Debatte zur Flexibilität im Strommarkt: Batteriespeicher als Beitrag zu Flexibilität und Versorgungssicherheit im Strommarkt
Durch Batteriespeicher können Erneuerbare Energien in Zukunft immer stärker zur Systemstabilität beitragen. Konventionelle Backup-Kapazität wird dementsprechend weniger benötigt, so Cordelia Thielitz (Robert Bosch GmbH). Sie fordert, im Zuge der Neugestaltung des Strommarktdesigns, die weitere Integration von Speichern voran zu treiben. Ein Debattenbeitrag.
Beitrag von Batteriespeichern
Ein steigender Anteil der volatilen Erneuerbaren Energien bei der Erzeugung sowie eine zunehmende Dezentralisierung in der Stromversorgung führen zu großen Herausforderungen im Energiesystem. Bereits heute leisten Energiespeicher einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit für Strom und Wärme. Ein System ohne Stromspeicher wäre heute kaum noch denkbar und ihre Rolle wird zukünftig besonders im Bereich der Netzstabilisierung, der Integration von Erneuerbaren und der Lastverschiebung an Bedeutung gewinnen. Der Einsatzbereich von Batteriespeichern ist sehr vielseitig. Insbesondere die Aufrechterhaltung der Netzfrequenz ist im Hinblick auf die fluktuierende Stromerzeugung ein wesentlicher Beitrag, den Stromspeicher ohne großen Aufwand leisten können. Im Vergleich zu Kraftwerken weisen Batteriespeicher eine schnellere und präzisere Regelung auf, d. h. sie können innerhalb einer Sekunde akkurat auf die momentane Frequenzabweichung reagieren.
Bisweilen waren konventionelle Kraftwerke mit ihrer so genannten Must-Run-Kapazität für die Gewährleistung der Systemstabilität verantwortlich. Diese werden nun jedoch aus klimapolitischen und ökonomischen Gesichtspunkten mehr und mehr vom Netz genommen und ein adäquater Ersatz ist unabdingbar. Indem sie Erneuerbare Energien grundlastfähig und dadurch den Einsatz konventioneller Kraftwerke mehr und mehr überflüssig machen, stellen Batteriespeicher nicht nur eine passende Alternative zu den fossilen Kraftwerken dar, sondern können darüber hinaus das Erreichen der umweltpolitischen Ziele zu großen Teilen voranbringen. Hinzu kommt die Fähigkeit, einen Ausgleich zwischen Erzeugung und Verbrauch zu schaffen, welcher eine zunehmende Flexibilisierung unseres Strommarktes ermöglicht.
Anwendungsbereiche
Der Einsatz von Speichern weist eine große Vielfalt auf. Abhängig vom jeweiligen Anwendungsfall variieren Speicherlösungen in ihrer Technologie, ihrer Kapazität und Leistung. Sowohl technische Anforderungen wie auch das wirtschaftliche Umfeld, in welchem sich der Speicher behaupten muss, sind auf die jeweilige Anwendung ausgelegt. Angefangen bei Speichern mit geringerer Kapazität, aber einer schnellen Be- und Entladezeit im Bereich von Millisekunden, welche besonders gut zur Netzstabilisierung geeignet sind, bis hin zur Speicherung großer Energiemengen über längere Zeiträume zur Überbrückung von Erzeugungspausen Erneuerbarer Energien, weisen Speicher eine große Bandbreite auf. Ein weiterer wichtiger Einsatzbereich ist die Glättung von Spitzenlastkurven sowohl in der Erzeugung, hauptsächlich verursacht durch die PV- und Wind-Einspeisung, als auch auf Seiten des Verbrauchers. Einige Anwendungen, wie beispielsweise die Erhöhung der Eigenstromversorgung durch PV-Hausspeicher sind durch Speicher überhaupt erst möglich geworden.
Handlungsbedarf
Wirtschaftlichkeit
Schon jetzt stellen Speicherlösungen ein profitables Geschäftsmodell in einigen Anwendungen dar. Die erforderliche Kostenreduktion der Technologie wird vor allem durch höhere Stückzahlen und eine gesteigerte Marktdurchdringung erreicht werden. Es muss ein technologieoffener und diskriminierungsfreier Marktzugang geschaffen werden, um diese Ziele zu erreichen.
Regulatorische Stabilität
Batteriespeicher werden zukünftig sowohl für den Einsatz im Netz als auch für Anwendungen im Strommarkt ausgelegt werden. Bei letzterem stehen sie im Wettbewerb mit anderen Flexibilitätsoptionen. Ein verlässlicher Marktzugang ist daher Grundvoraussetzung für einen fairen Wettbewerb. Dieser ist bis dato nicht gegeben.
Forschung und Entwicklung
Viele Speicherkonzepte weisen bereits ein hohes Maß an technologischer Reife auf. Trotzdem gibt es einige Speichertechnologien, welche noch ein großes Entwicklungspotenzial bergen. Um Kapazität, Leistung und Lebensdauer zu steigern und die Marktintegration zu optimieren bedarf es weiterer Unterstützung und Anreize für die Forschung, speziell für Batteriespeicher.
Energiepolitische Diskussion
Der Fokus der aktuellen energiepolitischen Diskussionen sollte auf einem systemorientierten Nutzen von Speichern für unsere Energieversorgung liegen. Das Energiesystem hat sich in den letzten Jahren bereits stark verändert. Speicher können der Hebel zu einem hochflexiblen, klimafreundlichen und versorgungssicheren System sein. Im Zuge der Neugestaltung des Strommarktdesigns (Refinanzierung von Erzeugung, Netzinfrastruktur und Anforderungen an Erneuerbare Energien) sollten auch die Weichen für die Integration von Speichern gestellt werden. Dazu zählt zum Beispiel die Öffnung der Regelenergiemärkte. Mit der aktuell zur Diskussion stehenden Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen des Regelenergiemarktes kann es gelingen, den Strommarkt im Sinne der Flexibilisierungsanforderungen eines im Wesentlichen auf Erneuerbaren Energien beruhenden Systems zu formen. Die sinnvolle regulatorische Antwort darauf sollte nicht eine Speicher diskriminierende Änderung bei den Teilnahmebedingungen für diesen Markt sein, sondern eine realistische Anpassung der sogenannten Präqualifikationsanforderungen, welche eine systemdienliche Integration von Speichen erlaubt.
Cordelia Thielitz leitet die Einheit Neues Geschäftsfeld Stationäre Energiespeicher bei der Robert Bosch GmbH und ist in Personalunion General Manager der Bosch Energy Storage Solutions LLC mit Sitz in Palo Alto, Kalifornien. Ihr Beitrag erscheint im Rahmen der Debatte des Tagesspiegel Politikmonitorings zur Flexibilität im Strommarkt. Alle Debattenbeiträge finden Sie hier.
Hermann Falk: Flexibilität als Schlüssel für das Energiesystem der Zukunft
Eva Bulling-Schröter: Gesucht wird: Verlässlicher Partner von Sonne und Wind
Alexandra Langenheld: Mehr "Flex-Efficiency" für den Strommarkt
Julia Verlinden: Die neue Energiewelt – Flexibilität im Strommarkt als Schlüssel
Hildegard Müller: Die Energiewende braucht intelligente Lösungen
Cordelia Thielitz