Griechenland: Athen diskutiert in der Nacht über Sparprogramm
Die Reformvorschläge von Alexis Tsipras kommen höchst unterschiedlich an. Erst am späten Abend kam das Parlament zusammen - eine Entscheidung wird für Samstag erwartet. Die Ereignisse des Tages zum Nachlesen.
In der Griechenland-Krise gibt es Hoffnung auf eine Einigung. Lesen Sie hier die Chronik des Tages.
23: 30 Uhr - Finanzausschuss stimmt Reformplan zu: Der zuständige Ausschuss im griechischen Parlament hat am Freitagabend die Reformvorschläge der Regierung gebilligt. Das Ausschussvotum erging mit einer Mehrheit der Abgeordneten der regierenden Syriza-Partei sowie mit Stimmen anderer Parteien. Anschließend begann im Parlament eine Debatte über die Vorschläge, ein Gesamtvotum ist für Samstag in den frühen Morgenstunden vorgesehen.
23: 10 Uhr - Debatte in Athen hat begonnen: Im griechischen Parlament hat am späten Freitagabend die Debatte über das Spar- und Reformprogramm der Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras begonnen. Der Regierungschef will eine Vollmacht erhalten, eine Vereinbarung mit den Gläubigern darüber abzuschließen. Die Abstimmung sollte am frühen Samstagmorgen stattfinden, berichtete das Staatsradio. Athen hatte am Vortag den Gläubigern ein rund zwölf Milliarden Euro schweres Sparpaket vorgelegt.
Es wird damit gerechnet, dass das Parlament dem Regierungschef und seinem Finanzminister Euklid Tsakalotos mit eindeutiger Mehrheit die beantragte Vollmacht erteilt. Die meisten Oppositionsparteien haben angekündigt, mit „Ja“ zu stimmen. Allerdings könnte Tsipras die Regierungsmehrheit verlieren. Mehrere linke und rechtspopulistische Abgeordnete seiner Koalition lehnen die Spar- und Reformvorschläge ab.
21:30 Uhr - Griechische Banken sollen aktuell bis zu 14 Milliarden Euro benötigen. Die seit zwei Wochen geschlossenen griechischen Banken benötigen einem Insider zufolge bis zu 14 Milliarden Euro frisches Geld, um ihre Geschäfte weiterführen zu können. Das gelte selbst dann, wenn sich die griechische Regierung mit den internationalen Geldgebern am Wochenende einige, sagte ein ranghoher griechischer Banker am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Die Banken-Regulierer würden angesichts der umfangreichen wirtschaftlichen Erschütterung wohl umgehend die Lage der Hellas-Geldhäuser und deren ausfallgefährdeten Kredite analysieren. Insgesamt würden 10 bis 14 Milliarden Euro benötigt. Die vier Geldhäuser National Bank, Piraeus , Eurobank und Alpha, die für 95 Prozent des dortigen Bankensektors stehen, müssten im Anschluss an eine Prüfung der Regulierer wohl rekapitalisiert werden, sagte der Insider.
20:25 Uhr - Kommunisten und Syriza-Sympathisanten demonstrieren gegen Sparprogramm. Aus Protest gegen die Sparprogramme sind in der griechischen Hauptstadt Athen mehrere Tausend Demonstranten auf die Straßen gegangen. An den Protesten beteiligten sich am Freitag Staatsbedienstete und Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME sowie Sympathisanten der regierenden Linkspartei Syriza. Die Kundgebungen richteten sich gegen die neuen Sparpläne der Links-Rechts-Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras.
20:05 Uhr - Geldgeber nennen Reformliste einen "guten Ausgangspunkt". Die griechische Spar- und Reformliste kann nach einer ersten Einschätzung aus Brüssel ein „guter Ausgangspunkt“ für Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm sein. Das verlautete am Freitagabend aus Kreisen der Geldgeber. Es seien aber noch lange und schwierige Debatten zu erwarten. Viele der Vorschläge basierten auf früheren Papieren, die für eine Verlängerung des nunmehr ausgelaufenen zweiten Hilfsprogramms um einige Monate gedacht waren. Nun gehe es um eine drittes Hilfsprogramm, das über drei Jahre laufen solle. Das sei ein erheblicher Unterschied. Die Frage der Schulden und einer möglichen Schuldenumstrukturierung stünden weniger im Vordergrund. Die Laufzeiten der europäischen Hilfskredite seien bereits erheblich gestreckt worden. Rück- und Zinszahlungen begönnen erst nach 2020. Die Euro-Finanzminister beraten am Samstag bei einem Krisentreffen über den griechischen Antrag auf neue Rettungskredite. Bis dahin soll ihnen eine Bewertung der drei Geldgeber-Institutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds zu dem griechischen Spar- und Reformpaket vorliegen.
