Debatte zur Flexibilität im Strommarkt: Flexibilität als Schlüssel für das Energiesystem der Zukunft
Es ist davon auszugehen, dass durch mehr Flexibilität die Strompreise im Mittel sinken, sagt Hermann Falk (BEE). Wichtige Bausteine dafür sind die Dynamisierung der EEG-Umlage und der Netzentgelte. Ein Debattenbeitrag.
Ökostrom liefert mittlerweile einen Anteil von rund 28 Prozent an der deutschen Stromversorgung. Doch auch wenn die Einspeisung aus den sauberen Quellen schwankt und Sonne und Wind nicht mit einem Knopfdruck angeschaltet werden können: der Sicherheit unserer Energieversorgung tut dies keinen Abbruch. Verbraucher können ebenfalls flexibel werden. Im Energiesystem wird die Wind- und Solarstromerzeugung durch Flexibilitätsoptionen und Speichertechnologien ausgeglichen. Technische Möglichkeiten gibt es bereits und Markt und Ingenieurskunst werden neue hervorbringen. Über 90 Prozent der Bundesbürger wollen einen raschen Atomaus- und den Umstieg auf erneuerbare Energien. Der Schlüssel für die moderne, dezentrale Energieversorgung aus Erneuerbaren liegt deshalb im flexiblen Design des Strommarktes.
Auf dem Weg zur Vollversorgung aus Erneuerbaren Energien ist diese Flexibilisierung die wesentliche Voraussetzung. Nur so lässt sich die Einspeisung von Strom aus schwankenden Quellen technisch gut regeln und nur so lässt sich dieser saubere Strom volkswirtschaftlich klug und effizient nutzen. Die alten Mechanismen mit stetiger Stromproduktion in Großkraftwerken passen nicht mehr in einem System, in dem es Millionen statt einiger wenigen Erzeuger gibt und die größte Menge der Energieerzeugung wetterbedingten Schwankungen unterliegt.
Um die saubere Energiegewinnung rasch und kosteneffizient weiter auszubauen, stehen bereits jetzt marktseitig mehrere Flexibilitätsoptionen zur Verfügung. Insbesondere die Regelenergiemärkte können über die Steuerung der Nachfrage gut an die veränderten Erzeugungsstrukturen angepasst werden. Für eine sichere und zuverlässige Versorgung ist daher ein Zusammenspiel von flexiblen Optionen und Anlagen die Voraussetzung.
Da die Kommunikation nicht mehr auf längere Zeit, z. B. eine Woche, im Voraus planbar ist, muss sie möglichst in Echtzeit erfolgen, damit die Akteure auf die Schwankungen der Stromerzeugung reagieren können. Die Synchronisierung von Erzeugung und Verbrauch auf der Nachfrageseite senkt Kosten und baut Markthemmnisse ab, integriert die Erneuerbaren und macht das gesamte deutsche Stromsystem flexibler und effizienter.
Unsere Studien zeigen: Die Energieerzeugung wird umso preiswerter und sicherer, je direkter Preissignale auf die Nachfrageseite einwirken. Möglich wird dies, wenn Flexibilitätshemmnisse abgebaut und ausgewählte Bestandteile des Endkundenpreises dynamisiert werden. Damit entstehen stärker schwankende Preise, die insbesondere die gewerblichen Kunden dazu veranlassen, ihre Stromnachfrage entsprechend anzupassen. In Zeiten starker Nachfrage sollen folglich die Preise erhöht und der Verbrauch damit gedämpft werden; in Zeiten geringer Nachfrage sollen die Unternehmen durch niedrige Preise zum stärkeren Verbrauch des von Wind und Sonne bereitgestellten sauberen Stroms veranlasst werden.
Der Nutzen schlägt sich nicht nur im Gesamtsystem nieder. Eine an den Signalen des Marktes angepasste Nachfrage beeinflusst ebenso die Preisstruktur am Strommarkt. Es ist davon auszugehen, dass durch mehr Flexibilität die Strompreise im Mittel sinken. Sie trägt dann auch dazu bei, die Kostenvorteile der Erneuerbaren-Stromerzeugung an den Endkunden weitergeben zu können. So bietet z.B. eine Dynamisierung der EEG-Umlage den gewerblichen Endverbrauchern die Chance, durch Anpassungen ihrer Produktion Preisvorteile zu erwirtschaften – dies ist ein wichtiger Baustein, um die Erneuerbaren Energien besser in den Markt zu integrieren. Auch dynamische Netzentgelte ermöglichen eine gezieltere Steuerung der Nachfrage, was vor allem in Engpasssituationen kostensenkend wirkt.
Dr. Hermann Falk ist Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) e. V. in Berlin. Sein Beitrag erscheint im Rahmen der Debatte des Tagesspiegel Politikmonitorings zur Flexibilität im Strommarkt. Alle Debattenbeiträge finden Sie hier.
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