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Ärgert sich über die Autoindustrie: Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier.
© Boris Roessler/dpa

Heftige Kritik wegen Dieselskandal: Bouffier nennt Angebote der Autoindustrie "indiskutabel"

Hessens Regierungschef Bouffier beharrt darauf, dass "Dieselfahrer nicht die Dummen sind" - und die Autohersteller den angerichteten Schaden bezahlen.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier hat die Weigerung der Autohersteller, für den Schaden durch den Dieselbetrug aufzukommen, scharf kritisiert. „Was die Autoindustrie bisher angeboten hat, ist indiskutabel“, sagte Bouffier im Interview mit dem „Tagesspiegel am Sonntag“. Wenn VW in den USA 13 Milliarden Euro zahle, „damit keiner von ihnen ins Gefängnis wandert, dann können sie hier nicht mit irgendwelchem Wenn und Aber kommen“. Er gehe davon aus und dränge auch darauf, dass die Bundesregierung weiter massiv auf die Hersteller einwirke. „Am Ende muss aber eine Lösung her, bei der die Dieselfahrer nicht die Dummen sind.“

Bouffier warnte die Autoindustrie, ihr Renommee bei den Kunden zu verspielen. „Die wichtigste Währung in der Wirtschaft ist am Ende das Vertrauen“, sagte der CDU-Politiker. Firmen, die sich bei der Entschädigung für den Dieselbetrug „bockig“ anstellten, könnten viel verlieren. „Ob ihre Marke dann noch hoch gehandelt wird, ist fraglich.“

Auf die Frage nach den Auswirkungen des unergiebigen Gerangels mit der Autoindustrie auf die hessische Landtagswahl in drei Wochen sagte Bouffier: „Das hilft sicher nicht.“ Gleichzeitig zeigte sich der Ministerpräsident zuversichtlich, Fahrverbote für Frankfurt/Main verhindern zu können. „Dafür tue ich alles“, sagte er. Durch den Dieselgipfel sei schon mal die Nachrüstung aller Kommunalfahrzeuge sowie der Fahrzeuge von Handwerks- und Lieferbetrieben gesichert - „ein großer Brocken“. Des weiteren werde man sich darum bemühen, für Frankfurt „eine bessere Verkehrslenkung hinzubekommen“.

Schwarz-Grün auch in Bayern?

Für Bayern kann sich Bouffier nach der Landtagswahl am nächsten Sonntag auch eine schwarz-grüne Koalition vorstellen. Zwar wäre der Weg dahin für beide Seiten weit und ein solches Regierungsbündnis für den Freistaat eine „kulturelle Revolution“, sagte er. Für ausgeschlossen halte er ein solches Bündnis dort aber nicht.

In Hessen habe die Koalition mit den Grünen „bestens funktioniert“, berichtete der Ministerpräsident. „Meine Erfahrung ist: Man kann in einem Land mit den Grünen erfolgreich regieren und trotzdem seine Position als Unionspartei erkennbar halten“, sagte er. Man habe trotz aller Unterschiede nicht nur fünf Jahre zusammengehalten, sondern sei auch sehr erfolgreich gewesen – „ohne Krach, ohne Krawall und ständige Krisensitzungen“. Das Wichtigste im Umgang miteinander sei Verlässlichkeit gewesen. „Wir haben uns von Anfang an respektiert. Und nie die Unterschiede gesucht, um in gegensätzliche Richtungen zu laufen.“ Außerdem habe sich keiner inhaltlich verbiegen müssen.

In Hessen wird am 28. Oktober ein neuer Landtag gewählt – zwei Wochen nach Bayern. Dass die CDU in den Umfragen auf unter 30 Prozent gerutscht ist, führt Bouffier nicht auf Unzufriedenheit mit der hessischen Landespolitik zurück. Man erlebe „die eigenartige Situation, dass Landesthemen bei dieser Wahl so gut wie keine Rolle spielen“, sagte der Ministerpräsident. Alles werde „überlagert von der Berliner Politik“. Allerdings rechne er damit, noch zulegen zu können. „Jeder zweite Wähler ist noch unentschieden“, sagte Bouffier. „Da ist noch unglaublich viel drin.“

"Wir sollten die SPD nicht imitieren"

Bei der Wiederwahl von Angela Merkel als CDU-Vorsitzende beim Parteitag im Dezember rechnet der stellvertretende Vorsitzende der Bundes-CDU mit "klarer Zustimmung“ durch die Parteimitglieder. „Wir täten uns keinen Gefallen, die gleiche Diskussion anzufangen wie die SPD“, sagte Bouffier. Die Sozialdemokraten seien seit einem Jahr ununterbrochen mit ihrer Erneuerung beschäftigt. Und sie kämen in eineinhalb Jahren bereits auf drei Parteivorsitzende. „Dass das ein Erfolgsrezept ist, wird keiner behaupten. Wir sollten das nicht imitieren.“

Der Parteitag werde „ziemlich unspektakulär verlaufen“, prophezeite Bouffier. Die meisten Parteimitglieder wollten „kein weiteres Durcheinander der Bundespartei“. Sie wollten „jetzt auch mal stolz sein und sich nicht dauernd für ihr Mitgliedsbuch entschuldigen“.

Er sei auch „überzeugt, dass Kanzlerschaft und Parteivorsitz in eine Hand gehören“, sagte der CDU-Vize. Und die aktuellen Krisen in Europa und der Weltpolitik seien „nur zu bewältigen mit großer Erfahrung und dem Vertrauen, das die Kanzlerin überall genießt“. In einer Welt, die so durcheinander geraten sei und in der es „keine Halteseile mehr zu geben scheint“, brauche es einen klaren Kurs.

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