19:20 Uhr - Umfrage: 84 Prozent der Griechen wollen Euro behalten. Trotz der schmerzlichen Sparmaßnahmen will eine große Mehrheit der Griechen den Euro behalten. Laut einer am Freitag veröffentlichten Umfrage für die Tageszeitung "Parapolitika" wollen 84 Prozent der Befragten, dass Griechenland in der Euro-Zone bleibt. Nur zwölf Prozent seien für eine Rückkehr zur griechischen Drachme, ergab die Erhebung des Instituts Metron Analysis. Gleichwohl waren 55 Prozent der Befragten der Ansicht, dass es richtig war, beim Referendum über die von den Gläubigern verlangten Sparmaßnahmen am Sonntag mit Nein zu stimmen. Der Umfrage zufolge hat die linke Syriza-Partei von Ministerpräsident Alexis Tsipras in der Wählergunst zugelegt. 45,6 Prozent würden für Syriza stimmen, wenn jetzt Parlamentswahl wäre. Bei der Abstimmung im Januar hatten 36,3 Prozent der Griechen ihre Stimme Syriza gegeben.
18:50 Uhr - Griechenlands Finanzminister glaubt an eine Schuldenreduzierung. Griechenlands Finanzminister Euklid Tsakalotos hat sich zuversichtlich gezeigt, dass "viele" der Forderungen Athens zur Schuldenreduzierung bei den Gläubigern auf Zustimmung stoßen. "Viele der griechischen Forderungen werden akzeptiert werden", sagte Tsakalotos am Freitag vor dem Parlamentsausschuss in Athen, der die Pläne prüft. Optimistisch zeigte sich der Minister vor allem hinsichtlich einer Erlaubnis zur Übertragung von Schulden bei der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Europäischem Stabilitätsmechanismus (ESM), was die Griechen bereits seit langem fordern. Dadurch würde die Schuldenrückzahlung verschoben. Tsakalotos zufolge wäre die Einhaltung von Fristen für Griechenland damit leichter.
17:16 Uhr - Litauen reichen die Vorschläge aus Athen nicht: Die neuen Reformvorschläge der Regierung in Athen sind nach Ansicht der litauischen Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite unzureichend. Sie basierten auf veralteten Informationen und müssten "ernsthaft angepasst" werden, sagte sie am Freitag in Vilnius. "Wir akzeptieren die eingereichten Dokumente als Griechenlands politischen Wunsch, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren." Es sei aber zu früh, um über den Ausgang der Gespräche zu spekulieren, sagte sie nach Angaben der Agentur BNS. Die Chancen auf eine Einigung lägen bei 50:50. Litauen ist nach einem harten Reformkurs seit 2015 in der Eurozone.
16:47 Uhr - So ginge der Grexit: Aktuell ist man in Brüssel offenbar ganz vorsichtig optimistisch, dass sich Institutionen und Griechenlands Regierung möglicherweise in Sachen Hilfspaket und Sparmaßnahmen doch noch einigen könnten. Falls das aber nichts werden sollte, erläutert hier Nicolai von Ondarza von der Stiftung Wissenschaft und Politik, wie ein Grexit rein rechtlich möglich wäre.
15:40 Uhr - Votum des Bundestags: Sollten die Euro-Staaten und Griechenland sich auf ein drittes Hilfspaket einigen, könnte der Bundestag womöglich schon in der kommenden Woche die beiden dafür nötigen Abstimmungen absolvieren. Wie am Freitag aus Parlamentskreisen in Berlin verlautete, könnten die Abgeordneten dann am Mittwoch das Mandat für die Verhandlungen erteilen und bereits am Freitag über das ausgehandelte Paket votieren.
