthor „Focus Online“. „Das wird aber dem Bamf, seinen Mitarbeitern und den bestehenden Problemen nicht gerecht, die kurzfristig gelöst werden müssen.“
Auch Bertold Reetz von der Inneren Mission in Bremen, die neun Flüchtlingsunterkünfte im kleinsten Bundesland betreibt, forderte eine Aufklärung der Affäre. „Es ist wichtig, dass es beim Bamf korrekt zugeht“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Reetz mahnte aber auch, die Affäre dürfe nicht auf dem Rücken der Flüchtlinge ausgetragen werden. Marc Millies vom Bremer Flüchtlingsrat berichtete, der Skandal verunsichere viele Geflüchtete. „Sie haben Angst davor, dass sich ihr Aufenthaltsstatus ändert oder ihnen eine Abschiebung droht.“
Dass die Bremer Bamf-Außenstelle auf Anordnung des Innenministeriums bis auf weiteres keine Asylbescheide mehr ausstellen darf, bezeichnete Reetz als „Irrsinn“. „Die Verfahren werden sich erheblich verzögern.“ Die Asylsuchenden in Bremen müssen in der nächsten Zeit nach Angaben des Bamf in das etwa 80 Kilometer entfernte Ankunftszentrum in Bad Fallingbostel fahren. Busse sollen sie dorthin bringen. (AFP,dpa,Reuters)
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