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CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Armin Laschet
© dpa/Kay Nietfeld

Rennen um das Kanzleramt: Armin Laschet ist jetzt klar im Vorteil

Die Bürger wollen nach Corona nicht weiter gestresst werden. Deshalb kann Laschets Methode, nicht zu viel Reformeifer anzukündigen, Erfolg haben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Georg Ismar

Plötzlich ist ein Begriff zurück: der der asymmetrischen Demobilisierung. Durch das Vermeiden kontroverser Positionen und zu viel Reformeifer soll die Polarisierung und damit die Mobilisierung der Wähler für andere Parteien kleingehalten werden – während man sich selbst als Hort der Stabilität anpreist. Was Angela Merkel als Konzept zugeschrieben wurde, betreibt nun mit anderen Mitteln auch der CDU/CSU-Kanzlerkandidat Armin Laschet.

Das Unions-Wahlprogramm ist in Teilen wolkig und es passt kaum zusammen, die Steuern nicht zu erhöhen, einige Steuern sogar zu senken, zugleich aber rasch wieder die Neuverschuldung Richtung schwarze Null zu drücken. Wie die ehrgeizigen Klimaschutzziele erreicht werden sollen, bleibt auch unklar.

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Nur auf bessere Stimmung der Bürger durch die Impfungen zu setzen, dazu vielleicht auf einen deutschen EM-Sieg, ist eigentlich wenig. Dennoch kann die Methode, im „Schlafwagen“ in das Kanzleramt zu fahren, erfolgversprechend sein. Denn nach den Corona-Monaten wollen viele Bürger nicht weiter gestresst werden.

Genau drei Monate vor der Bundestagswahl ist Laschet klar im Vorteil; der freundliche Rheinländer kann es bei allen Defiziten tatsächlich schaffen, Merkel nachzufolgen. Am Wochenende trafen die Kandidaten Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz bei einem Fernseh-Triell zur Außenpolitik aufeinander - und es zeigte sich mal wieder, dass der freundliche Herr Laschet schwer zu packen ist.

Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin und Direktkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, kämpft in Potsdam um Stimmen.
Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin und Direktkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, kämpft in Potsdam um Stimmen.
© Sören Stache/dpa

Das brachte wenig neue Erkenntnisse. Immerhin drohen Laschet und Scholz nun Russland mit einem Stopp des Gastransfers durch die neue Pipeline Nordstream 2, wenn Russland Zusagen gegenüber der Ukraine bricht; Baerbock fordert, die Pipeline gar nicht erst zu Ende zu bauen.

Kein Kandidat kann begeistern

Kein Kandidat kann bisher begeistern, aber die Union hat sich bei knapp 30 Prozent stabilisiert, die Grünen liegen je nach Umfrage acht oder nur noch zwei Punkte vor der SPD. Deren Strategen suchen ein Momentum, damit Scholz vorbeiziehen kann, denn die FDP könnte sich leichter auf eine Ampel unter seiner als Baerbocks Führung einlassen.

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Aber selbst in der SPD glauben viele nicht daran. Die Hauptbürde ist der Vertrauensverlust in die Partei – und zwei Vorsitzende, die ihm mehr Gegen- als Rückenwind bringen. Scholz hat hohe Zustimmungs- und Vertrauenswerte, nicht aber die Bundespartei, es gibt eine große Diskrepanz zwischen Kandidat und Partei, das macht es Scholz so schwer. Schon wird über einen „Trostpreis“ für ihn gewitzelt, etwa den Vorsitz im Auswärtigen Ausschuss. Diese Woche soll ihm der Besuch bei US-Vizepräsidentin Kamala Harris etwas Glanz verleihen. Aber im Dreikampf hat er weiter die schlechtesten Chancen.

Olaf Scholz, Kanzlerkandidat der SPD
Olaf Scholz, Kanzlerkandidat der SPD
© dpa/Christian Mang

Königsmacher könnten am Ende die Liberalen sein. Sollte eine Ampel ihre einzige Machtoption sein, könnten sie sich dafür entscheiden. Deshalb muss Laschet nun paradoxerweise fast hoffen, dass es nicht für Schwarz-Grün reicht – dann hat er ein Argument, die FDP in eine Dreier-Jamaikakoalition einzubinden.

Baerbocks Tief muss nicht von Dauer sein, aber sie muss mehr erklären, vor allem das Erstattungskonzept für Bürger, die von einem höheren CO2-Preis betroffen sind. Geschickt hat die Union die Grünen in die Ecke getrieben, geißelt sie als ideologische Verbots- und Besserverdienerpartei, nach Kräften wurden Zweifel an Baerbocks Eignung genährt. Und sie ist in die von Olaf Scholz und der Union aufgestellte Benzinpreisfalle gelaufen, ihre Ankündigung von 16 Cent mehr je Liter entspricht dabei nur den Folgen der Klimabeschlüsse von Union und SPD für einen höheren CO2-Preis, aber die Grünen wirkten bei der Verteidigung dann erstaunlich defensiv.

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Wahlkampf kann die Union bisher besser - und die Angst vor sozialen Verwerfungen durch mehr Klimaschutz ist groß. Einer, der schon Wahlkämpfe für Joschka Fischer gemacht hat, sagt: Baerbock müsse wieder mehr Baerbock sein, einfach loslaufen, und dürfe sich nicht in Debatten über Spritpreiserhöhungen verwickeln lassen. In einigen ländlichen Regionen sind die Grünen zum Feindbild geworden, da viele Bürger ohne Auto nicht mehr zum Arzt oder Einkaufszentrum kommen.

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Und ob Baerbock gut beraten ist, in Reden beim Thema Klimaschutz seltsame Begriffe wie „Fenster of Opportunity“ zu verwenden? So eine Sprache hört sich nach Blase Berlin an.

Baerbock muss jetzt dahin, wo es wehtut, um Zweifel abzubauen, so wie sie sich jüngst im Stahlwerk Eisenhüttenstadt den Beschäftigten stellte und mit ihnen über die Umstellung auf wasserstoffbetriebene Hochöfen diskutierte. Sie kann gut zuhören und erklären. Aber Fehler dürfen jetzt keine mehr passieren.

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