15:30 Uhr - Keine Bitten an Moskau: Russlands Präsident Wladimir Putin sagt, die Regierung in Athen habe keine Hilfsanfrage an Moskau gerichtet. Wo die Europäische Union gewesen sei, als sich die Probleme in Griechenland zusammengeballt hätten, fragt Putin. Er hoffe auf eine rasche Lösung der Schuldenkrise.
15:00 Uhr - Syriza-Hardliner für "Grexit": Fünf Hardliner der griechischen Regierungspartei Syriza bevorzugen einen Abschied Griechenlands aus der Euro-Zone ("Grexit") und eine Rückkehr zur Drachme im Gegensatz zu einem Abkommen, das auf Einsparungen beruht und keine Schuldenerleichterungen enthält, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Drei von ihnen sind Abgeordnete, zwei sind Mitglied der Führung der Linkspartei.
14:40 Uhr - Unions-Fraktionsvize Friedrich für "Grexit:" Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich sieht in dem griechischen Reformpaket keine Basis für Verhandlungen mit Athen. "Ich glaube, dass Griechenland einen Neuanfang braucht mit einer eigenen Währung und mit gutwilliger Hilfe aller europäischen Nachbarn und Partner", sagt der CSU-Politiker zu Reuters. Es sei jetzt der richtige Zeitpunkt, um diese Alternative ernsthaft zu diskutieren.
14:30 Uhr - Wirtschaftsforscher sind überrascht: Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat die vielen Zugeständnisse Griechenlands an seine Gläubiger als Grundlage für einen Kompromiss im Streit um neue Finanzhilfen gewertet. Das „unter französischer Mithilfe“ entworfene Athener Reformprogramm sei „weitreichender als jene Reformagenda, die die Griechen beim Referendum am Sonntag abgelehnt“ hätten, schreibt das unternehmernahe Kölner Institut. „Abzuwarten bleibt nun, ob das griechische Parlament seinem Regierungschef das Mandat erteilt“, auf dieser Basis neue Finanzhilfen auszuhandeln. Alexis Tsipras' Vorschläge kämen „in fast allen umstrittenen Punkten“ von der Erhöhung der Mehrwertsteuern über Privatisierungen und die Rentenreform bis hin zur Kürzung der Militärausgaben den Geldgebern entgegen. Das im Gegenzug geforderte dreijährige Hilfsprogramm über 53 Milliarden Euro würde Wirtschaftsakteuren in Griechenland die grassierende Unsicherheit nehmen, erklärte das IW.
14:15 Uhr - Schäuble-Scherz sorgt für Aufsehen: Eine scherzhafte Bemerkung des Finanzministers Wolfgang Schäuble zu seinem US-Amtskollegen Jack Lew hat Kritik der Grünen provoziert. Bei einer Konferenz in Frankfurt sagte Schäuble: „Ich habe dieser Tage meinem Freund Jack Lew angeboten, dass wir Puerto Rico in die Eurozone übernehmen könnten, wenn die USA Griechenland in die Dollar-Zone übernehmen würden.“ Schäuble fügte hinzu: „Er fand das einen Scherz.“ Puerto Rico steckt wie Griechenland in einer Schuldenkrise. Der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer sagte dazu, Schäuble würdige „in geschmackloser Weise“ andere schwächere Länder als reine Objekte für Entscheidungen der Großen herab. „Er hat offenbar nicht begriffen, dass europäische Gemeinsamkeit gegenseitigen Respekt einschließen muss.“
14:05 Uhr - Wer is der neue Finanzminister? Und noch mehr von Harald Schumann, unserem Griechenland-Experten. In einem Skype-Interview beurteilt er die aktuelle Lage - und den neuen griechischen Finanzminister Euklidis Tsakalotos.
13:45 Uhr - Das steckt dahinter: Was bezwecken die Euro-Lenker wirklich? Mit dieser Frage hat sich unser Autor Harald Schumann in einem Kommentar auseinandergesetzt und ist zu einem bösen Verdacht gekommen: Es geht ihnen gar nicht um Prosperität, sondern um den Rückbau des Wohlfahrtsstaates.
