Signal für Berliner Mietendeckel?: Bayerischer Verfassungsgerichtshof stoppt Mietenstopp-Volksbegehren
Nachdem die Initiative in Bayern gestoppt wurde, sehen sich Kritiker des Berliner Mietendeckels bestätigt. Doch SPD und Linke bleiben zuversichtlich.
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat ein Volksbegehren gegen Mieterhöhungen in Bayern gestoppt. Für das geplante Volksbegehren „#6 Jahre Mietenstopp“ gebe es keine gesetzlichen Voraussetzungen, entschieden die obersten bayerischen Verfassungsrichter am Donnerstag und bestätigten damit die Position des Landesinnenministeriums.
Die Urteilsbegründung: Der Gesetzentwurf der Initiative für einen Mietenstopp sei mit Bundesrecht unvereinbar, weil dem Landesgesetzgeber „die Gesetzgebungskompetenz fehlt“. Bereits vorhandene bundesgesetzliche Normen für das Mietrecht versperrten die Möglichkeit landesgesetzlicher Regelungen. Denn mit der Mietpreisbremse und der Kappungsgrenze habe der Bundesgesetzgeber von der ihm zustehenden „konkurrierenden Gesetzeszuständigkeit für das bürgerliche Recht“ erschöpfend Gebrauch gemacht.
Es gebe deshalb keine Möglichkeit, per Rechtsverordnung auf Landesebene „im Hinblick auf die Festlegung der zulässigen Miethöhe“ abzuweichen, heißt es im achtseitigen Urteil. Die Initiative für das Volksbegehren könne sich auch nicht auf die föderale Zuständigkeit der Bundesländer für das Wohnungswesen stützen, „weil es an einem öffentlich-rechtlichen Gesamtkonzept fehlt“. Der Entwurf, über den das Volk abstimmen sollte, sei nichts anderes als eine Verschärfung des geltenden Bundesrechts.
Der Mieterverein München hatte das Volksbegehren im Oktober 2019 gestartet. Ziel war es, für laufende Mietverhältnisse sechs Jahre Mieterhöhungen zu untersagen. Bei Wiedervermietungen und nach Modernisierungen sollte nur noch maximal die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt werden dürfen. Hinter dem Vorhaben standen unter anderem Mieterverein und Mieterbund, SPD und Linke. Sie wollten die Mieten in 162 bayerischen Kommunen für sechs Jahre einfrieren.
Bayerische Kampagne fordert nun Mietenstopp des Bundes
Kampagnenleiter Matthias Weinzierl forderte, dass nun der Bund einen Mietenstopp einführen müsse, wenn es Bayern nicht könne. „Wir haben uns mit einer Vielzahl von weiteren Initiativen aus der ganzen Bundesrepublik vernetzt, die sich auch zum Ziel gesetzt haben, den Wohnungsmarkt zu beruhigen“, sagte Weinzierl.
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„Zusammen auch mit dem Bundesverband des Deutschen Mieterbundes werden wir uns dafür einsetzen, dass die Bundesregierung dieses riesige Problem endlich angeht“, sagte Weinzierl weiter. Als nächsten Schritt solle es nun zusammen mit anderen Initiativen im Herbst einen bundesweiten Mietenstopp-Gipfel geben.
Ähnlich äußerte sich auch der Berliner Mieterverein. Die Entscheidung des bayerischen Gerichts sei „kein Präjudiz für das Bundesverfassungsgericht und schon gar nicht für den Berliner Verfassungsgerichtshof“, heißt in einer Pressemitteilung. Sollte jedoch auch der Berliner Mietendeckel gekippt werden, seien „Bundesregierung und Bundestag am Zug, endlich wirksamere Schutzinstrumente gegen Mieterhöhungen zu verabschieden.“
CDU sicher, dass Karlsruhe „den Berliner Mietendeckel kassieren wird“
Das Urteil aus Bayern gibt auch den Kritikern des bereits eingeführten Berliner Mietendeckels Auftrieb. Die CDU in der Hauptstadt sieht sich in ihrer Auffassung bestätigt, dass der Mietendeckel verfassungswidrig ist.
Diese Entscheidung gebe dem anhängigen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Berliner Mietendeckel Rückenwind, sagte der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak.
Die Auffassung von Union und FDP, die in Karlsruhe auf abstrakte Normenkontrolle klagen, werde durch das Münchener Urteil voll bestätigt. „Ein Bundesland kann keine eigenen, den bundesrechtlichen Mietgesetzen widersprechenden Regelungen erlassen“, sagte Luczak, der das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht für die Kläger koordiniert.
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Er ist sich sicher, dass Karlsruhe „den Berliner Mietendeckel kassieren wird“. Der rot-rot-grüne Senat solle die absehbare Niederlage nicht abwarten, sondern jetzt reagieren und die zweite Stufe des im Februar beschlossenen Mietgesetzes, das ab November zur Absenkung von Mieten verpflichtet, aussetzen. Auch der Berliner CDU-Landeschef Kai Wegner forderte die Koalition auf, „jetzt die Notbremse zu ziehen“. Die Entscheidung aus München habe Signalwirkung für Berlin.
SPD-Rechtspolitiker fragt nach wohnungspolitischem Konzept in Berlin
Auch der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja findet „den Fingerzeig aus München deutlich“. Diese Entscheidung schnüre dem Berliner Mietendeckel langsam die Luft ab. „Es bleibt dabei, in dieser Angelegenheit ist einzig der Bund zuständig.“
Aus der rot-rot-grünen Koalition reagierte zuerst der SPD-Rechtsexperte Sven Kohlmeier auf den Richterspruch aus München. Er sprach von einem „interessanten, durchaus klugen Urteil“. Das Bayerische Verfassungsgericht habe darauf hingewiesen, dass die nach Artikel 70 Grundgesetz vorhandene Landeszuständigkeit für das Wohnungswesen voraussetze, dass eigene Mietpreisregelungen in ein „öffentlich-rechtliches Gesamtkonzept“ eingebettet werden müssten. Es stelle sich nun die Frage, ob das Land Berlin ein solches wohnungspolitisches Konzept vorweisen könne, das verfassungsrechtlich überzeuge.
Iris Spranger, die wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, erklärte am Nachmittag: „Das Urteil ist eine schallende Ohrfeige für alle Mieterinnen und Mieter in Bayern. Es macht jedoch keinen Sinn, daraus Rückschlüsse für Berlin zu ziehen.“
Auch aus der Linken war weitere Unterstützung für den Berliner Mietendeckel zu hören. Caren Lay, die wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion im Abgeordnetenhaus erklärte in einer Pressemitteilung: „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Ob ein Mietenstopp auf Länderebene zulässig ist, wird das Bundesverfassungsgericht im Fall des Berliner Mietendeckels feststellen.“ (mit AFP, dpa)