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Bei einem Treffen mit ausländischen Journalisten verkündete der Außenminister Bangladeschs die Umsiedlungspläne an.
© Kevin P. Hoffmann

Flüchtlingskrise in Südostasien: Bangladesch will Rohingya auf Sumpf-Insel verschiffen

Bangladesch will bald mit der Übersiedelung von rund 100.000 Flüchtlingen der Volksgruppe der Rohingya auf eine unbewohnte Insel beginnen, die regelmäßig von Tropenstürmen getroffen wird.

1,1 Millionen Flüchtlinge von der überwiegend muslimischen Volksgruppe der Rohingya aus dem mehrheitlich buddhistischen Myanmar sind innerhalb von gut einem Jahr ins westlich angrenzende Bangladesch geflohen. Sie leben dort in weitgehend unorganisierten Camps nahe der Küstenstadt Cox Bazar - teils nur mit Plastikplanen über dem Kopf in Hütten ohne festen Boden. In wenigen Wochen sollen die ersten Geflüchteten in gemauerte Unterkünfte umziehen können. Das kündigte Bangladeschs Außenminister Abul Hassan Mahmud Ali am Samstagabend vor einer Gruppe ausländischer Journalisten in der Hauptstadt Dhaka an. 

Das Projekt umstritten, denn zum einen soll es sich nicht um klassische Wohnhäuser handeln - Ali sprach im Englischen von „Shelter“, also Schutzräumen oder Bunkern. Zum anderen liegen diese 30 Kilometer vor der bangladeschischen Küste auf einer erst vor rund 20 Jahren natürlich aufgeschwemmten Insel im Golf von Bengalen. Das bisher unbewohnte Eiland ist naturgemäß sumpfig und wird regelmäßig von tropischen Wirbelstürmen getroffen - und überschwemmt.

„Die Insel ist groß. In einem ersten Schritt wollen wir dort 100.000 Rohingya unterbringen“, sagte Ali. Die Zeit dränge, denn in etwa sechs Wochen würde die Regenzeit beginnen. Dann könnten sich die Zustände in dem bestehenden Flüchtlingscamp mutmaßlich noch einmal stark verschlimmern.

Bangladesch ist eines der dichtest besiedelten Länder der Welt

Die aus Myanmar vertriebenen Menschen könnten nicht dauerhaft in dem jetzigen Camps - und auch insgesamt nicht in Bangladesch - bleiben. „Wir sind schon jetzt zu zu dicht besiedelt. Und die Krankenhäuser, die es in der Region gibt, sind nur für die einheimischen Bevölkerung ausgelegt, sie werden aber von den Flüchtlingen in Beschlag genommen“, sagte Ali. 

Das muslimisch geprägte Entwicklungsland östlich von Indien hat rund 160 Millionen Einwohner (Deutschland 82,6 Millionen), aber nur etwas mehr als ein Drittel der Landesfläche der Bundesrepublik. Auf der Liste der Staaten mit der größten Bevölkerungsdichte liegt Bangladesch auf Platz sechs. 

Der Außenminister argumentierte am Samstag weiter, dass die Rohingya zum einen keine homogene Volksgruppe seien und zum anderen schon seit „eintausend bis zweitausend Jahren“ auf dem Territorium des Nachbarlandes Myanmar lebten - und daher dorthin zurückkehren müssten. Man sei weiter mit Myanmars Regierung unter der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi im Gespräch, komme allerdings nicht voran. Sie können sich nicht gegen die Militärs durchsetzen.

Wie die Umsiedler ausgewählt werden sollen, ist unklar

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters von Februar handelt es sich bei der Insel für die Rohingya um Bhasan Char, was übersetzt so viel wie „schwimmende Insel“ bedeutet. Dort würden chinesische und britische Firmen derzeit 1440 Behausungen für jeweils 16 Familien errichten. Diese verfügten über Solaranlagen, da die unbewohnte Insel nicht an das Stromnetz des Landes angeschlossen ist. Zudem gebe es einen Hubschrauberlandeplatz. Zudem werde ein mehrere Kilometer langer Deich aufschüttet, der die Unterkünfte vor Flutwellen schützen soll. 40 bis 50 bewaffnete Sicherheitskräfte sollten später für die Aufsicht sorgen.

Wie Bangladesch die Flüchtlinge, die umsiedeln sollen, auswählt, ist noch nicht klar. Denkbar wäre ein Losverfahren, sollten sich nicht genügend Freiwillige finden, hieß es.

Die Recherche vor Ort in Bangladesch wurde von der Regierung des Landes unterstützt.

Kevin P. Hoffmann

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