13:05 Uhr - Aus der Opposition: Sahra Wagenknecht, Fraktionsvize der Linken im Bundestag, hat den Geldgebern in der Griechenlandkrise Erpressung vorgeworfen. Die jetzt vorgelegte Liste aus Athen mit Reformvorschlägen entspreche weitgehend den Kürzungsplänen, die 60 Prozent der Griechen gerade im Referendum abgelehnt hätten. „Offenbar sieht die griechische Regierung angesichts der Erpressung durch IWF, EZB und EU-Technokraten, geschlossener Banken und verzweifelter Menschen keinen anderen Ausweg mehr“, sagte Wagenknecht.. „Wird das Programm so beschlossen, geht die griechische Tragödie nur in eine erneute Verlängerung.“
13:00 Uhr - Den Überblick behalten: Die Spitzenvertreter der Geldgeber beraten jetzt über die neuen Spar- und Reformvorschläge. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker telefoniert mit Christine Lagarde (IWF), Mario Draghi (EZB) und Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, um zu einer Lösung zu kommen.
Wollen Sie wissen, was die Troika bewirk kann? Einen Überblick darüber finden Sie in unserem Dossier der Kollegin Elisa Simantke.
12:40 Uhr - Wann entscheidet das deutsche Parlament? Das Finanzministerium will den EU-Sondergipfel zur finanziellen Rettung Griechenlands am Sonntag in Brüssel abwarten, bevor es einen Antrag auf Sondersitzung des Bundestags stellt. So verlautet es aus dem Finanzministerium. Wie schon in der Vergangenheit werde das Ressort von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen entsprechenden Antrag stellen, um das deutsche Parlament mit Ergebnissen der EU zu befassen.
12:20 Uhr - Es geht schnell: Internationaler Währungsfonds, EZB und EU-Kommission werden die griechischen Vorschläge zur Lösung der Schuldenkrise noch heute bewerten. Dies teilt die EU-Kommission mit.
12:10 Uhr - Berlin macht Druck: Die Bundesregierung drängt das griechische Parlament zu Reformschritten schon an diesem Freitagabend. „Gut wären erste Schritte in Richtung Gesetzgebung“, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Jäger. Einer Streichung griechischer Schulden wolle man in jedem Fall nicht zustimmen. Es wäre auch nicht ausreichend, die Vorschläge von Ende Juni in neuer Verpackung zu präsentieren, sagt ein Sprecher des Bundesfinanzministerium
11:50 Uhr - Die Bundesregierung prüft: Optimismus überall, in Paris, Rom und Brüssel. Was ist mit Berlin? Die Bundesregierung kann die Vorschläge der Griechen inhaltlich noch nicht bewerten. Das sagt Regierungssprecher Steffen Seibert.
11:40 Uhr - Und jetzt?: Sechs Parlamente müssen den Vorschlägen zustimmen, sagte ein ranghoher EU-Vertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Neben dem deutschen Bundestag sind das die Parlamente in den Niederlanden, in Estland, der Slowakei, Slowenien und Finnland.
11:20 Uhr - Optimismus, selbst beim Eurogruppen-Chef: Jeroen Dijsselbloem weckt die Hoffnung auf eine Einigung mit Grieechenland. Am Samstag könnten die Euro-Finanzminister eine "große Entscheidung" treffen. Die jüngsten griechischen Vorschläge bezeichnet Dijsselbloem als "sorgfältig". Zusammen mit IWF-Chefin Christine Lagarde und EZB-Chef Mario Draghi will Dijsselbloem nach Angaben aus EU-Kreisen um 13 Uhr in einer Telefonkonferenz über Griechenland beraten.
11:15 Uhr - Braucht es den EU-Gipfel noch?: Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi zufolge können sich die EU-Staats- und Regierungschef ihren für Sonntag geplanten Gipfel in Brüssel sparen, wenn es schon vorher eine Einigung mit Griechenland geben sollte.
10:45 Uhr - Lob aus Frankreich: Während in Deutschland noch viele skeptisch sind, lobt Frankreichs Staatschef François Hollande die griechischen Vorschläge für eine Beilegung des Schuldenstreits als "ernsthaft" und "glaubwürdig". Es sei aber noch nichts beschlossen, sagte der Sozialist am Freitag in Paris. "Die kommenden Stunden werden wichtig sein." Hollande hatte sich in den vergangenen Wochen immer für einen Kompromiss zwischen Athen und den Gläubigern eingesetzt.
