Spitzenkandidaten auf Social Media: Baerbock führt bei Insta-Followern – Scholz ist Viel-Poster
Auch in den sozialen Netzwerken hat der Wahlkampf längst begonnen. Eine erste Analyse zeigt, wie erfolgreich die Spitzenkandidierenden online kommunizieren.
Olaf Scholz erlebte seinen bisherigen Social-Media-Höhepunkt 2021 Anfang Mai. Mehr als vier Mal so viel wie seine Konkurrenten der anderen Parteien postete der SPD-Kanzlerkandidaten in den sozialen Netzwerken, besonders auf Twitter. Der Anlass: Der SPD-Parteitag. Bei keinem anderen Kandidaten steigt die Aktivität in den sozialen Medien beim Parteitag so stark an. Doch ist Scholz deswegen präsenter im Rennen um die Kanzlerschaft? Schaut man sich die Reaktionen auf seine Posts an, lautet die Antwort erst einmal: Nein. Annalena Baerbock postete in den vergangenen Wochen weit weniger. Aber gemessen an Likes, Kommentaren und Shares hat sich wesentlich mehr Resonanz erzeugt als Olaf Scholz.
Soziale Medien nehmen im Wahlkampf 2021 zur Bundestagswahl eine wichtige Rolle ein – auch wegen der Pandemie, in der sich Veranstaltungen und Diskussionen immer stärker ins Netz verlagerten. Um diese Debatten genau zu beobachten, hat das Tagesspiegel Innovation Lab gemeinsam mit Democracy Reporting International ein Social Media Dashboard entwickelt, auf dem sich mithilfe automatischer Datenabfragen und interaktiver Grafiken die aktuellen Entwicklungen auf den Plattformen beobachten lassen. Wir konzentrieren uns dabei auf Twitter, Instagram und Facebook. Später kommt Youtube hinzu. Den Start machen Analysen zu den Spitzenkandidierenden der großen Parteien. Und da fällt nicht nur Olaf Scholz auf.
Hier geht es zum Dashboard
In den vergangenen zwölf Wochen seit Anfang Mai war es der SPD-Spitzenkandidat, der am aktivsten auf Social Media war – vor allem auf Twitter. Auch auf Facebook hat er beispielsweise mehr veröffentlich als Alice Weidel. Doch wer viel postet, hat nicht unbedingt die höchste Resonanz. Alice Weidel und die AfD-Netzwerke der AfD schaffen es weit häufiger, ihre Facebook-Beiträge breit zu streuen.
Alleine in den vergangenen zwölf Wochen seit Anfang Mai wurden ihre Posts 166.201 auf Facebook geteilt. An zweiter Stelle kommt AfD-Kollege und zweiter AfD-Spitzenkandidat Tino Chrupalla mit 63.046 Shares. Die rechten Spitzenkandidat:innen dominieren Facebook nahezu.
Wer bekommt am meisten Resonanz?
Knapper wird es, wenn man auf die Zahl der Kommentare unter den Posts der Kandidierenden blickt. Hier liegt Alice Weidel nur knapp vor Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, wenn man die Kommentare gesamt aller drei Plattformen vergleicht. Doch auch hier zeigt sich, dass Alice Weidel hauptsächlich auf Facebook aktiv ist. Auf Instagram erhielt CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet die meisten Kommentare für seine Posts, auf Twitter Annalena Baerbock. Was diese Analyse nicht sagt: Nur anhand der Zahlen lässt sich nicht differenzieren, ob Kommentare kritisch oder zustimmend sind.
Auch beim Teilen eines Beitrages kann das aus verschiedenen Gründen passieren – auch aus kritischen. Das zeigt sich, wenn man sich anschaut, welche Hashtags am häufigsten verwendet werden, wenn auf Twitter oder Instagram über Alice Weidel gepostet wird. In diesen Beiträgen wird am häufigsten der Hashtag #noafd verwendet, wenn man die offensichtlichen Hashtags #AfD oder #Weidel aussortiert. Und auch darauf folgen gleich #lanz, #fckafd, #afdrausausdenparlamenten und #fcknzs. Auf Twitter sind die Rechten allerdings wesentlich weniger stark als auf Facebook.
Die Zahl der Follower hängt auch von der Plattform ab
Alleine die Zahl der Follower der einzelnen Spitzenkandidierenden je Plattform variert extrem. Rechnet man die Plattformen zusammen, hat FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner die meisten, denn er ist sowohl auf Facebook, Twitter, Instagram und Youtube regelmäßig unterwegs. Betrachtet man die Plattformen derweil getrennt, so reicht es bei Lindner nur für Platz eins bei Twitter und YouTube. Auf Facebook folgen die meisten Menschen Alice Weidel. Baerbocks Medium ist anscheinend Instagram, hier hat sie die meisten Follower, knapp gefolgt von Lindner. Letzterer bekommt dort aber dennoch mehr Likes für seine Veröffentlichungen.
Dass sich von der Zahl der Follower nicht unbedingt auf die Resonanz der Beiträge schließen lässt, zeigt auch Tino Chrupalla. Bei Facebook kommt er im Vergleich der Followerzahlen mit den anderen Kandidierenden nur auf den vorletzten Platz. Seine Beiträge werden aber nach denen von Alice Weidel am zweitmeisten geteilt. Laschet, der am drittmeisten Follower auf Twitter hat, gelingt es kaum, dass seine Tweets retweetet werden.
Und wie ist die Stimmung?
Diese ersten Analysen können nur ein Indiz für die Auswirkungen von Social Media auf den Bundestagswahlkampf sein. Denn wie Nutzer:innen Posts angezeigt bekommen, halten die sozialen Netzwerke weiter geheim. Hinzu kommt, dass unsere Analysen nicht die Interaktionen von automatisierten Bots herausrechnen können. Wie viele Personen und nicht wie viele Accounts also wirklich die Inhalte liken oder teilen, ist kaum zu sagen. Um mögliche Themen im Online-Wahlkampf frühzeitig zu erkennen, sammeln wir in unserem Dashboard auch die häufigsten Hashtags.
Ein Indikator für die Stimmung könnte die Sammlung der meistgenutzten Emojis bieten, die wir sowohl von Kandidierenden selbst als auch aus Posts über sie sammeln. Und zumindest hier gibt es wieder eine Gemeinsamkeit. Zu den meistgenutzten Emojis in Post über die Kandidierenden gehört bei allen acht das Gesicht mit Lachtränen. Ein Symbol der Freude über den startenden Wahlkampf, das Lachen über einen Witz? Oder ist da eher eine gute Portion Sarkasmus dabei? Wer zuletzt lacht, wird erst die Wahl zeigen.