Flüchtlingskrise: Asselborn warnt vor Grenzschließungen
Nach den Worten des luxemburgischen Außenministers Jean Asselborn haben die Europäer in der Flüchtlingskrise "nur noch ein paar Monate Zeit", um einen Zusammenbruch des Schengen-Systems zu verhindern.
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat in der Flüchtlingskrise eindringlich vor einer Aufgabe des Schengen-Abkommens gewarnt. „Wir haben nur noch ein paar Monate Zeit, um zu verhindern, dass überall in Europa die Grenzübergänge scharf überwacht werden“, sagte Asselborn dem Tagesspiegel am Sonntag. Der Verlust des kontrollfreien Grenzübertritts, wie er im Schengen-Abkommen vorgesehen ist, wäre „ein Rückschlag für die Wirtschaft, vor allem aber auch für die Bürger“, sagte Asselborn mit Blick auf die zahlreichen Grenzgänger, die jeden Tag innerhalb des Schengen-Raum von einem Land ins andere pendeln. Die Flüchtlingskrise stellt das Schengen-Abkommen auf die Probe. Deutschland macht seit Mitte September von einer Ausnahmeregelung in den Schengen-Bestimmungen Gebrauch, die die vorübergehende Einführung von Kontrollen erlaubt. Jüngst hatte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) die EU-Kommission von einer Verlängerung der Grenzkontrollen bis zum kommenden Freitag unterrichtet. Wenn sich die Lage nicht entscheidend ändert, sollen die Kontrollen darüber hinaus bis Mitte Februar verlängert werden.
Außenminister erwartet keinen Durchbruch bei Syrien-Konferenz
Nach den Worten von Asselborn, dessen Land gegenwärtig den EU-Ratsvorsitz innehat, müssen sich die EU-Staaten in den kommenden Jahren weiter auf hohe Flüchtlingszahlen einstellen. „Ich weiß nicht, ob jetzt schon der Höhepunkt erreicht ist – auch deshalb, weil ein Ende des Syrien-Konfliktes nicht absehbar ist“, sagte der luxemburgische Außenminister weiter. Vor der zweiten Runde der internationalen Syrien-Gespräche, die am kommenden Donnerstag in Wien stattfindet, sagte er: „Wunder darf man dabei nicht erwarten.“
"Die Kapitel 23 und 24 in den Beitrittsgesprächen öffnen"
Asselborn sprach sich dafür aus, dass die EU die Türkei finanziell unterstützt, um dort eine bessere Versorgung der Flüchtlinge zu gewährleisten. Die Summe von drei Milliarden Euro, die in Ankara im Gegenzug für einen Ausbau der Flüchtlingshilfe gefordert worden war, lasse sich „verhältnismäßig leicht aufbringen“, sagte er. „Vor allem aber sollten wir den Mut haben, in den EU-Beitrittsgesprächen die Kapitel 23 und 24 zu öffnen, in denen es um die Grundrechte und die Justiz geht“, sagte der Außenminister.
Zudem wandte er sich dagegen, die EU-Außengrenze hermetisch abzuschotten: „Die türkisch-griechische Grenze darf keine Grenze sein, die wie seinerzeit die innerdeutsche Grenze gesichert wird.“ Nach den Parlamentswahlen in der Türkei hält Asselborn aber den Zeitpunkt für gekommen, dass der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu und der griechische Regierungschef Alexis Tsipras eine Kooperation bei der gemeinsamen Grenzkontrolle vereinbaren. Tsipras will nach griechischen Medienberichten am 17. November in Ankara den Staatspräsidenten Erdogan und Davutoglu treffen.
Das vollständige Interview lesen Sie ab 19.30 Uhr im E-Paper des Tagesspiegels.