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Mahmud Abbas will Trump davon überzeugen, auch die palästinensischen Belange zu berücksichtigen.
© Issam Rimawi/Reuters

Abbas bei Trump: Aus Sicht der Palästinenser

Trump pflegt gute Beziehungen zu Israel. Jetzt will sich Palästinenserpräsident Abbas in Washington für die Zwei-Staaten-Lösung stark machen. Was kann er erreichen? Eine Analyse

Mahmud Abbas wird es ungern zugeben. Aber er denkt sicherlich mit Wehmut an die Zeit zurück, in der Barack Obama noch das Sagen im Weißen Haus hatte. Als der Demokrat sein Amt als US-Präsident 2009 antrat, telefonierte er gleich am ersten Arbeitstag sowohl mit Israels damaligen Premier Ehud Olmert als auch mit dem Chef der Palästinenser. Beiden versprach Obama, sich für eine Lösung des Nahostkonflikts einzusetzen. Und damals hieß es in Washington, die USA wollten in „voller Partnerschaft“ mit Abbas auf einen Frieden hinarbeiten.

An Israels Seite

Soviel Wertschätzung bringt Donald Trump dem Herrn aus Ramallah bisher nicht entgegen. Von Anfang an ließ der Republikaner erkennen, dass er mehr oder weniger fest an der Seite des jüdischen Staats steht. Trump entschuldigte sich sogar dafür, dass sein Vorgänger eine israelkritische Resolution im UN-Sicherheitsrat hatte passieren lassen. So etwas werde nicht noch einmal vorkommen. Und er machte einen Siedlerfreund zum Botschafter. Trump pflegt außerdem seit Jahren geradezu freundschaftliche Beziehungen zu Benjamin Netanjahu. Kein Wunder, dass Israels Premier bereits Mitte Februar im Weißen Haus zu einem persönlichen Gespräch empfangen wurde. Am heutigen Mittwoch wird nun Abbas in Washington erwartet – mehr als zwei Monate nach Netanjahu.

Zwei-Staaten-Lösung? Für Trump nicht zwingend

Die Erwartungen des Palästinensers an das Treffen sind denn auch recht gering. Dennoch will sich Abbas nicht die Chance entgehen lassen, seine Sicht des Nahostkonflikts dem US-Präsidenten (der in drei Wochen Israel besuchen will) vorzustellen. Dazu gehört vor allem die Zwei Staaten-Lösung. Diese hält die Palästinenserführung nach wie vor für zwingend – ganz im Gegensatz zu Trump, der von diesem Dogma der US-Außenpolitik mittlerweile abgerückt ist. Abbas muss also versuchen, dem US-Präsidenten eine ausgewogene Nahostpolitik schmackhaft zu machen.

Ein gutes Verhältnis zu Trump ist dafür unerlässlich. Denn damit könnte Abbas nicht zuletzt auch innenpolitisch punkten. Gerade junge Palästinenser sind mit ihrem Präsidenten, der seit Jahren ohne die Legitimation einer Wahl regiert, sehr unzufrieden. Sie werfen ihm vor, weder das Projekt eines eigenen Staates vorangebracht zu haben noch sich um die Alltagsnöte der Menschen zu kümmern. Abbas ist noch aus einem anderen Grund in Bedrängnis: Der Machtkampf zwischen seiner Fatah im Westjordanland und der Hamas in Gaza hat sich verschärft, nicht zuletzt wegen der Frage der Nachfolge für den 82-jährigen Palästinenserchef.

Den bewaffneten Kampf gegen Israel will die Hamas nicht aufgeben.
Den bewaffneten Kampf gegen Israel will die Hamas nicht aufgeben.
© Ibraheem Abu Mustafa/Reuters

Kurz vor Abbas’ Besuch in den USA machte die militante Hamas zudem mit einem neuen politischen Programm von sich reden, in dem sie erstmals einen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 zumindest in Betracht zieht. Eine Anerkennung des Existenzrechts Israels lehnt die Hamas weiter ab, sie entfernt sich aber – den Worten nach – von einigen extremistischen Positionen. Trump dürfte Abbas daher fragen, was von dem Vorstoß zu halten ist; Israel hat den Schritt der Islamisten sofort als Versuch bezeichnet, die Weltgemeinschaft zu täuschen.

Um aus der Defensive herauszukommen, kann Abbas nur hoffen, dass Trumps Unberechenbarkeit auch mal zugunsten der Palästinenser ausfällt. Schon mehrfach hat der US-Präsident unter dem Eindruck von persönlichen Begegnungen kurzfristig seine Meinung zu einem Thema geändert. So könnte Trump beim Treffen mit Abbas neue Forderungen an die israelische Seite für eine Wiederbelebung des Friedensprozesses formulieren.

Eine Nahostkonferenz unter Washingtons Ägide?

Der US-Präsident hat bereits Zurückhaltung beim Siedlungsbau angemahnt. Abbas erwartet aber ein wesentlich stärkeres Signal von Trump – um mit diesem Druck der USA die Verhandlungsbereitschaft der Israelis zu erhöhen.
Amerikas starker Mann macht keinen Hehl aus der Tatsache, dass er gerne als Nahost-Friedensstifter in die Geschichte eingehen würde. So denkt seine Regierung über die Einberufung einer großen Nahost-Konferenz nach, bei der gemäßigte muslimische Staaten der Region mit Israel an einem Tisch sitzen würden.

Doch selbst wenn Trump im Gespräch mit Abbas seine Bereitschaft zeigt, mehr Druck auf Israel zu machen, dürfte es kein einfacher Besuch werden für den Palästinenserchef. Ein unangenehmes Thema für den Gast aus Ramallah ist zum Beispiel die finanzielle Unterstützung für die Familien von inhaftierten Extremisten aus Haushaltsmitteln der palästinensischen Selbstverwaltung. Viele in den USA verlangen, dass Abbas die Zahlungen einstellt. Doch das würde seine Schwierigkeiten zu Hause vergrößern.

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