Trump beendet Blockade: Bidens Neustart kann beginnen
Trump ermöglicht seinen Regierungsbehörden eine Zusammenarbeit mit dem Übergangsteam von Biden. Dessen erste Personalentscheidungen versprechen einen Neuanfang.
Der Anfang vom Ende hat begonnen. Damit ist es nun Zeit für etwas Neues. Fast drei Wochen lang hat der Wahlverlierer Donald Trump versucht, seine sich immer deutlicher abzeichnende Niederlage zu ignorieren und die Übergabe der Macht zu blockieren. Er wütete, klagte und setzte Parteifreunde in den Bundesstaaten unter Druck, dass sie die Auszählung der Wahlzettel stoppen oder wahlweise neu starten sollten.
Doch nachdem ein Staat nach dem anderen den Demokraten Joe Biden zum Sieger erklärt hatte, zuletzt der wichtige „Swing State“ Pennsylvania am Dienstag, lenkte der Präsident ein: Am Montagabend erlaubte er es der zuständigen Behörde, die „Transition“ einzuleiten. Damit können Regierungsmitarbeiter mit Bidens Übergangsteam zusammenarbeiten, der am 20. Januar 2021 zum 46. US-Präsidenten gewählt werden soll. Sein Team hat nun auch Zugriff auf nötige Finanzmittel.
Dass Trump noch offiziell seine Niederlage eingestehen und seinem Nachfolger gratulieren wird, erwarten die wenigsten. Es scheint Biden aber auch nicht weiter zu stören. Der „President-elect“, wie sein offizieller Titel bis zur Amtseinführung lautet, und sein Team arbeiten bereits effizient und routiniert auf die Übernahme der Amtsgeschäfte hin. Dazu gehört zuvorderst das Zusammenstellen einer Regierungsmannschaft. Am Dienstag präsentierte Biden erste wichtige Personalentscheidungen.
„Amerika ist zurück, bereit, die Welt anzuführen, nicht, sich länger von ihr zurückzuziehen“, sagte Biden bei einer Pressekonferenz in seinem Wohnort Wilmington im Bundesstaat Delaware. Aber die USA würden künftig durch die „Macht unseres Vorbilds“ führen. Darum habe man die respektiertesten und qualifiziertesten Persönlichkeiten zusammengebracht. „Sie verkörpern meine tiefe Überzeugung, dass Amerika am stärksten ist, wenn es mit seinen Partnern zusammenarbeitet“, sagte der 78-Jährige.
Viele Vertraute und frühere Mitarbeiter
Deutlich wurde, dass Biden auf Vertraute und Mitarbeiter aus seiner Zeit als Barack Obamas Vizepräsident sowie auf Vielfalt setzt. Und auf ein klares Kontrastprogramm zur Trump-Administration. So soll sein langjähriger Vertrauter Antony Blinken Außenminister werden. Der frühere Außenminister John Kerry soll als Klimabeauftragter eine wichtige Rolle einnehmen und die herausgehobene Bedeutung des Themas unterstreichen. Der 43-jährige Jake Sullivan ist als Nationaler Sicherheitsberater vorgesehen. Er war bereits Bidens Sicherheitsberater in dessen Zeit als Vizepräsident und arbeitete dann unter Außenministerin Hillary Clinton.
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Vor allem diese drei Personalien wurden international sehr begrüßt, stehen sie doch für Bidens Bekenntnis zur multilateralen Zusammenarbeit besonders in Krisenzeiten. Blinken, der besonders gut in Europa bekannt und vernetzt ist, warb für multilaterale Kooperation und Diplomatie – etwas, was die bisherige Regierung sehr gering achtete. Der 58-Jährige war einer der Architekten des internationalen Atomabkommens mit dem Iran, das Trump im Mai 2018 gegen den Widerstand der Europäer aufkündigte. Wie die neue Regierung sich hier verhalten wird, ist noch offen.
Kerry begrüßte die Ankündigung, dass Biden schnell wieder dem Pariser Klimaabkommen beitreten wolle. Alle Nationen müssten schnell zusammenkommen und handeln oder sie würden gemeinsam verlieren, sagte er am Dienstag. Die Schöpfung müsse bewahrt werden. Mit einem Seitenhieb auf Trump sagte er aber auch, Biden werde nicht nur an Gott, sondern auch an die Wissenschaft glauben.
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Für mehr Vielfalt und eine deutliche Abkehr von der Trump-Doktrin „America First“ stehen auch weitere Personalentscheidungen. So soll der in Kuba geborene Alejandro Mayorkas als erster Latino das Amt des Heimatschutzministers übernehmen – ein starker Gegensatz zur Trump- Regierung, die den Bau einer Mauer an der US-Südgrenze vorantrieb und Kinder von ihren Eltern trennte, die sie dann zeitweise in Käfigen unterbrachte. Mayorkas erklärte, er werde „Tag und Nacht“ dafür arbeiten, seinem Land zu dienen und sich seinen Eltern würdig zu erweisen.
Erstmals ist zudem eine Frau als oberste Geheimdienstkoordinatorin vorgesehen: die frühere Vizechefin des Auslandsgeheimdienstes CIA, Avril Haines (51).Mit Linda Thomas-Greenfield soll eine erfahrene Diplomatin US-Botschafterin bei den UN werden. Die 68-jährige Afroamerikanerin war Obamas Staatssekretärin für Afrika-Angelegenheiten. Unter Trump, der wenig von internationalen Organisationen hält, wurde dieser Posten eher mit UN-Skeptikern besetzt.
Übereinstimmenden Medienberichten zufolge will Biden zudem Janet Yellen als erste Frau an die Spitze des Finanzministeriums setzen. Die 74-Jährige hatte schon 2014 als erste Frau die Leitung der Notenbank Fed übernommen, wo sie für eine lockere Geldpolitik eintrat, um Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zu fördern. Als Trump ihr eine zweite Amtszeit verwehrte, verließ sie Anfang 2018 die Fed. Nun müsste sie die riesige Aufgabe bewältigen, die USA aus der schweren Wirtschaftskrise zu führen
Der Senat hat das letzte Wort
Alle künftigen Regierungsmitglieder müssen noch vom Senat abgesegnet werden. Dort haben noch Trumps Republikaner die Mehrheit. Nach der Stichwahl in Georgia am 5. Januar könnte sich das ändern. Behalten die Republikaner aber die Macht, wird Biden den einen oder anderen Kompromiss schließen müssen. Immer wieder heißt es, dass er einen Republikaner in sein Kabinett berufen könnte, als Zeichen, dass er es ernst meint mit seinem Wunsch, die Spaltung des Landes zu überwinden. Dafür kämen noch einige Posten infrage: Insgesamt hat der Senat gut 1200 Personalien zu bestätigen.
Dass der Übergangsprozess nun offiziell beginnen kann, ist ein wichtiger Schritt. Denn ein Vakuum an der Spitze der Supermacht USA ist gefährlich. Der neue Präsident muss vom ersten Tag an voll einsatzbereit sein. Als Oberbefehlshaber der Streitkräfte hat er die Verantwortung für gut 1,3 Millionen Soldaten und verfügt über die Codes, um im Notfall den Einsatz von Atomwaffen zu genehmigen.
Juliane Schäuble