10:30 Uhr - Blick auf die Börsen: Die Börsen in Europa haben erleichtert auf die neuen Sparvorschläge aus Griechenland reagiert. Für viele Anleger auch in Frankfurt ist das Angebot zum Ende der Woche ein Grund zuzugreifen. Der deutsche Leitindex Dax setzte seinen Erholungskurs fort und gewann am Vormittag rund zwei Prozent. Auch die übrigen Indizes verbesserten sich deutlich.
10:10 Uhr - Erste Reaktionen: Die beiden stellvertretenden CDU/CSU-Fraktionschefs Ralph Brinkhaus und Hans-Peter Friedrich zweifeln nach der Vorlage der griechischen Reformvorschläge an der Glaubwürdigkeit der Athener Regierung. Die Pläne beinhalteten anscheinend genau das, was die Griechen beim Referendum am vergangenen Sonntag abgelehnt hätten, sagte Brinkhaus (CDU) im ZDF-„Morgenmagazin“. Die Athener Regierung habe zuletzt in einer Kampagne alles verdammt, was sie nun vorlege. „Insofern stellt sich wirklich die Frage auch nach der Glaubwürdigkeit.“ Der SPD-Europapolitiker Axel Schäfer hat die neue Liste mit Reformvorschlägen aus Athen positiv beurteilt. Das Papier sei „ein wichtiger Fortschritt, weil sich sowohl die Regierung als auch die wichtigsten Oppositionsparteien darauf verständigt haben“, sagte Schäfer im Südwestrundfunk (SWR). Auf die Frage, ob die Liste den Gläubigern reichen werde, sagte er: „Ich hoffe doch.“ Griechenland müsse unter den europäischen Rettungsschirm kommen. „Das heißt, es braucht neue finanzielle Maßnahmen, die dann über einen sehr, sehr langen Zeitraum zurückzuzahlen sind.“ Schäfer ging davon aus, dass eine Mehrheit für ein drittes Hilfspaket für Griechenland im Bundestag zustande kommen werde.
Die lettische Ministerpräsidentin Laimdota Straujuma, die für ihre harte Linie gegenüber Griechenland bekannt ist, äußert Bedenken. Sie glaubt nicht, dass die lettischen Abgeordneten für ein weiteres Hilfspaket stimmen. „Für mich wird es sehr schwer werden, das Parlament davon zu überzeugen. Und für das Parlament wird es schwer werden zuzustimmen“, sagte sie in einem Interview des Deutschlandfunks. Die durchschnittlichen Renten in Lettland seien bedeutend niedriger als in Griechenland. Wenn man die Letten fragen würde, ob sie Athen Geld leihen würden, könne man sich die Antwort vorstellen, sagte sie.
Die Reformvorschläge in der Übersicht
09:50 Uhr - Eilverfahren in Griechenland: Das griechische Parlament will nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bereits Freitagabend über das Sparprogramm beraten. Die Abgeordneten sollten der Regierung im Schnellverfahren die Vollmacht geben, am Wochenende in Brüssel eine Vereinbarung zu unterzeichnen, berichteten der staatliche griechische Rundfunk. Bereits am Vormittag kam die Fraktion der regierenden Linkspartei Syriza hinter verschlossenen Türen zusammen, um über den Maßnahmenkatalog zu beraten. Der linke Parteiflügel soll aufgebracht sein. Es gilt aber als sicher, dass das Parlament der Regierung die Vollmacht mit den Stimmen fast aller Oppositionsparteien geben wird.
09:40 Uhr - Die Stimmung vor Ort: Unsere Reporterin Ingrid Müller ist gerade aus Athen zurückgekommen. So hat sie die zurückliegenden Tage in Griechenland erlebt:
Viele Menschen in Athen sind ziemlich schlecht auf "Frau Merkel und Herrn Schäuble" zu sprechen. Wer will es Ihnen verdenken. Trotzdem reagierten die meisten in dieser Woche nicht feindselig oder aggressiv, wenn sich herausstellte, dass die Reporterin aus Deutschland kommt. Oft stellen sie dann selbst Fragen, die junge Frau am Bankautomaten, der Rentner in der Apotheke, der Bäcker vor seinem Ofen oder das Pärchen am Syntagmaplatz, sie alle wollen wissen, wie "die Deutschen" denn die Griechen sehen - und sie hören sich die Antwort ebenso ruhig an. Meist fragen sie sogar noch einmal nach. Und auch das passiert: "Wieso sind Sie ein so netter Mensch?", fragt ein Taxifahrer und schaut die Reporterin mit einem überraschten Blick an, als sie ihm ein Trinkgeld gibt, "Sie sind doch Deutsche." Die zehnminütige Fahrt hat übrigens 3,99 Euro gekostet.
