Parteitag der Grünen: Bewerbung der grünen "Rampensäue"
Auf dem kleinen Parteitag haben die Grünen den Startschuss für die Urwahl gegeben. Die Parteimitglieder sollen entscheiden, wer die Partei in die Bundestagswahl führt.
„Ich finde, die Jungs machen es uns echt schwer“, sagt Sylvia Löhrmann, als sie auf dem kleinen Parteitag der Grünen ans Mikrophon tritt. Die drei grünen Männer, die sich um die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl 2017 bewerben, haben gerade ihre Reden gehalten. Alle drei seien „wählbar“, lobt die stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin. Doch wer das Rennen machen wird, bleibt vorerst offen.
Die Grünen haben am Samstag den Startschuss für die Urwahl gegeben: In den nächsten Monaten sollen die knapp 60.000 Mitglieder entscheiden, welches Duo die Partei in die Wahl führen wird. Mit Parteichef Cem Özdemir, Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter und dem Kieler Umweltminister Robert Habeck gehen gleich drei prominente Grünen-Politiker ins Rennen. Bei den Frauen ist bisher Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt die einzig aussichtsreiche Kandidatin.
Zwischen Stadionfeeling und Modenschau
Der Auftritt beim Länderrat ist ein erster Stimmungstest für die Bewerber. Doch der Applaus der rund 60 Delegierten sagt noch nichts aus über die Chancen an der Basis, zumal die oft anders tickt als die Funktionäre. Eine erste Bewährungsprobe für die Kandidaten ist die Bühne, die Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sich ausgedacht hat: Die Redner stehen mitten drin, die Zuhörer sitzen im Hufeisen drum herum. Irgendwas zwischen Stadionfeeling und Modenschau, wie ein Delegierter findet. Und ein Test, wer das nötige „Rampensau“-Gen für den Wahlkampf hat.
Grünen-Chef Özdemir nutzt seine Rede für einen Appell an seine Partei: Gerechtigkeit werde im nächsten Wahlkampf eine zentrale Rolle spielen, verspricht er. Aber es gehe nicht primär darum, ob die Grünen nun für oder gegen die Vermögensteuer seien, mahnt er mit Blick auf die Flügelstreitigkeiten. Der Schleswig-Holsteiner Habeck wird in seiner Rede grundsätzlicher. Er fordert seine Partei auf, ein anderes Politikangebot zu machen, „habituell und auch in der Sache“. Es gehe nicht darum, „machtarithmetisch zu obsiegen, sondern gesellschaftlich mehrheitsfähig zu werden“. Dauerhaft seien für die Grünen mehr als Zehn-Prozent-Ergebnisse drin.
Kämpferisch gibt sich Fraktionschef Hofreiter – der einzige Kandidat vom linken Flügel, der für seine Warnungen vor einem erstarkenden Rechtspopulismus viel Applaus erhält.
Für Bundesgeschäftsführer Kellner bietet die Urwahl die Chance, Aufmerksamkeit für seine Partei zu erzeugen, die es ansonsten als kleinste Oppositionsfraktion im Bund schwer hat, gegen die große Koalition durchzudringen. Er will die nächsten Wochen auch nutzen, um neue Mitglieder zu werben, „Basis ist Boss“, heißt die Kampagne. Wer bis zum 4. November in der Mitglieder-Datenbank sei, dürfe über die Spitzenkandidaten mitentscheiden, sagt Kellner. An der letzten Urwahl beteiligten sich gut 60 Prozent der Grünen-Mitglieder. Auch dieses Mal hofft Kellner auf eine ähnliche rege Beteiligung.