Bildungsministerin im Interview: Anja Karliczek: Gründliche Wertedebatte nach Fall Özil nötig
Die CDU-Politikerin fordert eine gesellschaftliche Debatte über Werte, Regeln und Strukturen der Integration. Zudem fordert sie ihre Partei auf, sich aktiver mit den Argumenten der AfD auseinanderzusetzen.
- Anja Kühne
- Antje Sirleschtov
Die CDU-Politikerin und Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hat nach dem Rückzug des Nationalmannschaftsspielers Mesut Özil eine gesellschaftliche Debatte über Werte, Regeln und Strukturen der Integration gefordert. „Wir müssen dringend eine ruhige und gründliche Diskussion darüber führen, wie wir miteinander leben wollen und was einem toleranten Umgang im Weg steht“, sagte Karliczek dem Tagesspiegel (Sonntagsausgabe).
Özil hatte im Deutschen Fußballbund Rassismus beklagt und gesagt, er werde immer nur dann als Deutscher gesehen, wenn er mit seiner Mannschaft gewinnt. Wenn er verliert, dann sei er sofort wieder der Einwanderer. Er war dafür heftig kritisiert worden.
Aus Sicht der Bildungsministerin zeige sich in Özils Vorwurf und der heftigen Kritik daran, dass „jetzt etwas aufbricht, was schon viel länger unter der Decke brodelt, auf beiden Seiten“.
Ihrer eigenen Partei wies Karliczek dabei eine Mitverantwortung zu. Auch die CDU habe „lange unterschätzt, wie wichtig es ist, über Werte, Regeln und Strukturen von Integration zu sprechen, damit die hier Lebenden und die zu uns Kommenden gut miteinander auskommen und eine Gemeinschaft werden können“.
Karliczek fordert aktive Auseinandersetzung mit Argumenten der AfD
Die CDU-Politikerin forderte ihre Partei außerdem zu einem offensiveren Umgang mit der AfD auf. Aus ihrer Sicht finde eine wirkliche Auseinandersetzung mit den Rechtspopulisten kaum statt. „Schnell und schneidig“ würden die AfD-Argumente vom Tisch gewischt, sagte die Ministerin. Das führe allerdings nur dazu, dass die Menschen, die diese oberflächlichen Thesen der AfD glauben, „erst recht das Gefühl haben, sie müssten diese populistische Partei unterstützen“. Karliczek plädierte deshalb für einer „ernsthaften und direkten Auseinandersetzung“. Nur so könne man klarmachen, dass AfD-Politik niemanden weiterbringe. „Dieser Aufgabe muss sich die CDU stellen.“
Einwanderungsgesetz für Bewerber, die einen Job nachweisen
Karliczek warnte weiter davor, über das geplante Einwanderungsgesetz den Zuzug von Bewerbern zu ermöglichen, die über ein Punktesystem, ähnlich dem Kanadas, Sprach- und Fachkompetenz nachweisen müssen, aber keinen Job. „Das Wesentliche ist ein Arbeitsplatz und eine anerkannte Berufsqualifikation“, sagte Karliczek dem „Tagesspiegel am Sonntag“. Arbeit sei eine „wichtige Komponente von Integration aber auch Akzeptanz“ bei der deutschen Bevölkerung. Hinsichtlich eines denkbaren Wettbewerb zwischen Arbeitnehmern, die hier leben, mit Einwanderern, die zwar Kompetenz nachweisen, aber erst hier auf Jobsuche gehen, warnte die CDU-Politikerin vor neuen gesellschaftlichen Konflikten. „Das sollten wir gut überlegen."
Das vollständige Interview mit Anja Karliczek lesen Sie am Sonntag im Tagesspiegel oder ab Samstagabend im E-Paper.