09:10 Uhr - Und die komplette Liste: Wenn Sie es gerne ausführlicher hätten, finden Sie hier ein Dokument mit den wichtigsten Vorschlägen auf Deutsch und hier das vollständige Original. Es beginnt auf Griechisch, ab Seite 6 finden Sie die englische Übersetzung.
08:20 Uhr - Die Vorschläge der griechischen Regierung: Die angebotenen Maßnahmen kommen den Forderungen nahe, die die internationalen Gläubiger vor dem Abbruch der Verhandlungen vergangenen Monat aufgestellt hatten. Hier ein Überblick der Reformvorschläge von Alexis Tsipras:
- Renten sollen erst ab einem Alter von 67 Jahren bezogen werden können
- Frühverrentungen sollen künftig erschwert und Rentner stärker an den Gesundheitskosten beteiligt werden
- Kürzung bei den Verteidigungsausgaben: statt der geforderten 400 Millionen Euro für dieses Jahr bietet Athen 100 Millionen Euro und für das kommende weitere 200 Millionen Euro an
- Anhebung von Mehrwertsteuer, Unternehmenssteuer, Luxussteuer sowie eine höhere Besteuerung der Schifffahrt
- Streichung des 30-prozentigen Steuernachlasses für die wohlhabendsten Inseln
Im Gegenzug zu den Reformen fordert Athen ein dreijähriges Hilfsprogramm und Schuldenerleichterungen, wie aus Athener Regierungskreisen verlautete. Athen wolle eine Lösung, um seine enormen Schulden zu "regeln", heißt es in der Vorschlagsliste. Die Staatsverschuldung hat mittlerweile rund 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht. Außerdem wirbt die Regierung in dem Papier um ein Investitionspaket für Griechenland im Umfang von 35 Milliarden Euro. Dieses war Athen bereits in Aussicht gestellt worden. Zugeständnisse fordert die griechische Regierung auch beim Primärüberschuss, also dem Haushaltssaldo ohne Schuldendienst.
8.10 Uhr - Noch eine Katastrophe: Unser Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff beschäftigt sich mit einem griechischen Problem, das zur Schuldenkrise noch dazukommt. Lesen Sie hier seine Agenda im Wortlaut:
Als hätte Griechenland nicht schon genügend Probleme. Nun verschärft sich auch noch die Lage für Flüchtlinge. Rund 78.000 Männer, Frauen und Kinder haben seit Januar das Land erreicht. So viele hat das Flüchtlingshilfswerks UNHCR gezählt. Es können auch noch mehr sein. Täglich kommen mindestens 600 übers Mittelmeer auf die griechischen Inseln. In den Auffanglagern werden Lebensmittel, Wasser, Medikamente knapp. Wo die Menschen in Haftzentren untergebracht sind, berichtet Amnesty von „überfließenden Toiletten, schmutzigen Matratzen, zu wenig Betten, Stromausfällen. Das ist auch eine Katastrophe - bei der die Europäer helfen müssen. Im eigenen Interesse. Unabhängig von dem Problem mit der Staatspleite.
Den Newsletter für Politik- und Wirtschaftsentscheider, in dem Casdorffs Agenda jeden Morgen erscheint, können Sie übrigens hier kostenlos abonnieren.
8.00 Uhr - Wie ist die Morgenlage? In unserem Politik- und Wirtschafts-Newsletter "Morgenlage" geht es heute zuallererst um Griechenland am Tag nach dem die griechische Regierung ihre neuen Reformvorschläge fristgerecht in Brüssel eingereicht hat. "Casdorffs Agenda", der morgendliche Kurzkommentar des Tagesspiegel-Chefredakteurs, befasst sich mit der Lage der Flüchtlinge in Griechenland. Rund 78.000 Männer, Frauen und Kinder sind seit Januar in das Krisenland gekommen. Mehr lesen Sie hier (Politik) und hier (Wirtschaft). Und hier in unserem Liveticker werden wir Sie wieder den Tag über zu den aktuellen Ereignissen der Griecheland-Krise auf dem Laufenden halten. (mit AFP/dpa/Reuters)