Nach G20-Gipfel: Ausschluss von Journalisten soll Bundestag beschäftigen
Beim G20-Gipfel wurde 32 eigentlich akkreditierten Journalisten der Zugang verwehrt. Laut einem Bericht beobachtet die Polizei seit dem G8-Gipfel 2008 bestimmte Medienvertreter.
Der nachträgliche Ausschluss bereits zugelassener Journalisten vom Hamburger G20-Gipfel soll nach dem Willen der SPD die Experten im Bundestag beschäftigen. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, will das Thema im Innenausschuss sowie im Parlamentarischen Kontrollgremium zur Sprache bringen. „Ich erhoffe mir davon auch eine Antwort auf die Frage, welche Rolle ausländische Nachrichtendienste oder Regierungen beim Entzug von Akkreditierungen von Journalisten gespielt haben“, sagte er der „Berliner Zeitung“. Er kenne bisher keine „stichhaltigen Gründe“ für den Entzug der Akkreditierungen. 32 Journalisten hatten ihre bereits erteilte Zulassung für die Berichterstattung über den Gipfel vergangene Woche wieder verloren - nach Angaben der Bundesregierung aufgrund einer Neubewertung der Sicherheitslage, für die ausschließlich eigene Erkenntnisse deutscher Sicherheitsbehörden ausschlaggebend gewesen seien.
Maas fordert Aufklärung
Justizminister Heiko Maas fordert eine umfassende Aufklärung in der Affäre um nachträglich entzogene Akkreditierungen für Journalisten beim G20-Gipfel in Hamburg. Die Pressefreiheit sei ein sehr hohes Gut, sagte der SPD-Politiker der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“. „Deswegen müssen die Vorwürfe jetzt gründlich aufgeklärt werden“, sagte Maas.
32 Journalisten, die bereits für die Berichterstattung in Hamburg zugelassen waren, hatten ihre Akkreditierung wieder verloren. Da mehrere Betroffene Schwierigkeiten mit der türkischen Regierung gehabt hatten, äußerten Medien und Opposition den Verdacht, dass unter anderem türkische Interessen dahinter stehen könnten. Dies hatte der Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Steffen Seibert, zurückgewiesen.
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) betonte, für den Entzug der Akkreditierungen habe das Bundeskriminalamt „ausschließlich auf Erkenntnisse deutscher Sicherheitsbehörden zurückgegriffen“. Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte er: „Alleiniger Grund für die Entscheidungen war es, die Sicherheit des Gipfels und seiner Teilnehmer zu gewährleisten.“ Die Entscheidung des BKA sei „nicht ohne Sorgfalt und Beachtung der wichtigen Pressefreiheit“ getroffen worden.
Laut der "Süddeutschen Zeitung" werden bestimmte Journalisten seit mehr als zehn Jahren durch deutsche Polizeibeamte beaufsichtigt. Das sei nichts Ungewöhnliches, sondern schon häufiger vorgekommen, zitiert die Zeitung einen Beamten aus Sicherheitskreisen. "Mindestens seit Heiligendamm", also seit dem G8-Gipfel in dem Ostsee-Badeort im Juni 2007, heißt es weiter.
Diskussion um Scholz
Maas wiederum wies Rücktrittsforderungen vor allem aus der Hamburger CDU an Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) wegen der verheerenden Krawalle rund um den Gipfel zurück. Das wäre vollkommen falsch, sagte er. „Nicht nur, weil der Rücktritt von einem politisch Verantwortlichen den Gewalttätern große Genugtuung bereiten würde. Im Übrigen sollten wir die Leute nicht für dumm verkaufen, denn sie wissen doch ganz genau: Die politische Verantwortung für den Gipfel liegt nun wahrlich nicht allein in Hamburg.“
Ohnehin müsse man die europäische Dimension in den Blick nehmen, sagte Maas. In Hamburg seien Gewalttäter aus ganz Europa angereist - darunter viele, die den Sicherheitsbehörden nicht bekannt gewesen seien. „Die Gewalttäter möglichst schon an der Einreise zu hindern, darum geht es“, sagte er.
Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nahm Scholz in Schutz. Dieser werde nun zu unrecht angegriffen. Er kenne Scholz seit mehreren Jahren, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Er ist ein großer Bürgermeister der Stadt. Er hat diesen G20-Gipfel sehr mutig ausgerichtet.“ Es sei nicht recht, ihn zu kritisieren, „da man so nur den Randalierern Recht gibt“.
Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil empörte sich über die Rücktrittforderungen der CDU gegen Scholz. „Ich empfinde es als widerlich, dass Teile der Union versuchen, die Geschehnisse des G-20-Gipfels für ihre pseudotaktischen parteipolitischen Spielchen zu missbrauchen“, sagte er dem „Handelsblatt“. Ähnlich äußerte sich SPD-Bundesvize Thorsten Schäfer-Gümbel. „Verantwortung für gemeinsam getroffene Entscheidungen ist nicht teilbar - nicht in Sonnen- und auch nicht in Schattenseiten.“
CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn griff die SPD jedoch erneut scharf an. In Hamburg und noch mehr in Berlin sei der jeweilige Senat von SPD, Grünen und auch Linken „auf dem linken Auge blind“, sagte er der Oldenburger „Nordwest-Zeitung“. „Linksautonome Zentren wie die Rote Flora in Hamburg und die Rigaer Straße in Berlin sind Brutstätten für Gewaltexzesse, wie wir sie in der Hansestadt erlebt haben.“ Diese Häuser müssten geräumt und geschlossen werden. (dpa)